Einfach segeln. Wilfried Krusekopf

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Einfach segeln - Wilfried Krusekopf

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Kojenchartertörn auf den Kanaren teilzunehmen. An Bord bemerkte er aber recht schnell, dass ihm doch die Kompetenzen fehlten, um effektiv als Crewmitglied eingesetzt werden zu können. Und so entschloss er sich, den Sportbootführerschein und den SKS-Schein abzulegen. Er lernte Gleichgesinnte kennen, mit denen er im Laufe der Zeit einige Törns auf der Ostsee und im Mittelmeer als Crew auf verschiedenen Charterbooten segelte. Inzwischen gelangen ihm sogar immer häufiger Hafenmanöver als Rudergänger und so reifte langsam der Wunsch in ihm, irgendwann einmal selbst als Skipper eine Yacht zu führen. Der Wunsch konnte schneller als gedacht in die Realität umgesetzt werden, denn er machte eine Erbschaft, die es nicht nur ermöglichte, die Restschulden seines Eigenheims mit einem Schlag zu tilgen, sondern es blieb sogar noch genug übrig für die Anschaffung einer mittelgroßen Segelyacht.

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      Segelgenuss mit allen fünf Sinnen statt Displayherrschaft.

      Aber damit begannen die Konflikte. Was für ein Schiff sollte er sich für die zur Verfügung stehenden 90.000 Euro kaufen? Eine nagelneue 34 Fuß Oceanis, mit der Erwartung, keine Probleme mit unzuverlässigem Motor, rotten Segeln und veralteter Ausrüstung zu bekommen? Oder eine 25 Jahre alte Hallberg-Rassy 36? Bekanntermaßen ein sicheres, wertstabiles Schiff, in der Regel von gewissenhaften Eignern penibel gepflegt, aber eben doch ein Vierteljahrhundert alt. Oder gar eine richtig geräumige, vielleicht 10 Jahre alte, 14 m lange Sun Odyssey 45, die umfassend ausgerüstet und vielleicht in ihren besten Jahren ist?

      Seine Frau Susanne tendierte zu dem nagelneuen 34-Fuß-Schiff, vor allem wegen des hellen, modernen Interieurs und der Sauberkeit. Schließlich sollten die Wochenenden an Bord keine Putz- und Reparaturveranstaltungen auf einem alten Kahn werden, sondern der Erholung dienen. Thomas selbst hatte – unausgesprochen – bereits einige weiter gesteckte Reiseziele im Hinterkopf und träumte im Stillen eher von einem stäbigen skandinavischen Reiseschiff mit Hochseeausrüstung um die 40 Fuß. Doch wurde nach seinem ersten Eindruck sein Budget damit überzogen. Die Kinder, 15 und 16 Jahre alt, würden gern Freunde mit aufs Boot einladen und waren daher eindeutig für die große 45-Fuß-Yacht mit den zwei großen Achterkabinen.

      Die Entscheidung wurde vorerst aufgeschoben. Die Familie einigte sich darauf, vor der Kaufentscheidung in jeder der drei in Frage kommenden Bootsgrößen zuvor einen Chartertörn zu segeln.

      Mit der Segelwoche als Familie auf einer tatsächlich nagelneu in die Charterflotte übernommenen 34-Fuß-Yacht in Kroatien begann eine steile Lernkurve: Schon der erste Eindruck war zwiespältig. Zwar war das Schiff schick und sauber, aber in den Kabinen roch es intensiv nach Styrol, einem Lösungsmittel, das sehr langsam aus dem Polyester eines neu gebauten Rumpfes ausdampft. Dies sei normal, meinte der Vercharterer, schließlich sei die Yacht brandneu. Lüftung half ein wenig, aber als es dann zwei Tage regnete und damit die Belüftung schwierig wurde, war es drinnen kaum auszuhalten. Schließlich wurde das Wetter besser, der Wind frischte auf und endlich konnte ein längerer Schlag gesegelt werden, aber echter Segelspaß kam dennoch nicht auf: Die Doppelruderanlage war sehr schwergängig, die Genua konnte hoch am Wind nur von einem Muskelprotz dichtgeholt werden, weil die Winschen in Bezug zur großen Segelfläche viel zu klein waren, und als dann in einer Böe die Hälfte der im Salon verstauten Sachen durch die Gegend flog, weil bei der Krängung die Verschlüsse der luvseitigen Schapps aufsprangen, begannen die Zweifel, ob denn schick und neu immer auch gut ist. Immerhin brachten zwei ruhige Nächte vor Anker in einer wenig besuchten Bucht die erhoffte Entschleunigung, was man vom letzten Abend in der lauten, rappelvollen Marina nicht sagen konnte. Im darauffolgenden Herbst wurde der zweite Versuch gestartet. Thomas hatte ein sehr attraktives Nachsaison-Charterangebot an der Côte d’Azur gefunden: eine etwa drei Jahre alte, 49 Fuß große Jeanneau mit vier Doppelkabinen, vier Nasszellen, einer riesigen Pantry. Insgesamt also richtig komfortabel für seine vierköpfige Familie, wenngleich doch ein bisschen groß. Aber ein befreundetes Seglerpaar ließ sich ebenfalls für den zweiwöchig geplanten Törn an der Côte d’Azur begeistern, was ja auch unter Kostengesichtspunkten von Vorteil war. Vor dem Törn hatten sich alle zusammengesetzt, ihre Wünsche und Erwartungen an den Törn besprochen und überlegt, wie denn alle Erwartungen unter einen Hut gebracht werden könnten. Thomas hielt sich erst einmal zurück mit seinem Wunsch, bis nach Korsika und zurück zu segeln, denn er wollte nicht gleich einen Konflikt riskieren. Die anderen waren sich einig, dass sie ganz entspannt die Küste entlang zwischen Toulon und Cannes segeln und abends in der Regel in einer Marina übernachten wollten. Eventuell zwischendurch ein paar Ankernächte in den Iles d’Hyères vor Porquerolles oder Port-Cros. Thomas fand diese Planung in Ordnung, erwähnte allerdings dann doch beiläufig, dass bei zwei Wochen Charterzeit vielleicht – günstige Wetterlage vorausgesetzt – auch ein kleiner Sprung nach Korsika und zurück machbar wäre. Als besonderen Köder, adressiert in erster Linie an seine Tochter und seinen Sohn, erwähnte er, dass in diesem Seegebiet zeitweise Pottwale gesichtet worden seien. Ein echtes Naturerlebnis im Blauwasser. Doch auch ohne Worte war aus der Mimik der beiden Frauen zu entnehmen, dass dies für sie wohl keine Priorität haben würde.

