Führen Sie schon oder herrschen Sie noch?. Heinz Siebenbrock
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Darum dieses Buch!
Dieses Buch inspiriert zum Nachdenken. Es fordert zur eigenen Arbeit, zur eigenen Überprüfung, Veränderung und Entwicklung des Führungsverhaltens auf und zeigt, welche Aspekte dabei zu beachten sind.
Ich bin der grundlegenden Auffassung, dass Führung eine Frage der persönlichen Einstellung ist. Selbstreflexion und Selbstpositionierung sind notwendig, um ein individuelles, wirksames Führungsverhalten zu entwickeln.
Mein zentrales Anliegen besteht darin, die aktuellen und zukünftigen Vorgesetzten in ihrer positiven Grundeinstellung zu ihren Mitarbeitern zu unterstützen und zu bestärken. Hierauf aufbauend wird es ihnen gelingen, ihre Mitarbeiter situationsgerecht, erfolgreich und mit Freude zu führen.
Gut oder böse? Etwas dazwischen!
Die Führungspraxis sieht, wie gezeigt wurde, eher düster aus. Gerade einmal einer von zehn Führungskräften wird ‚gute Führung‘ im Sinne eines ethisch einwandfreien, humanen Führungshandelns attestiert. Folgt man dem Grundgedanken des Führungskontinuums14, so kommt man zu dem Schluss, dass es auf der anderen Seite auch nur eine von zehn Führungskräften verdient, als wirklich ,schlecht‘ oder gar ,böse‘ bezeichnet zu werden. Zwischen diesen beiden Polen finden wir vielfältige Schattierungen, die sich allerdings, so bestätigt es die Gallup-Studie, tendenziell an dem inhumanen Pol zu orientieren scheinen. Spricht man solche Führungskräfte ‚aus der Mitte‘ auf inhumane Praktiken an, werden diese gern als selbstverständliche Notwendigkeiten attribuiert. Als Beispiele dienen einige der oft gehörten Ausflüchte:
• Wo gehobelt wird, da fallen Späne!
• Ein bisschen Druck hat noch niemandem geschadet!
• Nur unter großem Druck entstehen Diamanten!
• Man kann nicht immer Rücksicht nehmen!
• Wenn du nicht frisst, wirst du gefressen!
• Der Ehrliche ist der Dumme!
• Die anderen sind auch nicht besser!
• Der Erfolg heiligt die Mittel!
Mir ist klar, dass ich mit diesem Buch den Überzeugungstäter unter den ‚bösen‘ Managern kaum erreichen kann. Schlimmer noch: Mit einem ‚Bodensatz‘ böser Menschen im Management werden wir auch in Zukunft leben müssen, wenngleich es durchaus gelingen sollte, durch ein geeignetes Recruiting, das auch die ‚ethische Qualifikation‘ einbezieht, einen wichtigen Beitrag zum fairen Management zu leisten.
Orientierung?
Zu fragen bleibt aber vor allem, warum sich Manager ‚aus der Mitte‘, die sich weder als gut noch als böse bezeichnen würden, tendenziell stärker an Beispielen inhumaner Führung orientieren. Eine Schlüsselantwort darauf gibt die Enthüllung der fragwürdigen impliziten Werte der Betriebswirtschaftslehre. Damit verbinde ich die Hoffnung, dass sich die deutliche Mehrzahl der Manager ‚aus der Mitte‘ an den durchaus vorhandenen guten Beispielen orientiert und mit Hilfe der nun vorliegenden ‚Anleitung zum fairen Management‘ ein Führungshandeln entwickelt, das auf der Grundlage einer humanen Einstellung aufbaut und ethischen Ansprüchen genügt.
1.2 Aufbau des Buches
Ein Führungsmodell der Anständigkeit
Mit diesem Buch wird der Leser eingeladen, die impliziten Werte der Betriebswirtschaftslehre zu erkennen und zu überdenken. Ich setze dieser Orientierung ein Leitbild entgegen, das auf einem menschenorientierten Wertegerüst gründet. Dabei stehen die Begriffe Wertschätzung, Nachhaltigkeit, Erfüllung und Vertrauen im Mittelpunkt. Dieses Wertegerüst wird nicht jeder Leser exakt für sich übernehmen wollen, vielmehr stellt es eine Anregung dar, eine individuelle, positive und vor allem humane Einstellung zum unternehmerischen Handeln und den dort tätigen Personen (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten) zu entwickeln.
