Fettnäpfchenführer Großbritannien. Michael Pohl

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Fettnäpfchenführer Großbritannien - Michael Pohl Fettnäpfchenführer

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Underground ist die älteste U-Bahn der Welt. Sie verfügt mit 402 Kilometern Gleisen über das drittlängste U-Bahn-Streckennetz der Welt (nach Shanghai und Peking), insgesamt 270 Stationen werden derzeit angefahren. Auch der international gebräuchliche Kurzname Metro für U-Bahnen hat seinen Ursprung in London: Die erste Linie der Stadt war die Metropolitan Line (kurz Metro), die von 1863 an die Kopfbahnhöfe Paddington, Euston, St. Pancras und King’s Cross miteinander verband und zunächst an der Station Farringdon endete. Anfangs wurde sie noch mit Dampflokomotiven betrieben – das war möglich, da die heutigen Tunnel damals noch in weiten Abschnitten nach oben hin offen waren. Erst ein Teilabschnitt der heutigen Northern Line brachte 1890 die Elektrifizierung unter die Erde. 1900 kam es mit Eröffnung der Central Line erstmals zum bis heute etablierten Spitzennamen Tube: Die Züge dieser Linie waren die ersten, die durch röhrenförmige Tunnel fuhren (engl. tube).

      Heute befördert die Londoner U-Bahn täglich bis zu 4,8 Millionen Fahrgäste. Sie wird in Teilen als sogenannte Overground (Hochbahn) weiter ausgebaut. Zudem gibt es in südlichen Vororten von London mit der Tram inzwischen auch ein Straßenbahnnetz.

      London Underground gilt als eines der effizientesten Nahverkehrssysteme der Welt. Auf den stark frequentierten Linien fahren die Züge oftmals im Drei-Minuten-Takt, sodass man selten lange auf den nächsten warten muss. Dennoch hat das Netz einige gravierende Mankos: Die Stationen sind größtenteils nicht barrierefrei, ältere Menschen sowie solche mit Gehbehinderungen können die U-Bahn oftmals nur mit Mühe nutzen. Außerdem sind Stationen im Innenstadtkern teilweise sehr weitläufig, sodass zwischen Eingang und Bahnsteig noch weite Wege zurückzulegen sind. Nachts sind die Stationen geschlossen – die letzten Bahnen fahren meist zwischen 0 und 1 Uhr. Und schließlich gibt es angesichts des in Teilen deutlich über 100 Jahre alten Schienennetzes oftmals Beeinträchtigungen durch Arbeiten an Gleisen und Stationen. Vor allem an Wochenenden muss mit Streckenstilllegungen gerechnet werden – Einzelheiten dazu werden über Plakate in den Schalterhallen bekannt gegeben sowie per Durchsage in den Bahnen und außerdem auf der Homepage von Transport for London (www.tfl.gov.uk).

       Unikate

      Wohl kaum ein Nahverkehrszeichen ist weltweit so berühmt wie das der Londoner U-Bahn: Der rote Ring mit einem blauen Balken ist seit 1908 Erkennungszeichen der Tube. Er wird nicht nur als Logo für das U-Bahn-Netz selbst genutzt, sondern in jeder Station mit dem jeweiligen Namen des Haltepunktes versehen. Zudem nutzt ihn die Londoner Nahverkehrsgesellschaft in unterschiedlichen Farben inzwischen auch für andere Verkehrsmittel wie Busse, Hochbahnen oder Schiffe. Entworfen wurde das Logo von Harold Stabler. Der Typograph Edward Johnston entwickelte 1916 die passende Schrift: Johnston Sans ist noch heute fester Bestandteil des Corporate Designs von Transport for London.

      Ebenfalls legendär ist die Durchsage »Mind the Gap« (Beachten Sie die Lücke) in den Stationen von London Underground. Sie soll vor einem Spalt zwischen Bahn und Bahnsteig warnen. Ursprünglich wurde sie für die Station Embankment geschaffen, weil der Bahnsteig dort kurvenförmig angelegt ist und sich somit sehr breite Lücken ergeben.

      7

       PETER TRINKT EIN PINT

      Die wahren Probleme des Lebens begegnen einem meist in der Freizeit. Peter steht am Tresen im George, einem rustikal eingerichteten Pub in Londons Great Portland Street. Und damit auch vor einer der größten Herausforderungen seines Lebens – zumindest beim Blick auf das Bierglas, das der Barkeeper gerade vor ihm auf die Theke gestellt hat. Wie, bitteschön, soll er ein Glas, das bis zum Rand vollgeschenkt ist, gut zehn Meter durch die Kneipe bis zu seinem Platz tragen, ohne etwas zu verschütten? Und wieso hat der junge Barkeeper gerade beim Einschenken auch noch den letzten Rest des Schaums abgegossen, um diesen durch noch mehr Flüssigkeit zu ersetzen? Ein Test? Als Kind machte er so etwas auch, um andere zu ärgern, erinnert sich Peter. Seinem Schulfreund Matthias schenkte er das Colaglas immer randvoll, damit sich dieser erst einmal über den Tisch beugen musste, um mit spitzem Mund etwas abzutrinken. Peter grinste dann wie ein kleiner gelber Smiley und freute sich diebisch.