      Die ersten drei Törntage verliefen zur Zufriedenheit von Crew und Skipper. Gutes Wetter, entspanntes Sonnensegeln, keine technischen Probleme und gutes Essen abends im Hafenrestaurant. Und als die Crew nach zwei sternenklaren Ankernächten vor Port-Cros nach wie vor gut gelaunt war, prüfte Thomas insgeheim für sich die Großwetterlage unter dem Gesichtspunkt, ob der Wind denn günstig bleiben würde für den 120-Meilen-Schlag bis Calvi auf Korsika. Die Isobarenkarten von Wetterzentrale.de machten Mut: Eine stabile Hochdrucklage über dem westlichen Mittelmeer war ein starkes Argument. Und mit Mistral war – zumindest in den folgenden sechs Tagen – nicht zu rechnen. Also aktivierte Thomas all seine rhetorischen und diplomatischen Fähigkeiten, erklärte der Crew die Großwetterlage und schaffte es mit einer überzeugenden Beschreibung der attraktiven historischen Altstadt von Calvi und den Naturschönheiten des Golfes von Porto tatsächlich, dass sein Vorschlag ohne Diskussion angenommen wurde. Das Wecken zwei Stunden vor Sonnenaufgang passte nicht so ganz in das Erholungskonzept eines Teils der Mannschaft, aber so würde es möglich sein, nur etwa eine bis zwei Stunden nach Sonnenuntergang in Calvi anzukommen. Thomas war begeistert. Das Marina-Badesegeln hatte erst einmal ein Ende und wurde endlich durch richtiges Seesegeln ersetzt. Leider bekam seine Segelbegeisterung schon auf der Hälfte der Strecke bis Korsika einen deutlichen Dämpfer durch die Tatsache, dass Sohn und Tochter und auch die zwei Segelfreunde recht arg seekrank wurden. Aber der »Point of no return« lag im Kielwasser und so wurden die verbleibenden 50 Meilen eben leidend ertragen. Drei der vier Seekranken hätten sich gern im Cockpit oder auch im Salon, nahe am Drehzentrum des Schiffes, lang gemacht, doch im Cockpit war in Lee und geschützt nahe am Niedergang unter der Sprayhood nur für einen Platz. Im Salon unter Deck gab es ärgerlicherweise auf der Leeseite überhaupt keine Koje, denn da war die Pantry in Längsrichtung eingebaut. Und von der Sitzbank in Luv würde der Ruhesuchende in der nächsten höheren Welle herunterfallen. Dass es keine Leesegel auf dem Charterschiff gab, war nicht weiter verwunderlich. Der Gang zur Toilette ist bei bewegter See nicht immer ganz einfach, denn gerade auf großen Yachten gibt es zwar viel Platz im Salon, nur leider kaum Möglichkeiten, sich festzuhalten. So holten sich denn auch beim Gang zum Örtchen einige Crewmitglieder etliche blaue Flecken, denn die Ecken von Tisch, Sitzbank und Pantry waren zwar markant mit schicken Leisten rechtwinklig eingefasst, nur leider nicht genügend abgerundet.

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      Von der Côte d’Azur nach Korsika.

      Immerhin ermöglichte die tatsächlich sich stabilisierende Schönwetterlage zwei phantastische Tage und Nächte in den malerischen Buchten der Nordwestküste Korsikas, aber der Gedanke an die Rückfahrt lag einem Teil der Mannschaft quer im Magen. Was sich leider auch auf die Bordatmosphäre auswirkte.

      Der 100-Meilen-Blauwasserschlag zurück nach Saint-Raphael gestaltete sich dann aber zum Glück doch entspannter als befürchtet, denn der Wind war schwach, der Seegang hatte nachgelassen, und es waren zwar keine Wale zu sehen, wohl aber ein gutes Dutzend Delphine, die stundenlang

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