Wertegerüst
Auf der Grundlage dieses Wertegerüstes wird sodann ein Führungsmodell entworfen, mit dem die praktische Umsetzung dessen, was Hans Küng in seinem gleichnamigen Buch mit „Anständig Wirtschaften“ bezeichnet, gelingen kann. In diesem Führungsmodell werden in Anlehnung an Fredmund Maliks Werk „Führen, Leisten, Leben“ allgemein gültige Leitlinien, Aufgaben und Instrumente der Führung vorgestellt und vor dem Hintergrund des alternativen Wertegerüstes diskutiert.
Die vorzustellenden Leitlinien sollen im Sinne von Leitplanken dafür sorgen, die eigene humane Einstellung abzusichern. Immer wieder gerät man in Situationen, in denen der ‚innere Schweinehund‘ zu einem Verhalten rät, das mit einer humanen Führung nicht vereinbar ist. Die Leitlinien der Führung leisten einen wichtigen Beitrag, nicht in konventionelle, auf Unterdrückung setzende Einstellungen zurückzufallen.
Mit den Aufgaben der Führung wird die eigentliche Zuständigkeit eines Vorgesetzten beschrieben. Dabei kommt es nicht darauf an, möglichst viele Aufgaben an sich zu reißen, sondern die wenigen Aufgaben zu erkennen, die mindestens von einem Vorgesetzten wahrzunehmen sind. Schließlich wird mit einer detaillierten Beschreibung von geeigneten Führungsinstrumenten praxisnah gezeigt, wie die Führungsaufgaben im Sinne eines humanen Managements umgesetzt werden können.
Der Darstellung des Führungsmodells folgt ein Kapitel über die ‚Eckpfeiler‘ einer guten Führung: Die dort formulierten ‚Anstandsregeln‘ runden das Bild fairer Führung nicht nur ab, sondern diese geben auch Hinweise darauf, wie faires Führungshandeln gemessen werden kann.
Gegen den ,Mainstream‘?
Ein Einwand drängt sich vorab geradezu auf: Wenn sich doch die meisten aktuellen Manager (wohl mehrheitlich unbewusst) an einem eher inhumanen, dunklen Leitbild orientieren, ist es dann besonders klug und erfolgversprechend, gegen den ,Mainstream‘ einen alternativen Ansatz zu wählen und ,anständig‘ zu wirtschaften und zu führen? Dieser in vielen Gesprächen immer wieder gestellten Frage soll in den letzten beiden Kapiteln begegnet werden.
Gängige Managementkonzepte und humane Führung
Mit einer Einordnung gängiger Managementkonzepte wird verdeutlicht, dass es in der Praxis durchaus bereits Muster gibt, die wichtige Bestandteile einer humanen Führung aufgreifen. Dazu gehören zum Beispiel die Konzepte ‚Wissensmanagement‘, ‚Change Management‘ sowie das Streben nach ‚Agilität‘ und einer ‚positiven Fehlerkultur‘. Andererseits ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass überaus bekannte und in der Praxis weit verbreitete Konzepte wie ‚Lean Management‘ und ‚Qualitätsmanagement‘ einer humanen Führung eher im Wege stehen.
Anhand von Fallbeispielen wird abschließend gezeigt, dass dieser alternative Ansatz der konventionellen, auf Unterdrückung ausgelegten Führungspraxis mindestens ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen ist, auch mit Blick auf den wirtschaftlichen Erfolg. In jedem Fall bringt dieser Ansatz mehr Freude in das Leben aller Beteiligten.
2 Fragwürdige Werte der Betriebswirtschaftslehre
Welche Werte prägen die Betriebswirtschaftslehre? Die bis auf Max Weber15 zurückgehende Meinung, die Wirtschaft und ihre Wissenschaften seien wertneutral, bewirkt offenbar, dass derart grundlegende Fragen nur selten gestellt werden. Immerhin weist Günter Wöhe in seinem weit verbreiteten Grundlagenwerk „Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre“ darauf hin, dass es „besonders in der Betriebswirtschaftslehre, wo Wert- und Bewertungsprobleme eine bedeutende Rolle spielen, (…) einer besonders kritischen Betrachtung“16 bedarf. Er belässt es aber bei einer kurzen Gegenüberstellung