Führen Sie schon oder herrschen Sie noch?. Heinz Siebenbrock

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Führen Sie schon oder herrschen Sie noch? - Heinz Siebenbrock

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einseitig auf wachsende Unternehmen setzt, bildet sie allenfalls Schönwetterkapitäne aus. Angesichts der immer wieder zu beobachtenden schwierigen Phasen, die die Unternehmen durchlaufen und bisweilen die gesamte Volkswirtschaft erfassen, erscheint die Ausbildung von Managern zur Krisenbewältigung geradezu unabdingbar. Es ist kein Zufall, dass dieses Feld in der Praxis eher den Juristen als den Betriebswirten überlassen wird. Zum Beispiel sind die meisten Insolvenzverwalter von Haus aus Juristen.

      Sich Wachstum zu wünschen, ist durchaus verständlich, wenn dadurch ein höherer Gewinn erzielt wird, vielleicht sogar ein höheres Einkommen für die Mitarbeiter entsteht. Nicht zuletzt profitiert auch der Staat von zusätzlichen Steuereinnahmen, mit denen er die ständig wachsenden Ausgaben begleichen kann.

      Unbegrenztes Wachstum ist meistens tödlich

      Entsprechend wird die Forderung nach Wachstum von Politikern, Ökonomen, Managern und Unternehmern unreflektiert und grundsätzlich mit einer positiven Entwicklung gleichgesetzt. Grenzen des Wachstums werden bewusst ausgeblendet, Gefahren des Wachstums werden nicht einmal wahrgenommen. Dabei ist aus der Medizin durchaus bekannt, dass ein beschleunigtes Wachstum meistens tödlich endet: Diagnose Krebs.

      Das Seerosen-Prinzip

      Auch die Natur eignet sich nicht, grenzenloses Wachstum zu begründen. Pflanzen und Lebewesen wachsen, bis sie er-wachsen sind. Übermäßiges Wachstum Einzelner oder einzelner Populationen führt letzten Endes ins Chaos, weil es das ökologische Gleichgewicht zerstört. Daniel Goeudevert liefert mit seiner Beschreibung der Seerose ein wunderbares Beispiel: „Von der Antike bis zur Neuzeit galt die Seerose als Symbol für Unschuld, Reinheit und Keuschheit. (…) Ihre wohlriechenden Blüten mit den spiralförmig angeordneten Kronblättern decken zwar einen wunderschönen Mantel über alles Darunterliegende (…); Botaniker weisen aber zu Recht darauf hin, dass die Seerose ein Starkzehrer ist und ihrem Untergrund so viel Nährstoffe entzieht, dass sie ihren eigenen Lebensraum zu zerstören droht.“30

      Die allzu weit verbreitete Wachstumsgläubigkeit ist also keine Lösung für anstehende Probleme, sondern sie verdrängt sie in der naiven Hoffnung, ein ,Weiter so‘ sei der richtige Weg.

      Die Forderung nach Wachstum verstellt den Blick für notwendige gravierende Veränderungen.

      Die fragwürdigen Werte der Betriebswirtschaft bleiben nicht ohne Auswirkung auf Führungskräfte sämtlicher Branchen. Es ist sogar davon auszugehen, dass sie die persönliche Einstellung vieler Manager und Unternehmer dauerhaft prägen.

      ,Dunkles Management‘

      Insofern produzieren die fragwürdigen impliziten Werte der Betriebswirtschaftslehre einen bedenklichen Orientierungsrahmen für Manager, der von einem äußerst negativen Menschenbild geprägt ist.

      Die Ergebnisse dieses dunklen Managements sind weithin sichtbar. So meldet die Zeitschrift Focus: „Die Zahlen sind erschreckend. Fast 87 Prozent der Deutschen sind unzufrieden mit ihrem Job. Hassfigur Nummer eins: der eigene Chef.“31 Auch die Zeitschrift Der Spiegel gibt insbesondere den Folgen dieser Ergebnisse mit den Themen Mobbing und Burnout viel Raum und widmet ihnen Titelseiten und -stories.32

      Nieten und Despoten als Manager

      Mit seinem Titel „Nieten in Nadelstreifen“ machte Günter Ogger bereits vor fast 30 Jahren als einer der Ersten darauf aufmerksam, wie weit dunkles Management in Deutschland verbreitet ist und welche negativen Auswirkungen damit verbunden sind.33 Mit dem ehemaligen Automobil-Manager Daniel Goeudevert und dem Fernsehjournalisten Ulrich Wickert folgten bekannte Autoren, die Oggers Befund bestätigen.34 Dass dieses Phänomen nicht nur auf Deutschland beschränkt ist, zeigen Paul Babiak und Robert D. Hare in ihrem Buch „Snakes in Suits, When Psychopaths go to Work“ für den amerikanischen Markt.35 Da verwundert es nicht, dass mittlerweile literarische Ratgeber mit heftig klingenden Titeln erschienen sind, die den „geschickten Umgang mit Aufschneidern, Intriganten und Despoten im Unternehmen“36 thematisieren.

