Trust me - Blindes Vertrauen. Moni Kaspers
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Trust me - Blindes Vertrauen - Moni Kaspers страница 8
Je mehr Meilen sich zwischen sie und ihn schoben, desto mehr bemühte er sich, auch gedanklich Abstand zu ihr zu gewinnen. Er hatte noch nie so viel über eine Frau nachgedacht und das sollte auch so bleiben. Sie hatte ihn wahrscheinlich nur so sehr beschäftigt, weil sie blind war. Wäre sie wie alle anderen, hätte er sie nicht weiter beachtet. Obwohl sie auffallend hübsch war. Sehr hübsch.
Mittlerweile fielen ihm beinahe die Augen zu, während Twister auf seiner Decke im Fußraum lag und vor sich hin schnarchte. Es war wohl die bessere Idee, in dieser Nacht ausnahmsweise ein Motel anzusteuern, damit er am nächsten Tag ausgeruht und geduscht vor seinen neuen Arbeitgeber treten konnte, um den Vertrag zu unterschreiben. Ansonsten hatten er und Twister bereits so viele Nächte im Wagen hinter sich, dass er sie nicht mehr zählen konnte. Obwohl sie auch nicht schlechter geschlafen hatten, als in durchgelegenen Motel Matratzen, in denen sich die Wanzen tummelten.
Er hatte Glück. Nach einigen Meilen durch schier unendlich anmutendes Waldgebiet verhieß ein Leuchtschild eine nächtliche Unterkunft. Er folgte den Hinweisschildern und fuhr auf den Parkplatz.
Das Motel wirkte freundlich, nicht so heruntergekommen wie die meisten dieser Kette. Wenige Augenblicke später besaß er einen Zimmerschlüssel und hatte das letzte Sandwich aus einem Automaten ergattern können. Twister stellte glücklicherweise kein Problem dar, um ein Zimmer zu mieten, und selbst wenn, dann hätte er sicher gerne im Auto übernachtet.
Das Zimmer war nichts Besonderes, aber sauber. Das meiste Gepäck ließ er im Wagen und nahm nur das Nötigste zum Wechseln mit. Die Müdigkeit machte ihn so mürbe, dass er das Duschen verschob, sein Sandwich aß und ins Bett fiel. Twister rollte sich auf der kleinen Matte vor der Tür ein und Leon hätte schwören können, dass er sich genau dort hinlegen würde. Er löschte das Licht, doch statt, dass ihn bleierne Müdigkeit sanft ins Land der Träume schickte, war er plötzlich hellwach. Das Rauschen des wilden Ozeans drang zurück in seine Erinnerung, die Klippen und der Blick über den weiten Pazifik, der Geruch des salzigen Wassers. Dabei musste er an die Käsefabrik denken und an die schreckliche Politesse und - natürlich, er dachte wieder an Eywa. Verflucht, gab es denn wirklich nichts anderes mehr, an das er denken konnte? Er drehte sich verärgert auf die Seite und schlief dann endlich ein.
Nach einer unruhigen Nacht, in der ihn wirre Träume oft aufwachen ließen, fühlte er sich am Morgen wie gerädert. Er machte sich nicht die Mühe, sich an die Träume erinnern zu wollen. Es waren meist Albträume und die waren eine der Begleiterscheinungen seit … Leon ballte die Faust. Verflucht, er wollte nicht in diese Erinnerungen fallen. Er sprang auf und ging schnell unter die Dusche. Das Wasser belebte und vertrieb den Schwachsinn in seinem Kopf. Es blieb noch genug Zeit für ein Frühstück, bevor er seinem neuen Arbeitgeber gegenübertrat. Der Job würde sicher nicht einfach. Körperliche Fitness und der Wille, hart zu arbeiten, waren die Voraussetzungen und das war genau sein Ding. Schmerzen. Der ganze Körper musste sich anfühlen, wie durch den Fleischwolf gedreht. Lahme Muskeln und abends so müde zu sein, dass man kaum mehr in der Lage war, ins Bett zu kriechen. Nur dann hatte das Gehirn nicht mehr genug Strom, um selbstständig denken zu können, weil es ihn sonst immer wieder in Abgründe manövrierte, in die er dann hilflos hineinstürzte.
