Fettnäpfchenführer Island. Marc Herbrechter

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Fettnäpfchenführer Island - Marc Herbrechter Fettnäpfchenführer

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Grund, sich entweder für Familie oder für Karriere zu entscheiden, durch Rücksichtnahme und Unterstützung wird beides gleichzeitig ermöglicht. In nicht geringem Umfang ist diese Situation sicherlich auf die starken Frauen in Island zurückzuführen, die sich seit vielen Jahrzehnten für mehr Gleichberechtigung engagieren.

      Während Kinder in Deutschland zunehmend ganztägig betreut werden und vor allem in Großstädten immer auf einen Aufpasser angewiesen sind, wachsen die meisten Kinder in Island von klein auf mit einer gewissen Selbstständigkeit auf. Nach Schule und Hausaufgaben verlassen sie oft das Haus und kommen dann erst am späten Abend wieder nach Hause. Wo sie sich in der Zwischenzeit herumtreiben und was sie machen, ist zu großen Teilen ihre Sache.

      Sind nun alle Eltern in Island faul und/oder Rabeneltern? Mitnichten: Das Erziehungskonzept basiert schlicht auf Autonomie und Vertrauen und funktioniert seit Generationen ausgesprochen gut. Hier spielen natürlich viele Faktoren wie die Bevölkerungsdichte, die sehr geringe Kriminalitätsrate und die Nähe zur Natur eine große Rolle. In Berlin würde eine Isländerin den Kinderwagen wohl kaum vor dem Café stehen lassen.

       Was können Sie besser machen?

      Sollten Sie in Reykjavík oder sonst wo in Island Kinderwagen vor Geschäften, Cafés oder auch Häusern sehen – keine Panik. Die Eltern sind vermutlich irgendwo ganz in der Nähe und haben auch immer ein Auge auf das Kind.

      Sie sollten sich auch nicht herausnehmen, das Ganze als Einladung zu verstehen, die Babys anzusprechen oder gar anzufassen. Sie fänden es ja sicher auch nicht angenehm, wenn der Poolboy in Spanien sich zu Ihnen auf die Sonnenliege gesellt. Solange kein offensichtlicher Grund zur Sorge vorhanden ist, können Sie ruhig davon ausgehen, dass es dem Baby gut geht, und Ihres Weges gehen.

       CAFÉS & RESTAURANTS

      In Island ist übrigens jedes Café und jedes Restaurant angehalten, kostenlos Wasser zur Verfügung zu stellen. Meist wird das durch große Glaskaraffen mit ein paar Gläsern abgedeckt. Würde Max sich nun mit dem Wasser begnügen und keine weiteren Speisen oder Getränke bestellen, wäre das im Grunde okay, aber natürlich nicht besonders gern gesehen. Abgesehen davon gibt es nicht viel zu den Cafés und Restaurants in Island zu sagen, denn die meisten Sitten und Benimmregeln kommen aus unserem Kulturkreis und unterscheiden sich nur wenig bis gar nicht. Durch die Nähe zu den USA ist es in einigen Lokalitäten üblich, bei einer Kaffeebestellung den Becher kostenfrei nachfüllen zu lassen, das ist aber keinesfalls überall so. In den meisten Cafés gilt Selbstbedienung, das heißt die Bestellung sollte am Tresen aufgegeben werden. Speisen und Getränke werden dann zum Tisch gebracht.

      Weil Restaurants in Island durch das hohe Lohnniveau relativ teuer sind, gehen die Isländer wesentlich seltener auswärts essen als zum Beispiel die Deutschen. Das führt allerdings zu einem höheren Qualitätsanspruch, wenn sie denn einmal essen gehen, und dementsprechend sind die Restaurants meist von hoher Qualität.

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       HYGIENE IN SCHWIMMBÄDERN

       MAX DER DUSCH-BARBAR

      Nach einem langen und harten Arbeitstag fragen die Kollegen Max, ob er mit ins Schwimmbad kommen möchte. »Sport? Nach dem Pensum von heute? Nein, takk!«, entgegnet Max mit zusammengezogenen Augenbrauen und gerümpfter Nase. Er konnte sich nicht für einen von beiden Gesichtsausdrücken entscheiden, und so kommt es zu diesem Troll-Look.

      Ásgeir lacht, weil Max ein Gesicht wie ein Autounfall macht. Aus der Werkstatt streckt Siobhan ihren Kopf herein. Siobhan ist die Leiterin der Tauchabteilung und kümmert sich neben der Planung der Touren auch um die Logistik und das Equipment. Max hat großen Respekt vor ihr, denn diese Aufgabe ist sehr komplex und erfordert oft Nerven wie Drahtseile. Doch die Kollegin hat ihren Job nicht nur locker im Griff, sondern wartet auch mit einem enormen Erfahrungsschatz in Bezug auf das Tauchen auf. Niemand im Shop weiß mehr über den Sport als die junge Frau aus Belgien, die in England aufgewachsen und nun seit einigen Jahren in Island zu Hause ist.

