Franz Kafka: Sämtliche Werke. Knowledge house

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Franz Kafka: Sämtliche Werke - Knowledge house

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gar nicht aufzuhören schien und ein Dunkel vor Karls Augen verursachte. Aber er hielt Karl nicht nur, sondern als hätte er auch den Befehl bekommen ihn gleichzeitig zu strecken, zog er ihn auch hie und da in die Höhe und schüttelte ihn, wobei er immer wieder halb fragend zum Oberkellner sagte: „Ob ich ihn jetzt nur nicht verwechsle, ob ich ihn jetzt nur nicht verwechsle.“

      Es war eine Erlösung für Karl, als der oberste der Liftjungen, ein gewisser Bess, ein ewig fauchender dicker Junge eintrat und die Aufmerksamkeit des Oberportiers ein wenig auf sich lenkte. Karl war so ermattet, daß er kaum grüßte, als er zu seinem Staunen hinter dem Jungen Therese leichenblaß, unordentlich angezogen, mit lose aufgesteckten Haaren hereinschlüpfen sah. Im Augenblick war sie bei ihm und flüsterte: „Weiß es schon die Oberköchin?“ „Der Oberkellner hat es ihr telephoniert“, antwortete Karl. „Dann ist schon gut, dann ist schon gut“, sagte sie rasch mit lebhaften Augen. „Nein“, sagte Karl, „Du weißt ja nicht, was sie gegen mich haben. Ich muß weg, die Oberköchin ist davon auch schon überzeugt. Bitte bleib nicht hier, geh hinauf, ich werde mich dann von Dir verabschieden kommen.“ „Aber Roßmann, was fällt Dir denn ein. Du wirst schön bei uns bleiben, so lange es Dir gefällt. Der Oberkellner macht ja alles, was die Oberköchin will, er liebt sie ja, ich habe es letzthin zufällig erfahren. Da sei nur ruhig.“ „Bitte Therese geh jetzt weg. Ich kann mich nicht so gut verteidigen wenn Du hier bist. Und ich muß mich genau verteidigen, weil Lügen gegen mich vorgebracht werden. Je besser ich aber aufpassen und mich verteidigen kann, desto mehr Hoffnung ist, daß ich bleibe. Also, Therese –“ Leider konnte er in einem plötzlichen Schmerz nicht unterlassen leise hinzuzufügen: „Wenn mich nur dieser Oberportier loslassen würde! Ich wußte gar nicht daß er mein Feind ist. Aber wie er mich immerfort drückt und zieht.“ „Warum sage ich das nur!“ dachte er gleichzeitig, „kein Frauenzimmer kann das ruhig anhören“ und tatsächlich wendete sich Therese, ohne daß er sie noch mit der freien Hand hätte davon abhalten können, an den Oberportier: „Herr Oberportier bitte lassen Sie doch sofort den Roßmann frei. Sie machen ihm ja Schmerzen. Die Frau Oberköchin wird gleich persönlich kommen und dann wird man schon sehn, daß ihm in allem Unrecht geschieht. Lassen Sie ihn los, was kann es Ihnen denn für ein Vergnügen machen ihn zu quälen.“ Und sie griff sogar nach des Oberportiers Hand. „Befehl kleines Fräulein, Befehl“, sagte der Oberportier und zog mit der freien Hand Therese freundlich an sich, während er mit der andern Karl nun sogar angestrengt drückte, als wolle er ihm nicht nur Schmerzen machen, sondern als habe er mit diesem in seinem Besitz befindlichen Arm ein besonderes Ziel, das noch lange nicht erreicht sei.

      Therese brauchte einige Zeit um sich der Umarmung des Oberportiers zu entwinden und wollte sich gerade beim Oberkellner, der noch immer von dem sehr umständlichen Bess sich erzählen ließ, für Karl einsetzen, als die Oberköchin mit raschem Schritte eintrat. „Gottseidank“, rief Therese und man hörte einen Augenblick im Zimmer nichts als diese lauten Worte. Gleich sprang der Oberkellner auf und schob Bess zur Seite: „Sie kommen also selbst Frau Oberköchin. Wegen dieser Kleinigkeit? Nach unserem Telephongespräch konnte ich es ja ahnen, aber geglaubt habe ich es eigentlich doch nicht. Und dabei wird die Sache Ihres Schützlings immerfort ärger. Ich fürchte ich werde ihn tatsächlich nicht entlassen aber dafür einsperren lassen müssen. Hören Sie selbst!“ Und er winkte Bess herbei. „Ich möchte zuerst paar Worte mit dem Roßmann reden“, sagte die Oberköchin und setzte sich auf einen Sessel, da sie der Oberkellner hiezu nötigte. „Karl bitte komm näher“, sagte sie dann. Karl folgte oder wurde vielmehr vom Oberportier nähergeschleppt. „Lassen Sie ihn doch los“, sagte die Oberköchin ärgerlich, „er ist doch kein Raubmörder.“ Der Oberportier ließ ihn tatsächlich los, drückte aber vorher noch einmal so stark, daß ihm selbst vor Anstrengung die Tränen in die Augen traten.