Er packte seine Sachen zusammen und nachdem er bezahlt hatte, gab er die Adresse der Ölfirma in sein Navigationssystem ein. In ein paar Stunden würde er seinen nächsten Vertrag unterschreiben. Mit ein wenig Optimismus könnte es diesmal ein Job sein, in dem er länger bleiben würde, denn meist war schon während der Probezeit Schluss. Wenn die Kollegen vertraulicher wurden und von privaten Problemen mit Frau und Kindern erzählten. Wenn er zu Grillpartys und Geburtstagen eingeladen wurde. Wenn man Telefonnummern austauschen und sich zum Bowling treffen wollte, dann war für ihn der Zeitpunkt, an dem er sein Bündel schnürte und schnell das Weite suchte. Er konnte diese Annäherungen nur schlecht ertragen, denn das bedeutete, dass sie auch von ihm alles wissen wollten. Es war überhaupt verwunderlich, warum Männer ständig diese Verbrüderung suchten. Am besten noch, wenn sie sich zuerst spinnefeind waren, um dann, durch welche Umstände auch immer, mit kräftigen Schulterklopfern und überschwappenden Bierkrügen in die brüderlichen Arme fielen. Man fand dieses Phänomen in allen Schichten. Wo immer sie geballt aufeinandertrafen, dürsteten sie nach wahren Männerfreundschaften.
Ihn nervte dieses Verhalten. Er hatte keinerlei Interesse an diesen gesellschaftlichen Spielchen. Als er in der Army diente, waren die anderen Soldaten regelrecht süchtig nach tiefen Freundschaften und dieser ständige Gruppenzwang. Einer für alle, alle für einen. Semper Fi – Ewig treu! Am besten noch tätowiert auf den Unterarm. Als er die Army verließ, war das für ihn die größte Befreiung. Leon erinnerte sich dabei an seinen Ausflug in die Welt der Cowboys und musste leise lachen. Einsam am Lagerfeuer zu hocken, war eine Illusion. Auch dort starrten sie nicht wortkarg in die Flammen, sondern sangen christliche Lieder und hielten dabei voller Inbrunst ihre Hüte vor die Brust. Lobet den Herrn für gute Ernte, Regen, Sonne oder ansehnlichen Rinderschiss. Als wenn es einen lieben Gott interessieren würde. Als Leon von dem neu angesetzten Datum der Hinrichtung in den Nachrichten gehört hatte und Jaspers Kontaktversuchen nachgab, die er bis dahin stets ignoriert hatte, machte er sich auf der Ranch sprichwörtlich aus dem Staub. Unterwegs hatte er durch Zufall die Stellenanzeige des Ölkonzerns gelesen und dort angerufen. Da sie dringend Leute brauchten, war ein neuer Job kein Problem, zumal er durch sein Studium sowieso qualifiziert war.
Da war er nun und näherte sich Bakersfield und weil das, was sich nach der Kurve plötzlich seinen Augen bot, so unglaublich war, hielt er an und stieg aus. Er befand sich auf der Straße einer grün bewaldeten Hochebene und der Blick hinunter ins Tal war … gruselig. Das war das einzige Wort, das ihm dazu einfiel. Verbrannte, blasse Erde, soweit das Auge durch den Smog blicken konnte. Eine Armee von Aberhunderten Pumpen. Eine neben der anderen. Wie eine Hautkrankheit verteilten sie sich über die farblose Ebene, in der weder Busch, noch Baum wuchs. Stählerne schwarze Pferdeköpfe, die ständig auf und ab nickten und ihre Stacheln tief und tiefer in den Boden trieben. Hier und da qualmte es, wahrscheinlich handelte es sich um Versickerungsteiche, in denen das Abwasser in der prallen Sonne verdunstete. Der Anblick erinnerte an ein Endzeit Szenario. Der Geruch nach Öl und faulen Eiern, definitiv Schwefel, der in der Brühe suppte, drang in seine Nase. Ein netter, einladender Arbeitsplatz in freundlicher Umgebung sah anders aus.
Leon stieg zurück in den Wagen, in den Twister schnell hineingesprungen war und ihn aus dem Fußraum vorwurfsvoll anblickte.
„Ja ich weiß, es gibt schönere Orte.“
Tillamook kam ihm wieder in den Sinn. Leon wischte den Gedanken beiseite, trat aufs Gaspedal und schon wenig später erreichte er die Adresse, die man ihm gegeben hatte. Ein typischer Industrie Flachbau, nicht besonders groß, vor dem einige Autos geparkt waren. Auf der gläsernen Eingangstür stand in goldenen Buchstaben:
Wellshare Industries
Oil