Kunst, Bildung und Bewältigung. Lisa Niederreiter

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Kunst, Bildung und Bewältigung - Lisa Niederreiter

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Handreichungen zu professionellen Kernkompetenzen »heilender« Beziehungsgestaltung im pädagogischen wie therapeutischen Feld mit Elementen psychoanalytischer Pädagogik, beispielsweise der Übertragungsbeziehung und dem »Containing«, insbesondere für die Begleitung von Menschen mit krisenhaften Erfahrungen und/oder herausfordernden Verhaltensweisen.

      Kapitel 3 (image Kap. 3) widmet sich grundlegenden Überlegungen zu den Bestandteilen ästhetisch-künstlerischer Binnenprozesse im Ausdruckshandeln und in der Kunstrezeption aus multidisziplinärer Sicht. Dazu werden nach einem ersten allgemeinen, anwendungsorientierten Schritt zu essentiellen Potentialen ästhetischer Praxen Elemente einer psychoanalytisch verstandenen künstlerischen Ausdruckshandlung wie das »Übergangsobjekt« nach D. Winnicott oder »die Regression im Dienste des Ich« nach E. Kris vorgestellt. Für die psychisch bedeutsamen Prozesse der Bildrezeption lassen sich Forschungsergebnisse einer Bremer Forschungsgruppe um P. Soldt zu identifikatorischen und projektiven Vorgängen bei der Bildbetrachtung heranziehen sowie das in der Objektbeziehungstheorie verankerte Konzept der »Dyaden zu dritt« von H. Kraft. Bildwissenschaftliche Grundlagen aus der neueren Debatte um den »iconic turn« klären über die ausgesprochen wichtige und auszudifferenzierende Bedeutung eines Bildes als konstantes Gegenüber und als Wirklichkeitsausschnitt in der Ermöglichung von Auseinandersetzungsprozessen Einzelner mit ihrer (Lebens-)Welt auf. Die Theoretiker*innen des besagten Diskurses klärten zudem über die zentrale Funktion der Betrachtenden eines Kunstwerks für dessen Rezeption in dem Sinne auf, dass die Vorstellung über das Bild in seinem »objektiven« Charakter aufgegeben werden musste.

      Die nun folgenden Kapitel gliedern den gesamten Gegenstandsbereich in zentrale thematische, anwendungsorientierte und/oder adressat*innenspezifische Felder im Spannungsfeld von Bildung, Bewältigung und Teilhabe. Dabei werden jeweilige, zum Feld passende aktuelle theoretische Leitdiskurse von methodischen Aspekten und von Praxis- und Projektbeispielen aus kulturorientierten, kunstrezeptiven und aktiv gestalterischen Verfahren oder deren Mischformen flankiert.

      Den Einstieg in die Umsetzung bilden mit Kapitel 4 (image Kap. 4) Überlegungen zu (Selbst )Bildungsprozessen, zur Rolle sinnlich-ästhetischer, selbstreflexiver Erkenntnisformen darin inkl. der Bedeutung gestalterischer Auseinandersetzung und Aneignung. Einer Annäherung an den aktuellen erweiterten Bildungsbegriff als der Herstellung von Sinnbezügen zwischen sich und der Welt folgen fachliche Rahmungen aus der kulturellen Bildungsdebatte. Kritisch erörtert werden an diesem Punkt Tendenzen der Instrumentalisierung schöpferischen Handelns und künstlerisch-kultureller Formate in sog. »Educational Projects« für und mit Randgruppen. Im Fortgang des Kapitels sind Aspekte des künstlerischen Binnengeschehens zusammengestellt, wie sie prominent zur Ermöglichung und Beförderung von (Selbst-)Bildungsprozessen herauszuheben sind. Dazu zählen die Besonderheiten ästhetischer Praxen in ihren sinnes- und subjektorientierten Dimensionen, ihre Nähe zur Ethik über die Empfindung, die andere Qualität jenseits von Funktionalität und Rationalität. Als gezielt nicht schulische Beispiele werden Praxis- und Projektvignetten zur Persönlichkeitsbildung durch künstlerisches Handeln im Studium und abschließend als Kontrast zu eher formalen Bildungssettings psychoedukativ orientierte Bildungsprojekte für psychiatrieerfahrene Menschen herangezogen. Zum besseren Verständnis der beiden letztgenannten Veranstaltungen, die zusätzlich auch Bewältigungsprozesse aktivierten und in den Varianten kunstrezeptiver Methodik sowie rezeptiv und gestalterisch handelnd ausgerichtet waren, erfolgt vorab ein Exkurs zu den Wahrnehmungs- und Verarbeitungsweisen von Menschen mit Psychoseerfahrungen. Ein Nachdenken über die Wahrnehmungsveränderungen psychotischen Erlebens macht die Zusammenhänge zur Bedeutung von Bildbetrachtungen in diesem Arbeitskontext besonders nachvollziehbar.

