Fettnäpfchenführer Großbritannien. Michael Pohl
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Übrigens soll auch der Zebrastreifen in Großbritannien erfunden worden sein: Nach einzelnen Experimenten hielt er dort 1949 in den Straßenverkehr Einzug und wurde 1951 auch gesetzlich verankert. Inzwischen gibt es zumindest testweise Abwandlungen: Sogenannte Tigerstreifen, also gelbe Balken auf schwarzem Asphalt, die formal auch Radfahrern das Recht geben, die Straße zu überqueren, ohne dabei vom Rad abzusteigen.
6
PETER FÄHRT U-BAHN
LONDON, 30. JULI, 9.48 UHR
Es ist noch nicht einmal 10 Uhr an diesem wunderschönen Sommersonnenmorgen in London, doch Peter hat bereits die erste Lektion hinter sich: Welche U-Bahn-Linie er denn nehmen müsse, um zum British Museum zu kommen, wollte er an der Rezeption wissen. »Central oder Piccadilly Line«, hatte die Dame geantwortet, »Sie können hier in die Circle oder District Line einsteigen und dann am Monument wechseln.« Das war eine zu große Informationsdichte auf einen Schlag für Peter: Er wollte doch lediglich die Nummer der U-Bahn-Linie wissen.
BRITISH MUSEUM
Das British Museum wurde 1753 gegründet und ist nach eigenen Angaben das erste öffentliche staatliche Museum der Welt. Noch heute gilt es als das größte und vor allem als eines der bedeutendsten kulturhistorischen Museen der Welt. Rund sechs Millionen Besucher zählt es jährlich. Der Grundstock des British Museums geht auf den Naturwissenschaftler Sir Hans Sloane zurück, der seine umfangreiche Sammlung an Kunstgegenständen und historischen Stücken dem britischen Staat unter König Georg II. vermachte.
Nun steht er in der Station Tower Hill und begreift langsam, weshalb die Informationsdichte so hoch war: Es scheint keine Liniennummern zu geben – die Schilder weisen ausschließlich auf die mit einem grünen Streifen versehene District Line hin sowie auf die Circle Line, die mit einem gelben Strich markiert ist. Mit Zahlen haben sie es wohl nicht so, denkt sich Peter, und macht sich auf zum Fahrkartenautomaten. Der ist, wie sich herausstellt, kundenfreundlich mit einem Monitor versehen und kann sogar auf die deutsche Sprache umgestellt werden. Peter ist hoch erfreut: Üblicherweise kommt er mit solchen Geräten im Ausland nicht zurecht. Am Ende zahlt er dann viel mehr als nötig, weil er sich mit den richtigen Klicks und Tarifzonen nicht auskennt. Oder auch zu wenig: In Berlin war er einmal von einem Kontrolleur in der S-Bahn mit einem falschen Ticket erwischt worden und hatte 40 Euro Strafe zahlen müssen. Das würde er nun gern vermeiden und studiert deswegen den kleinen Liniennetzplan unter dem Monitor penibelst. Dass die Schlange an potenziellen Fahrkartenkäufern hinter ihm immer länger wird, nimmt Peter gar nicht wahr.
Erst nach einigen Minuten feinster Recherche hat Peter herausgefunden, dass er bis zur Station Holborn fahren muss – und die liegt in der Tarifzone 1, wie der Tower Hill auch. Die Schlange hinter ihm atmet erleichtert auf.
Mit seinem scheckkartengroßen Pappticket in der Hand macht sich Peter schließlich auf in Richtung Bahnsteig. Und das ist leichter als gedacht: Er lässt sich einfach von der Menge treiben und landet so unweigerlich vor einer Absperrung aus einer Reihe flacher, mauerähnlicher Kästen, zwischen denen jeweils zwei schmale Flügeltüren hängen. Peter begreift: In einen Schlitz am rechten Ende muss er sein Ticket stecken, um die Absperrung zu öffnen. Hinter ihm bildet sich erneut eine kleine Schlange, als er überlegt, wie herum er seine Fahrkarte denn nun in den Schlitz stecken muss. Er macht es dem Herrn nach, der gerade neben ihm durch die Absperrung tritt – Schrift nach oben. Die Flügeltüren öffnen sich, Peter tritt hindurch und zwar schnellen Schrittes, denn unmittelbar hinter sich vernimmt er bereits das Schließgeräusch der Absperrung.
