Fettnäpfchenführer Irland. Petra Dubilski
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Читать онлайн книгу Fettnäpfchenführer Irland - Petra Dubilski страница 8
Micha und ich nickten uns begeistert zu.
»Es gefällt euch?« Jim schien erleichtert. »Über den Preis können wir mit dem Privatvermieter noch verhandeln. Der ist froh, wenn jemand drin wohnt, bis es verkauft ist.«
»Moment mal«, meinte Micha. »Es steht zum Verkauf? Soll das heißen, dass wir jederzeit rausgeschmissen werden könnten?«
»Nun ja.« Jim kratzte sich sichtlich verlegen am Bart. »Kann schon passieren. Aber keine Sorge. Bis hier ein Haus verkauft wird, das kann dauern.«
Ich war enttäuscht. »Ich richte mich doch nicht gemütlich ein, um dann gleich wieder nach einem neuen Haus zu suchen! Tut mir leid, Jim. Das geht nicht.«
Micha nickte entschlossen, und wir marschierten zum Auto.
»Wartet! Ich hätte da noch ein Objekt für euch! Nein, wirklich, es ist supertoll, keine Probleme ... So wartet doch! Hey!«
GHOST ESTATES – VOM WILDEN BAUBOOM UND SEINEN FOLGEN
Wer übers Land fährt, wird noch immer an Siedlungen vorbeikommen, die scheinbar wie Bauklötze in die Landschaft geworfen wurden. Sie wirken verlassen, völlig fehl am Platz und sind Folge des Immobilienbooms, der mit der Finanzkrise ab 2008 zu Ende ging.
Bauunternehmer zogen angesichts der erhofften, aber letztlich illusionären Wertsteigerungen ganze Siedlungen hoch, oft ohne Anschluss an Infrastruktur. Viele Häuser wurden mit billigen Materialien, oft auch mit reichlich Pfusch hochgezogen. Papierdünne Wände, mangelnde Brandisolierung und andere Mängel waren die Regel. Der Profit für die Bauunternehmen stand an erster Stelle. Mit dem Zusammenbruch der Banken und dem Abrutschen der Wirtschaft platzten aber auch diese Träume.
2011 gab es noch rund 3.000 solcher Geistersiedlungen in ganz Irland. Mittlerweile sind über 90 Prozent der Geistersiedlungen zu funktionierendem Wohnraum ausgebaut worden, viele mit staatlichen Geldern und teilweise als dringend benötigte Sozialwohnungen.
Kommentar von: Tina
Habe ich dir nicht von meiner Wohnungssuche damals in Dublin und Limerick erzählt? Was vermietet wird, ist entweder Luxus, den sich bei kleinem Gehalt niemand leisten kann, oder es sind absolute Bruchbuden. Und wenn schon ganze Häuser für wenig Geld, dann in Gegenden, wo ich noch nicht mal wagen würde, den Müll ohne Bodyguards rauszubringen.
Alle Welt riet mir damals, mir ein Haus zu kaufen, weil die Hypothekenzahlung billiger käme als die Mietzahlung. Miete sei »verschenktes Geld«. Bin ich froh, dass ich das nie gemacht habe! Vor allem wenn ich an all die Leute denke, die durch die Finanzkrise ihren Job verloren haben und die Hypothek nicht mehr abzahlen können. Wenigstens konnte ich wieder nach Deutschland zurück.
Macht euch darauf gefasst, dass ihr zu 99 Prozent nur Schrott angeboten bekommt oder unbezahlbaren, aber dafür geschmacklosen Luxus. Um eine wirklich gute Bleibe zu finden, müsst ihr einiges an Ausdauer mitbringen oder sogar mehrmals umziehen.
Kommentar von: Shane
Langsam, Tina, so einfach ist das nicht. Klar kriegst du als Mieter in Irland eine Menge Schrott angeboten, aber das hat viele Gründe. Ein Grund ist sicherlich, dass Mieten seit der Unabhängigkeit von 1921 als nicht gerade erstrebenswert gilt. Zu lange waren wir Iren einfach nur »Mieter« in unserem eigenen Land, die Briten die Land-und Hausbesitzer. Jetzt wollen wir alle unseren eigenen Grund und Boden besitzen, um jeden Preis und je größer, desto besser. So läuft das in einer ehemaligen Kolonie.