      Kapitel 5 (image Kap. 5) beschäftigt sich im weiteren Sinne mit Jugend, Identität und Biographie in Verbindung mit zunehmenden und temporeicheren Anforderungen an Passungsnotwendigkeiten der Subjekte an die Bedarfe »entgrenzter« nachmoderner Gesellschaften. Die Hinführung dazu bildet ein verdichteter, mitunter kritischer Abschnitt einer gesellschaftswissenschaftlich und sozialpsychologisch inspirierten »Zeitdiagnose«. Zentrale Stichworte wie Enttraditionalisierung, Pluralisierung, Ökonomisierung, Virtualität und Globalisierung bilden die Grundlage eines Nachdenkens über die Auswirkungen einer so organisierten Gesellschaft auf die Subjekte, die sich permanent selbst orientieren, neu entwerfen, optimieren, als erfolgreich darstellen und die Risiken nicht gelingenden Lebens zunehmend selbst tragen müssen. Überlegungen zur Adoleszenz in ihren vielfältigen, umwälzenden und genderspezifisch zu betrachtenden Vorgängen und Aufgabenstellungen an jungen Menschen in mentaler, psychosexueller und sozialer Hinsicht machen die Brisanz nachmoderner Vielheitsoptionen für evtl. auch krisenhafte Verläufe im Finden der eignen Identität eindringlich deutlich. Bausteine psychoanalytischer Forschung erweitern den Blick auf diese prekäre Phase. Identität wird dabei nicht als eigene Begrifflichkeit verhandelt, vielmehr tauchen Facetten aktueller Konzepte von Identität in Postmoderne und Nachmoderne im Spiegel künstlerischer Werkreihen aus der zeitgenössischen Kunst auf. Eine mögliche Reflexion steigert sich von Jürgen Klaukes Dokumentationen performativer Spiele um Geschlechtsrollen über die vielfältigen »Selbstbilder« Cindy Shermans in der Doppelrolle der Künstlerin und des Modells bis hin zu Entwürfen/Erfindungen eigener biographischer Sequenzen und »life-events« im künstlerischen Werk Sophie Calles. Gillian Wearing bespielt mit ihren Foto- und Videoarbeiten in herausragender Intensität die Spannungsfelder »Identität/Biographie und (Re)konstruktion« sowie »Intimität und Öffentlichkeit«, wobei in der Rezeption ihrer Position die Fiktionalität Sophie Calles um den Aspekt des Authentischen erweitert werden kann. Die Beispiele aus der Bildenden Kunst veranschaulichen die Debatte um gesellschaftliche Entgrenzungsphänomene gleichermaßen wie sie sich als Folien für die Vermittlung und Auseinandersetzung mit entsprechenden Themen für Adressat*innen in der Adoleszenz anbieten. Im dritten Abschnitt des Kapitels erfolgt eine Zusammenstellung aktueller Veränderungen der Jugendphase sowie der künstlerisch-kulturellen Aktivitäten im Jugendalter, ausgelöst durch die Verfügbarkeit von Medien, durch eine veränderte Kindheit u. v. a. m. Angesichts kultureller Wandlungsprozesse nachindustrieller Gesellschaften wird in der Fachdebatte das Zurücktreten künstlerisch-handwerklicher Gestaltungsakte im bildnerischen wie plastischen Bereich im Zuge zunehmend medial vermittelter, virtueller Arbeits- und sogar Lebensweltvollzüge vermerkt, die Bewertung der Phänomene fällt allerdings unterschiedlich aus. Den erweiterten Praxisbezug des Kapitels stellen ein Beispiel aus dem biographieorientierten Kunstunterricht der gymnasialen Oberstufe sowie als Kontrast eine langlaufende kunsttherapeutische Begleitung eines drogengefährdeten Jugendlichen her. Ersteres verdeutlicht die Möglichkeit subjektorientierter, vertiefter Auseinandersetzungsprozesse von Adoleszenten mit ihrer Identität im schulischen Kontext, zweites umreißt die korrigierenden, orientierenden, kompensierenden und perspektivbildenden Valenzen ästhetischer Verfahren für Adoleszente in krisenhaft erlebten und verarbeiteten Übergängen. Eine beteiligende, stringent dialogische und jugendkulturell ausgerichtete Haltung in der Herausentwicklung des gemeinsamen Arbeitsbündnisses wird an diesem Fallbeispiel auch im Spiegel der gezeigten Methode des Dialogmalens gut nachvollziehbar.

      Kapitel 6 (image Kap. 6) widmet sich dem Begriff des Traumas, der in seinen neueren Konzepten bestimmt, erarbeitet und in der Notwendigkeit einer aktualisierten, traumasensiblen Kompetenzerweiterung für viele (nicht klinische) Arbeitsfelder (bspw. Menschen mit multiplen Traumatisierungen und/oder Fluchthintergründen) umrissen wird. Traumaspezifische Reaktionen erscheinen daher nicht primär in ihrem klinischen Symptomwert, sondern in ihren möglichen Bewältigungsfunktionen; aus diesem Verstehen heraus leiten sich bedeutsame Prinzipien für die unterstützende Arbeit mit Betroffenen sowohl in stabilisierenden wie therapeutischen Settings ab. Ein um aktuelle

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