Geschafft! Über nicht gerade kurze Wege hangelt sich Peter zum Bahnsteig vor – um beim Einfahren der U-Bahn erst einmal reflexartig einen Schritt zurückzusetzen: Der Zug fährt mit einer Geschwindigkeit in die Station ein, die der öffentliche Nahverkehr in seiner Heimatstadt noch nicht mal auf freier Strecke erreicht. Peter steigt ein und hält sich prophylaktisch mit beiden Händen an einer Stange fest. Seine kurzzeitige Sorge, ob er denn wohl den richtigen Zug erwischt habe, zerstreut sich durch eine freundliche Ansage aus dem Lautsprecher: »Dies ist ein District-Line-Zug nach Richmond.« Die Richtung stimmt – das hatte Peter bei seinem Studium des Liniennetzplans herausgefunden. Und auch die übervorsichtige Entscheidung, sich gut festzuhalten, entpuppt sich als durchaus sinnvoll: Im Eiltempo ist der U-Bahn-Zug in der nächsten Station eingetroffen – Monument, Peters Umsteigepunkt.
Er macht sich auf die Suche nach dem Bahnsteig für seine Weiterfahrt. An jenem, an dem er sich gerade befindet, geht es offenbar nicht zum Ziel: Die Zuganzeige unter der Decke listet ausschließlich Züge aus Richtung Tower Hill auf. Also muss es anderswo weitergehen: »Way Out«, Ausgang, steht auf einem Schild. Er beschließt, diesen Weg einzuschlagen, bemerkt dann aber doch noch rechtzeitig den kleinen Hinweis auf die Central Line daneben. Und mit dieser Linie muss er ja weiterfahren.
Über Rolltreppen und durch lange, enge Gänge pirscht er sich vorwärts, immer wieder umschauend, ob er nicht etwa doch den falschen Weg genommen hat. Es dauert einige Minuten, bis er sich vor den Bahnsteigen der Central Line wiederfindet – und zwar in einer Station, die da nicht mehr »Monument« heißt, sondern »Bank«. Peter leuchtet langsam ein: Der Weg hat sich so in die Länge gezogen, weil er offenbar unterirdisch die Station gewechselt hat.
U-BAHN-STATION BANK
Die beiden U-Bahn-Stationen Bank (benannt nach der Bank von England, die sich darüber befindet) und Monument (benannt nach einem Denkmal für das große Feuer von London im Jahr 1666) liegen dicht zusammen und sind miteinander verbunden. Sie gelten offiziell als eine Station mit zwei Namen. Hintergrund ist die Tatsache, dass die einzelnen Strecken in den frühen Jahren der U-Bahn von unterschiedlichen Gesellschaften betrieben wurden, jede mit einer eigenen Schalterhalle.
Die Fahrt mit der Central Line dauert länger als die erste – doch sie ist nicht weniger ruppig: Noch im Geschwindigkeitsrausch bahnt sich Peter in der Station Holborn den Weg Richtung »Way Out«. Gang entlang, Rolltreppe hoch, Gang links, Gang rechts – er ist langsam der Ansicht, zusätzlich zum Liniennetzplan sollten die U-Bahn-Betreiber einen Plan für die Labyrinthe ihrer Stationen aushängen. Peter kann es kaum erwarten, wieder Tageslicht zu sehen. Doch etwas trennt ihn noch davon: Oben angekommen steht er erneut vor einer Absperrung wie zu Beginn seiner Reise in der Station Tower Hill. Offenbar benötigt er sein Ticket, um wieder herauszukommen. Clever gemacht, denkt sich Peter. Noch cleverer wäre es gewesen, sich zu merken, wo er seinen Fahrschein aufbewahrt hat. Peter wird nervös. Mit beiden Händen durchsucht er seine Taschen – Fehlanzeige. Außer ein wenig Kleingeld und seinem Mobiltelefon findet er nichts. Und im Rucksack? Nein, den hatte er auf dem gesamten Weg nicht abgenommen. Peter ist der Verzweiflung nah: Sein Urlaub dauert zwar noch eine ganze Weile, doch wollte er ihn eigentlich nicht im Londoner U-Bahn-Netz verbringen. Demütig macht er sich auf zum Stationsvorsteher, um sich als unwissender Tourist auszugeben ...
Was hat Peter falsch gemacht?
Er hat eines der schwarzfahrerunfreundlichsten U-Bahn-Systeme der Welt genutzt: Wer Zugang zum Londoner U-Bahn-Netz bekommen möchte, muss ihn sich mit einer Fahrkarte oder einer wiederaufladbaren Bezahlkarte (Oyster Card) verschaffen. Diese ist auch notwendig, um das U-Bahn-Netz wieder verlassen zu können. Das hat mehrere praktische Nutzen: Zum einen sind in den Zügen keine Kontrolleure notwendig. Zum anderen lässt sich am Ende einer jeden Reise feststellen, ob der Fahrgast für ausreichend viele Tarifzonen bezahlt hat: Das System erkennt, wo er eingestiegen ist und kann so die Summe der durchfahrenen Zonen errechnen.