Viele Iren haben Häuser geerbt oder während des Booms als Investition gekauft, um durch die Mieteinnahmen zu Geld zu kommen. Das betrifft Omis Erbstück-Cottage ebenso wie irgendeine schnell hochgezogene Immobilie. Die Mieter sind meistens keine Langzeitmieter, die sich um ihr Heim kümmern, sondern sehr junge Leute, also Studenten oder Angehörige anderer Ausbildungsberufe, oder sehr arme Leute wie Sozialhilfeempfänger. Und die geben sich keinerlei Mühe in einem gemieteten Haus – oder können es finanziell nicht –, wenn sie dort sowieso nur zeitweilig bleiben und kaum Rechte haben. Also geben sich Vermieter auf der anderen Seite auch keine Mühe, ein Haus teuer auszustatten. Weswegen fast alle Häuser möbliert vermietet werden, und das meistens mit dem billigsten Kram. Sehr praktisch für die mobile Gesellschaft, aber nichts für Ästheten.
Die alten »romantischen« Cottages auf dem Land hingegen, die kein Ire, der etwas auf sich hält, jemals bewohnen würde, sind beliebte Objekte für Ausländer mit einem idealistischen Hang zum sogenannten einfachen Leben, die glauben, dass wahre Zivilisationsflucht so funktioniert. Was sich jedoch meist als Illusion der Mieter oder Käufer und mehr noch der Makler entpuppt. Ein Außenklo ist selbst mit Samtpolsterung nicht mehr loszukriegen. Aber versuchen kann man es ja ...
DER MIETER UND SEINE (WENIGEN) RECHTE
Wer aus Deutschland nach Irland kommt und glaubt, dass die Anmietung einer Wohnung oder eines Hauses eine gewohnt langfristige Angelegenheit mit vielen vertraglich fixierten Rechten ist, täuscht sich gewaltig. Als Mieter steht man hier ziemlich blank da.
Etwa 80 bis 90 Prozent des Immobilienmarktes besteht aus Häusern in Privatbesitz, rund 70 Prozent aller irischen Haushalte sind owner-/occupier-Haushalte, Menschen also, die ihr eigenes Haus bewohnen. Das hat Tradition in einem Land, das erst seit knapp 100 Jahren unabhängig ist und für das der eigene Grund und Boden, und sei es auch noch so eine kleine Bude, lebenswichtig ist.
Der überwiegende Teil aller Mietimmobilien wird privat vermietet, oft wirklich privat, d. h. unter der Hand, obwohl Vermieter sich anmelden und Steuern zahlen müssten.
Es gibt einige wenige Rechte für Mieter, die einklagbar sind, aber eben nur, wenn der Vermieter offiziell als solcher registriert ist und sich der Mieter ein rent book besorgt, ein Heft, in dem alle Daten, Zahlungen und Verpflichtungen aufgeführt sind und das in jedem Schreibwarenladen erhältlich ist. Wer aber privat mietet, ist mehr oder weniger auf die Laune des Vermieters angewiesen und wird keine Ahnung haben, dass es überhaupt ein rent book gibt.
An die wenigen Pflichten hält sich ohnehin kaum ein Vermieter. Gesetzlich vorgeschriebene Reparaturen werden irgendwann »demnächst«, meist nie, durchgeführt. Dafür schaut so mancher Vermieter gerne mal spontan mit eigenem Schlüssel nach, was die Mieter so treiben. Das ist offiziell illegal, aber »illegal« ist ein weiter Begriff in Irland.
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KLOPAPIER FÜR IRLAND
UNSERE IRISCHE WG
Jo schreibt:
Das mit der Haussuche auf dem Land hat ja bislang noch nicht so recht geklappt. Selbst nach weiteren Besichtigungen war nie das Richtige dabei gewesen. Also beschlossen wir, uns erst einmal ein Zimmer in einer WG zu suchen, was zweifellos billiger ist, als in einem B&B oder Hostel zu wohnen. Die Websites für housesharing hatten eine Menge Angebote, leider nur in größeren Städten. Also konzentrierten wir uns auf Ennis, mit rund 20.000 Einwohnern der größte Ort, den wir uns zumuten wollten.
Irgendwie stellte