      „Karl“, sagte die Oberköchin, legte die Hände ruhig in den Schoß und sah Karl mit geneigtem Kopfe an – es war gar nicht wie ein Verhör – „vor allem will ich Dir sagen, daß ich noch vollständiges Vertrauen zu Dir habe. Auch der Herr Oberkellner ist ein gerechter Mann, dafür bürge ich. Wir beide wollen Dich im Grunde gerne hierbehalten.“ – Sie sah hiebei flüchtig zum Oberkellner hinüber, als wolle sie bitten, ihr nicht ins Wort zu fallen. Es geschah auch nicht – „Vergiß also, was man Dir bis jetzt vielleicht hier gesagt hat. Vor allem was Dir vielleicht der Herr Oberportier gesagt hat, mußt Du nicht besonders schwer nehmen. Er ist zwar ein aufgeregter Mann, was bei seinem Dienst kein Wunder ist, aber er hat auch Frau und Kinder und weiß, daß man einen Jungen, der nur auf sich angewiesen ist, nicht unnötig plagen muß, sondern daß das schon die übrige Welt genügend besorgt.“

      Es war ganz still im Zimmer. Der Oberportier sah Erklärungen fordernd auf den Oberkellner, dieser sah auf die Oberköchin und schüttelte den Kopf. Der Liftjunge Bess grinste recht sinnlos hinter dem Rücken des Oberkellners. Therese schluchzte vor Freude und Leid in sich hinein und hatte alle Mühe es niemanden hören zu lassen.

      Karl aber blickte, trotzdem das nur als schlechtes Zeichen aufgefaßt werden konnte, nicht auf die Oberköchin, die gewiß nach seinem Blick verlangte, sondern vor sich auf den Fußboden. In seinem Arm zuckte der Schmerz nach allen Richtungen, das Hemd klebte an dem Striemen fest und er hätte eigentlich den Rock ausziehn und die Sache besehen sollen. Was die Oberköchin sagte, war natürlich sehr freundlich gemeint, aber unglücklicher Weise schien es ihm, als müsse es gerade durch das Verhalten der Oberköchin zu Tage treten, daß er keine Freundlichkeit verdiene, daß er die Wohltaten der Oberköchin zwei Monate unverdient genossen habe, ja daß er nichts anderes verdiene, als unter die Hände des Oberportiers zu kommen.

      „Ich sage das“, fuhr die Oberköchin fort, „damit Du jetzt unbeirrt antwortest, was Du übrigens wahrscheinlich auch sonst getan hättest, wie ich Dich zu kennen glaube.“

      „Darf ich bitte inzwischen den Arzt holen, der Mann könnte nämlich inzwischen verbluten“, mischte sich plötzlich der Liftjunge Bess sehr höflich, aber sehr störend ein.

      „Geh“, sagte der Oberkellner zu Bess, der gleich davonlief. Und dann zur Oberköchin: „Die Sache ist die. Der Oberportier hat den Jungen da nicht zum Spaß festgehalten. Unten im Schlafsaal der Liftjungen ist nämlich in einem Bett sorgfältig zugedeckt ein wildfremder schwer betrunkener Mann aufgefunden worden. Man hat ihn natürlich geweckt und wollte ihn wegschaffen. Da hat dieser Mann aber einen großen Radau zu machen angefangen, immer wieder herumgeschrien, der Schlafsaal gehöre dem Karl Roßmann, dessen Gast er sei, der ihn hergebracht habe und der jeden bestrafen werde, der ihn anzurühren wagen würde. Im übrigen müsse er auch deshalb auf den Karl Roßmann warten, weil ihm dieser Geld versprochen habe und es nur holen gegangen sei. Achten Sie bitte darauf, Frau Oberköchin: Geld versprochen habe und es holen gegangen sei. Du kannst auch acht geben Roßmann“, sagte der Oberkellner nebenbei zu Karl, der sich gerade nach Therese umgedreht hatte, die wie gebannt den Oberkellner anstarrte, und die immer wieder entweder irgendwelche Haare aus der Stirn strich oder diese Handbewegung um ihrer selbst willen machte. „Aber vielleicht erinnere ich Dich an irgendwelche Verpflichtungen. Der Mann unten hat nämlich weiterhin gesagt, daß ihr beide nach Deiner Rückkunft einen Nachtbesuch bei irgendeiner Sängerin machen werdet, deren Namen allerdings niemand verstanden hat, da ihn der Mann immer nur unter Gesang aussprechen konnte.“

      Hier unterbrach sich der Oberkellner, denn die sichtlich bleich gewordene Oberköchin erhob sich vom Sessel, den sie ein wenig zurückstieß. „Ich verschone Sie mit dem weitern“, sagte der Oberkellner. „Nein bitte nein“, sagte die Oberköchin und ergriff seine Hand, „erzählen Sie nur weiter, ich will alles hören, darum bin ich ja hier.“ Der Oberportier, der vortrat und sich zum Zeichen dessen, daß er von Anfang an alles durchschaut hatte, laut auf die Brust schlug, wurde vom Oberkellner mit den Worten: „Ja Sie hatten ganz recht Feodor!“ gleichzeitig beruhigt und zurückgewiesen.

      „Es ist nicht mehr viel zu erzählen“, sagte der Oberkellner. „Wie die Jungen eben schon sind, haben sie den Mann zuerst ausgelacht, haben dann mit ihm Streit bekommen und er ist, da dort immer gute Boxer zur Verfügung stehn, einfach niedergeboxt worden und ich habe gar nicht zu fragen gewagt,

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