      Peter schaut sich um: Niemand grinst. Es schaut nicht mal irgendjemand in seine Richtung. Die beiden älteren Herren in ihren dunklen Anzügen am Ende der Theke unterhalten sich angeregt über das Fußballspiel vom Vorabend. Manchester United gegen Liverpool FC – eine Spitzenpartie der ewigen Rivalen. Das ganze Land schien es vor den Fernsehgeräten verfolgt zu haben. Der junge Mann links neben den beiden Geschäftsleuten ist in die Sun vertieft – vermutlich in den Sportteil. Etwas anderes solle man in diesem Boulevardblatt gar nicht erst lesen, wurde Peter daheim in Deutschland gewarnt. Und der Barkeeper? Der sammelt inzwischen draußen die leeren Gläser ein, die eine Gruppe junger Leute auf den Fenstersims gestellt hatte. Seit der Einführung des Rauchverbots in öffentlichen Gebäuden und am Arbeitsplatz 2007 erlebt die Außengastronomie in England geradezu eine Renaissance. Auch wenn sie meist lediglich daraus besteht, dass die Gäste mit ihrem Getränk vor der Tür stehen, um zu rauchen.

      Ein Test also? Nein, kein Test, schlussfolgert Peter. Also beugt er sich langsam vor, noch zwei letzte Blicke nach links und rechts vorausgeschickt. Sein Mund nähert sich vorsichtig dem Glas mit dem goldgelben Getränk. Peter hatte einfach ein »Beer« bestellt, weil er sich von der Auswahl an fast einem Dutzend Zapfhähnen schlichtweg überfordert gefühlt hatte.

      »Lager?«, hatte der Barkeeper einsilbig gefragt. »Lager«, hatte Peter geantwortet. So nennen die Briten ihre hellen Biere – egal, ob Pils oder Export. Der Barkeeper hatte eines seiner einfachen Pint-Gläser gegriffen, das traditionelle Maß auf den britischen Inseln, umgerechnet 0,568 Liter Fassungsvermögen und es mit fragendem Blick unter den mittleren vier Zapfhähnen entlang gleiten lassen. Welche Sorte, schien er wortlos wissen zu wollen. Peter lächelte nur und zuckte mit den Schultern. Ihm war die Sorte derart egal, solange er nur endlich sein lang ersehntes Feierabendbier bekommen würde. Schließlich hatte er bereits gut 20 Minuten an einem Tisch gesessen, bis er bemerkte, dass in dieser Kneipe ganz offenkundig nicht bedient wird. Jeder Gast holte sich selbst sein Bier vom Tresen – und zahlte dort auch gleich. Jeder im Raum hatte ein Getränk vor sich – nur Peter nicht. Das nervte ihn. Doch nun sollte er endlich am Ziel sein! Denn der Barkeeper hatte die Entscheidung längst für ihn getroffen – er machte Halt unter einem Hahn mit dem Schild »Kronenbourg 1664«.

      Peter kannte nun also den Namen seines Herausforderers: Kronenbourg 1664. Das hatte er, erinnert er sich, schon einmal in Frankreich vorgesetzt bekommen. Damals allerdings noch mit Schaumkrone in einem sehr viel handlicheren Glas. Ob es ohne weißes Häubchen genauso schmeckt? Peter wird es gleich erfahren. Seine Lippen setzen an, sein Mund ist im Begriff den ersten Schluck saugartig aufzunehmen – da bemerkt er die junge Dame neben sich. Offenbar wartet sie auf den Barkeeper. Und vertreibt sich die Zeit damit, Peter bei der Getränkeaufnahme zuzuschauen. Er schreckt hoch.

      Die junge Frau lächelt. »Cheers«, prostet sie zu.

      Peter lächelt verlegen zurück: »Cheers!« Und er fragt sich: Wieso muss ein simples Feierabendbier bloß so kompliziert sein?

       Was hat Peter falsch gemacht?

      Bier wird auf den Britischen Inseln traditionell in Pint-Gläsern ausgeschenkt – oder in Gläsern mit einem halben Pint, sogenannten Half Pints. Ein Pint entspricht im Vereinigten Königreich, Kanada und in Irland exakt 0,568 Liter. Noch aus alten Zeiten trägt es auch die Bezeichnung »Imperial Pint« – anders als in den USA, wo ein Pint nur rund 0,473 Liter entspricht und mit imperial nichts am Hut hat.

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