Fettnäpfchenführer Großbritannien. Michael Pohl

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Fettnäpfchenführer Großbritannien - Michael Pohl Fettnäpfchenführer

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entspricht nicht ganz der Wahrheit, dass Briten jeden Morgen ein komplettes warmes Frühstück (Full English Breakfast) essen – in Bed-&-Breakfast-Pensionen und vielen Hotels wird es aber in der Tat regelmäßig serviert, Morgen für Morgen. Das Frühstück gilt auf der Insel als wichtigste Mahlzeit des Tages, und als solche soll sie die Gäste für viele Stunden satt machen. In der Regel besteht die warme Variante aus:

       einem Spiegel-, Rühr- oder pochierten Ei

       gebratenem Schinken

       gebratenen Würstchen

       gegrillten halbierten Tomaten

       gebackenen Bohnen in Tomatensoße

       gebratenen Champignons

       Toast

      Dazu gibt es regionale Unterschiede. Während in England meist ein Kartoffelrösti dazu serviert wird, gibt es vor allem in Wales und Irland sogenannte Potato Farls oder auch Potato Bread. Dahinter verbirgt sich eine Art Kartoffelbrot, das platt wie ein Pfannkuchen ist. Die Alternative in preiswerteren Unterkünften ist manchmal in der Pfanne gebratenes Toastbrot, das entsprechend viel Fett aufgesogen hat. Da stellt die sogenannte Brown Sauce, eine braune, säuerliche Soße, die geschmacklich und äußerlich irgendwo zwischen Ketchup und Barbecue-Soße angesiedelt ist, für viele schon eine Erleichterung dar, das Frühstück überhaupt verdauen zu können.

       BROWN SAUCE

      Brown Sauce, nach dem Markennamen auch »HP Sauce« genannt, ist die mit Abstand bekannteste Würzsoße im Vereinigten Königreich – auch wenn sie nach der Übernahme des Herstellers durch Heinz seit 2007 gar nicht mehr auf der Insel hergestellt wird, sondern in den Niederlanden. Sie besteht unter anderem aus Schoten des Tamarindenbaums, Malzessig, Zucker und diversen Gewürzen. Gegessen wird Brown Sauce vor allem zu Fleischgerichten und zum warmen Frühstück. Zur Herkunft des Namens gibt es zwei Varianten: Zum einen soll »HP« für »Houses of Parliament« stehen, wo die Soße in einem Restaurant erstmals genutzt worden sein soll. Eine Zeichnung des britischen Parlamentsgebäudes ziert bis heute die Flaschen der Soße. Andere behaupten, es seien die Initialien von Harry Palmer, der das Rezept der Soße kreiert haben soll. Ein ganz anderer, nämlich Frederick Gibson Garton, ein Lebensmittelhändler aus Nottingham, meldete jedoch 1896 das Patent für HP Sauce an.

      In Schottland findet man auf seinem Teller zudem mitunter Black Pudding. Das klingt nach einem süßen Nachtisch, ist es aber nicht. Black Pudding ist eine Art dunkler Grützwurst, die scheibchenweise in der Pfanne gebraten wird. Statt Black Pudding gibt es manchmal auch eine Scheibe Haggis, das schottische Nationalgericht: mit Innereien und Haferflocken gefüllter Schafsmagen. Unter anderem solche Delikatessen dürften es sein, der die britische Küche ihren miserablen Ruf zu verdanken hat.

      Man kann seinen Magen aber morgens auch noch weiter strapazieren. Ebenfalls in Schottland wird häufig Porridge serviert, gesalzener und gekochter Haferbrei, meist ergänzt um Sirup, Butter und Zucker.

      Standard in Hotels und Pensionen ist auch das sogenannte Continental Breakfast, ein minimalistisches kaltes Frühstück, bestehend aus:

       Toast

       Cornflakes

       Müsli

       Orangensaft

       Joghurt

       Marmelade

      Besteht das Continental Breakfast aus einem Büffet, dürfen sich in der Regel auch jene Gäste bedienen, die noch ein warmes Frühstück serviert bekommen.

