Die Rose im Staub. Sarah Skitschak
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Читать онлайн книгу Die Rose im Staub - Sarah Skitschak страница 21
Ich blieb ein offenes Buch für die Frau.
»Ich war unruhig. Der Angriff verfolgt mich noch immer«, wagte ich mich mit vorsichtigen Floskeln an eine Lüge. »Ich kann diesen Tag vor Gwerdhylls Toren nicht aus meinen Gedanken tilgen, als wäre er niemals wahrlich geschehen oder hätte keine Leben von uns genommen. Mögen die düsteren Dämonen, wie du sie bezeichnest, auch auf ewig aus meinem Geist geflohen sein … Ein Splitter der Gedanken wird mir immer bleiben.«
Wahrlich … Ich hatte gelogen!
Es handelte sich um einen gänzlich anderen Splitter, der mir aus Gwerdhyll geblieben war.
Aber …
Wie sonst sollte man auch von einer Begegnung mit einem Städter berichten, der einen nicht bloß mit dem Leben hatte davonkommen lassen, sondern bis in die tiefsten Winkel der Wüste verfolgte, dessen Antlitz vor blauem Himmel erschien und dessen Blick sich in die eigene Seele bohrte? Wie sonst erzählte man der Anführerin eines Stammes, dass man sich auf skurrile Weise mit dem Menschen verbunden fühlte, dass man eine gewisse Vertrautheit in seinen Zügen erkannte und ahnte, dass ein Geheimnis hinter den Dingen lag … all dies, obwohl man ihn aus blankem Herzen hasste?
Die Augen der Ältesten wanderten über meine Züge, lasen darin scheinbar eine verborgene Wahrheit und senkten sich dann zu unser beider Fußspitzen.
»Nun gut, ich wollte dir nicht zu nahe treten«, murmelte sie. »Manches Wissen steht mir nicht zu … und dennoch: Wir müssen uns unterhalten, Nakhara.«
Ich trat einen Schritt zur Seite, vollführte beinahe einen panischen Sprung – fühlte mich wie vom Blitz der Götter getroffen, hatte mich doch soeben die Erinnerung an das Gespräch mit Jharrn wieder in ihre Fänge geschlagen.
Über die Grübeleien war die unheimliche Begegnung im Zelt beinahe in Vergessenheit geraten, doch nun, da die Älteste offensichtliche Anspielungen einwarf …
Grundgütige Epona! Wie konnte ich nur vergessen, was Jharrn gesagt hat?
Nach dem Wasserdiebstahl. Ich soll es schon bald erfahren. Es wird definitiv geschehen. Ich soll es nicht unnötig schwer machen.
All diese Dinge hat der Wassermeister in seine Worte gebunden … und nun?
Als ich erneut die Züge der Stammesältesten las und ein gewisses Unbehagen darin erkannte, da war mir, als müsste mir das Herz hinauf in die Kehle steigen oder gänzlich seine Tätigkeit an den Schockzustand verlieren. Selten hatte ich solch eine Emotion in ihrer Miene gesehen … und noch seltener war mir ein solcher Blick zuteilgeworden, sodass ich umgehend nach Atemluft schnappte.
»Du wirst dir sicher denken, dass ich nicht nur aufgrund meines Stolzes den weiten Weg gekommen bin«, konstatierte die Stammesälteste, während sie unruhig mit den Füßen wippte.
Die Gewandungsgestalt schwankte in einem unregelmäßigen Takt.
Nach links. Nach rechts. Nach vorn. Nach hinten.
»Ich hoffe, du weißt, ich würde niemals eine Entscheidung deinerseits erzwingen und dich um nichts bitten, sollte es nicht absolut der Notwendigkeit des Stammes unterliegen …«
Ohne weitere Gedanken auf Respekt und Anstand zu verschwenden, war ich nun diejenige, die ihre Hände in einem Schraubstockgriff um die Arme ihres Gegenübers schlang und die Person somit in der Bewegung fixierte. Ich umklammerte die Arme der Stammesältesten und verankerte sie in der Position, als könnte ich mich selbst auf diese Weise vor den erschütternden Wehen der Auflösung verankern.
So lange verdrängt … und nun halte ich es gar nicht mehr aus.
»Älteste, bitte. Sprich nicht in Rätseln zu mir!«, flehte ich der erschrockenen Frau entgegen.
Sie schluckte ihrerseits sichtlich gegen einen Kloß in der Kehle und hielt den Blickkontakt nur unter Mühen.
»Du weißt, dass die Rituale lange nicht mehr genügend Regen bringen und wir den Göttern mehr opfern müssen als das Wasser der Städter. Wir müssen ihnen bereitwillig unser gesamtes Leben widmen, so steht es in den westländischen Nachrichten geschrieben. Die Jäger haben einen Boten abgefangen. Es heißt, man habe Erfolg mit einem viel älteren Ritual verzeichnet, welches das Leben zweier Menschen auf ewig mit den Göttern verbindet. Während des morgigen Wasserrituals in den ersten Strahlen der Sonne wollen wir ebendieses Ritual nachvollziehen und auf diese Weise für eine längere Regenzeit sorgen. Es ist ein Fruchtbarkeitszauber. Im Zuge dessen müssen sich das Urmännliche und das Urweibliche miteinander vereinen, sodass …«
»JHARRN?!«
Mein Verstand setzte aus. Die Gedanken versiegten.
Ich war in Panik. Im Schock. Kurzzeitig sprachlos geworden.
Gerade noch rechtzeitig konnte ich meine Hände von ihren Impulsen halten, die Älteste mit all meiner Empörung aus ihren Vorstellungen zu schütteln oder gar Schlimmeres mit der gebrechlichen Frau zu versuchen. Denn so gläubig ich mich selbst auch schätzte, so sehr ich mein Leben den Göttern der Weiten auch widmete …
»Versuchst du mir gerade zu erklären, dass ich mich mit Jharrn vereinen soll?!«, brüllte ich ihr in meiner Verzweiflung entgegen.
Die Älteste hingegen verfiel in einen merkwürdigen Kokon der Ruhe, reagierte nicht erst auf die Panik in meiner Stimme, verneinte mich nicht in der Erkenntnis und schien sich wieder allen menschlichen Sphären zu entheben. Ihr Blick driftete zu den entfernten Dünen und verlor sich zwischen der Realität und den Göttern, zwischen der Welt des Greifbaren und der Welt, die jenseits der blauen Schleier des Himmelsbandes war.
Die Züge wurden regelrecht kalt, als sie sprach.
»Ihr müsst euch nicht lieben – aber ja, ein Gottkind sollt ihr zeugen. Einen Regenbringer. Ich kann in meiner Verantwortung als Stimme der Götter niemanden bevorzugt behandeln und sollte es mein eigen weltlich Fleisch sein. Du hast vor zwei Wochen geblutet. Ich weiß es. Ich habe dich gepflegt. Und Jharrn wird aufgrund seiner Entstellung keine Gattin mehr unter den Frauen des Stammes finden, weshalb er sich aus freien Stücken zur Wahl stellen ließ. Er blieb der Einzige, der sich der Aufgabe opfern wollte.«
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