      Zeitgleich sagen sie und Ásgeir: »Im Schwimmbad gibt es auch Hot Pots, da kann man wunderbar entspannen.« In der Aussage der Kollegen verbergen sich gleich mehrere dreiste Lügen, doch Max wird von der Vorstellung warmen Wassers eingelullt und willigt ein. Gemeinsam entladen sie die kleinen Busse, mit denen sie die Touristen und das Tauchequipment jeden Tag in den nahe gelegenen Nationalpark fahren. Der heutige Tag war nicht nur besonders lang, sondern auch besonders schwer: Auf dem Hinweg gerieten sie in einen Schneesturm und kamen kurz von der Straße ab, dann musste Max nach seiner Schicht an Land später noch eine im Wasser machen, weil es einem Kollegen nicht gut ging. Max ist zwölfstündige Arbeitstage gewohnt, allerdings in seinem körperlich anspruchslosen Bürojob.

      Als alle Schwimmflossen an die Wand gehängt, alle Luftflaschen aufgefüllt und die Taucherbrillen samt Schnorcheln desinfiziert und verstaut sind, stellt Max sich bereits vor, wie er genauso schlapp wie einer dieser Taucheranzüge, die von der Decke baumeln, im Wasser liegen wird und die Hitze in sich aufsaugt. Er geht nach Hause, um zu duschen und seine Badehose zu holen. Als es klingelt, kann er gerade noch eine frisch aus dem Toaster gesprungene Scheibe Brot in sich hineinstopfen, rasch die Tasche über die Schulter werfen, und dann geht es los. »Wir fahren zum Strand!«, kündigt Siobhan an, und Max denkt sich: Strand!?

      Vor Ort muss Max feststellen, dass seine Kollegin nicht gelogen hat: Sie parken nur wenige Hundert Meter vom Meer entfernt. Hinter einem Gebäude sieht man Dampf aufsteigen. Immerhin!

      Als sie einmal um das Gebäude herumlaufen, stehen sie vor einem großen, langen Becken aus Beton, in dem sich offenbar sehr heißes Wasser befindet. Das Becken ist nur etwa vierzig Zentimeter tief, sodass man sich schon hineinlegen muss, um auch oberhalb der Knie warm zu werden. Kein Problem für Max, liegen bekommt er heute gut hin. Gegenüber vom Becken liegt tatsächlich der Strand, und zu seinem Erstaunen plantschen sogar einige Menschen im Meer. Dabei kann das Wasser nicht viel wärmer als fünf bis zehn Grad sein, und der Sand ist unter dem Schnee bestenfalls zu erahnen. Max schaut sich mit großen Augen um und sieht rings um sich herum viele breit grinsende Gesichter.

      Voller Erwartung geht Max also in die Umkleidekabine, wo er sich rasend schnell auszieht. Die Badehose hatte er bereits zu Hause angezogen und ist deshalb als Erster fertig. Da die Kabinen offen und somit der eiskalten Luft ausgesetzt sind, läuft Max sofort in Richtung Hot Pot. Er bemerkt nicht, dass ihm misstrauische und kritische Blicke folgen.

      Einmal am Becken angekommen, verlangsamt Max seinen Lauf und steigt langsam und behutsam in das Becken mit dem heißen Wasser. Als er sich gerade hinsetzen will und bereits das warme Nass an seinem Hinterteil spüren kann, greifen ihn zwei Hände unter den Achseln und ziehen ihn langsam, aber kräftig nach oben. »Entschuldigung, er ist nicht von hier …«, sagt Ásgeir, und in diesem Moment erst fallen Max die schockierten Gesichter der bereits im Pool sitzenden Isländer auf. »Ihr Festland-Europäer seid echt Barbaren!«, sagt Ásgeir augenrollend und führt Max zurück in Richtung Umkleidekabine.

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Max hat sich offensichtlich nicht mit dem Hot-Pot-Knigge in Island vertraut gemacht. Eine der Regeln darin: Wir duschen uns, bevor wir baden gehen – nackt und mit Seife!

      Auch wenn er kurz zuvor zu Hause geduscht hatte, sich in keinster Weise schmutzig fühlte und es vermutlich auch gar nicht war, nahmen die Isländer den Umstand, dass er komplett trocken und ohne einen Tropfen Wasser an Körper

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