       Kaffee oder Tee

      Getrunken wird dazu Tee oder Kaffee – man sollte bei beidem nicht zu viel erwarten. Wie in Deutschland hält sich die Qualität der Heißgetränke beim Frühstück meist in Grenzen. Wer guten Kaffee sucht, der sollte einen der Coffee Shops aufsuchen, die in Großbritannien inzwischen an jeder Ecke eröffnet haben und die meist hervorragende Getränke auf Espressobasis servieren. Guten Tee gibt es meist in den traditionellen englischen Cafés – das vor allem auf dem Land oftmals aushängende Schild »Tea Room« schützt nicht zwangsläufig vor einer Enttäuschung. Mitunter servieren diese kleinen Kaffeehäuser die einfachsten Supermarktteebeutel.

      Hat man ein Hotel ohne Frühstück gebucht, eignen sich solche Cafés und Coffee Shops übrigens auch hervorragend für ein kleines Frühstück. Die Qualität ist mitunter deutlich besser als in manchen Hotels.

       Höfliches Liebkosen

      Kosenamen sind vor allem bei älteren Briten sehr populär. Man sollte sich also nicht wundern, wenn man von jemand Wildfremdem beiläufig Love, Darling oder Honey genannt wird – dahinter stecken keine tiefgreifenden Absichten, sondern es handelt sich lediglich, wie bei so vielem im Vereinigten Königreich, um ein gewisses Maß an Höflichkeit. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass in der Regel ältere Wildfremde den jüngeren Wildfremden liebkosen – nicht aber umgekehrt. Zudem ist das Ganze im Wesentlichen höflich, wenn ein Geschlecht ein anderes Love nennt. Versuchen Sie dies beim Selben, könnte der- oder diejenige es schon eher seltsam auffassen.

      5

       PETER GEHT SPAZIEREN

      Mit Anarchie haben die Briten nichts am Hut. Dachte Peter zumindest bislang. In dieser Sekunde ist er sich da allerdings nicht mehr ganz so sicher: Er steht an einer Fußgängerampel unweit seines Hotels in London. Vor ihm ein auffälliger schwarzer Kasten mit einem kleinen weißen runden Knopf, darüber ein leuchtender Schriftzug mit dem Wort »Wait« (Warten) – die Ampel zeigt für Fußgänger rot, wer die Straße überqueren möchte, muss ganz offensichtlich auf den Knopf drücken. Kennt man, auch aus Deutschland. Peter ist Fußgänger, also drückt und wartet er, wie er das als Kind von seinen Eltern und später in der Schule im Verkehrserziehungsunterricht eingebläut bekommen hat. Ganz logisch. Aber wieso ist er der Einzige, der wartet? Seit gut einer Minute steht er vor dem leuchtenden Hinweis »Wait«, und seitdem ziehen links und rechts Fußgänger an ihm vorbei auf die andere Straßenseite. Gut, ein Auto ist seit einer Minute auch nicht vorbeigekommen – aber wenn die Ampel doch nun mal rot zeigt ...

      Peter erinnert sich an eine Begegnung mit einem Polizisten daheim in Deutschland, als er nach der Arbeit auf dem Fahrrad an einer menschenleeren Straße bei Rot über die Ampel gefahren war. Der eifrige Beamte zeigte sich damals weder beeindruckt von der Tatsache, dass weit und breit kein Auto in Sicht gewesen war, noch dass Peter aus Erfahrung wusste, dass einem in jener Gegend der Stadt um die damalige Uhrzeit praktisch nie auch nur irgendein Verkehrsmittel begegnete. 20 Euro Bußgeld und eine ausgiebige Belehrung über die deutschen Straßenverkehrsregeln waren die Folge. Seitdem hatte sich Peter nie wieder über diese Straße gewagt, ohne mindestens dreimal nach jeder Seite Ausschau zu halten nach einem eventuell auflauernden Polizisten. Bei Rot war er dann allerdings weiterhin dann und wann gefahren.

      Peter beginnt unruhig zu werden, und zieht nun auch hier in London die Möglichkeit in Erwägung, sich in Bewegung zu setzen, zeige die Ampel, was sie wolle. Doch die nimmt ihm die Entscheidung in diesem Moment ab: Der

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