      Obwohl auch ich im Verlaufe meines Berufslebens37 zahlreiche ähnliche Erfahrungen wie die vorstehenden Autoren gemacht habe und bestätigen kann, dass es deutlich mehr schlechte als gute Manager gibt, soll nachfolgend weder eine ,Abrechnung‘ erfolgen noch sollen weitere Ratschläge für Mitarbeiter, die sich miesen Führungskräften ausgesetzt sehen, entwickelt werden.

      Bewusstsein schärfen

      Der Überzeugung folgend, dass vielen Managern überhaupt nicht bewusst ist, wie schlecht sie mit ihren Mitarbeitern umgehen, wurde mit der Diskussion der fragwürdigen Werte der Betriebswirtschaft und den darauf basierenden negativen Einstellungen der Hintergrund eines dunklen Managements beleuchtet. Nachdem auf diese Weise die Augen geöffnet wurden, bleibt es selbstverständlich dem Leser überlassen, ob er daraus Konsequenzen ableiten möchte. Wer nun nicht unbewusst, sondern bewusst den Weg des dunklen Managements mit all den negativen Einstellungen und Konsequenzen weitergehen möchte, bitte sehr! Ihnen kann dieses Buch nicht weiterhelfen.

      Allen anderen Lesern möchte ich den Vorschlag unterbreiten, die beschriebenen negativen Einstellungen über Bord zu werfen und durch positive Einstellungen zu ersetzen.

      Der auch bei vielen Managern für seinen Rat geschätzte Benediktinermönch Anselm Grün unterstreicht: „Nicht Unruhe und Hektik soll die Führung verbreiten, sondern Frieden, Klarheit, Ruhe und Lust am Arbeiten.“38 Wenn Sie jetzt sagen: ,Klar, ich bin überzeugt. Genau das mache ich!‘ haben Sie die Botschaft dieses Buches verstanden und bräuchten eigentlich auch nicht weiterzulesen.

      Eine große und ständige Herausforderung

      Doch es ist keine leichte Aufgabe, die Sie sich da vornehmen! Das Streben nach einer positiven Einstellung erscheint mir persönlich als eine wirklich große und ständige Herausforderung. Wie schon eingangs gesagt, ist die Welt voll von Menschen, die anderen nicht gut tun, die unterdrücken, quälen, Angst schüren und Schrecken verbreiten. Und auch in unserem persönlichen Umfeld gibt es Menschen, die schlechte Stimmung verbreiten und uns enttäuschen. Das zieht runter! Und manchmal stehen wir uns auch selbst im Wege. Es sind nicht immer die Anderen schuld! Insofern erscheint es sinnvoll, nach Hilfestellungen auf dem Weg zu einer positiven Einstellung und mithin zur Stabilisierung eines positiven Menschenbildes Ausschau zu halten.

      Die wichtigste Übung besteht aus meiner Sicht darin, die positive Einstellung inhaltlich konkreter zu beschreiben. Selbstverständlich muss jeder Leser diese Übung selbst durchführen, denn die Einstellung ist individuell mit der eigenen Persönlichkeit verknüpft.

      Hilfreich erscheint in diesem Zusammenhang ein Wechsel der Ebene: Dem Begriff ,Einstellung‘, der sich auf die persönliche, individuelle oder auch psychologische Ebene bezieht, entspricht auf der soziologischen Ebene der Begriff ,Wert‘. Werte sind auf der einen Seite mehr oder weniger mit Anderen ,geteilte‘ Einstellungen, auf der anderen Seite prägen Werte unsere Einstellungen.

      Mit der nachfolgenden Liste versuche ich, diejenigen Werte zu zeigen, die aus meiner Sicht im Einklang mit einem positiven Menschbild stehen. Dem Leser wird auffallen, dass die ,ganz großen‘ Werte wie Liebe, Frieden und Glück(lich sein) nicht aufgeführt sind, doch schwingen sie sicherlich im Hintergrund stets mit.39 Als Ökonom fühle ich mich nicht berufen, hierzu in epischer Breite Stellung zu beziehen. Mit Blick auf das gewählte Thema ,Führung‘ und mit Bezug auf den Fokus ,Unternehmen‘ erscheint es mir gerechtfertigt und angemessen, den Rahmen enger zu ziehen.

      Positive Werte

FairnessEhrlichkeitWertschätzungVertrauen
ZuverlässigkeitZufriedenheitVerbundenheitErfüllung
GerechtigkeitZukunftsorientierungNachhaltigkeit
LeidenschaftSinn(haftigkeit)Beständigkeit

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