Reisen unter Osmanen und Griechen. David Urquhart
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Wir waren sehr erstaunt über die Ausdehnung und Pracht der Trümmer von Alt-Pleurona im Vergleich mit dem beschränkten Umfang der Gegend. Neu-Pleurona setzte uns noch mehr in Erstaunen. Aber Trigardon und die Menge der hellenischen Überreste, die wir jetzt nach allen Seiten hin erblickten, erfüllten uns mit Bewunderung. In dem Raum einer Tagesreise waren in diesem fast unbekannten Winkel Denkmäler des Reichtums und der Macht zusammengedrängt, die alles übertrafen, was von der Glorie des Peloponnes übrig geblieben ist. Wir müssen aber nicht vergessen, daß dies die Gefilde waren, denen des Augias Ställe den Dünger lieferten, wo Herakles’ Arm die Mistgabel führte, wo die in dieser mythologischen Sprache aufbewahrte Kunst des Ackerbaus und der Gewerbefleiß mit der Güte der Erde und dem Tribut der See gesegnet wurden. Kein Wunder daher, daß es hier gewesen sein soll, wo „der Überfluß mit seinem Füllhorn in das lachende Leben sprang.“ Deshalb waren solche Bauwerke errichtet, um die Güter zu schützen, welche die Götter verliehen, und nach dreieinhalbtausend Jahren Zeugnis zu geben von der Verfeinerung, die mit solcher Tatkraft verbunden war, von der Wissenschaft, die sich mit solchem Wohlstand vereinte.
Ein hübscher junger Mensch, den wir in Katóchi um den Weg nach Trigardon fragten, erbot sich, uns zu begleiten. Er bestieg sein Pferd und zeigte uns die interessantesten Punkte, die allein aufzufinden uns vielleicht Tage weggenommen hätten. Wir bedauerten, daß wir unser Zelt vorausgeschickt hatten und so also nur wenige Stunden zum Umherwandern hatten. Die Dichtheit des Unterholzes und besonders des Schwarzdorns, der überall unser Erzfeind gewesen war, machte den Besuch jedes einzelnen Teiles schwierig und verhinderte uns geradezu, die Stelle zu untersuchen, wo der alte Hafen gelegen haben mußte. Ein großer Turm hellenischer Bauart, noch jetzt fast fünfzig Fuß hoch, verteidigt den Hafen, wie er früher war, gegen die Stadt, und vieleckige Mauern, die sich von der Stadt her strecken und den Hafen umkreisen, sind mit den Stadtmauern durch Erdaufwürfe verbunden, die sich ersichtlich aus anderer Zeit herschreiben. Unter diesen Ruinen herrschte die vieleckige Bauart vor, entbehrte aber gänzlich des charakteristischen Altertums, das man in den zyklopischen Überresten von Tiryns oder selbst von Mykenai findet. Die Steine sind fast von gleichen Größen, schön verbunden und an den Ecken ziseliert. Während wir über die den Hafen umgebende Mauer kletterten, kamen wir zu unserem größten Erstaunen zu einem Torweg in der vieleckigen Mauer mit einem Bogen darüber. Der Bogen war sehr flach, fast halbzirkelförmig; die ihn bildenden Steine bewahrten den Charakter des Vielecks.
Obgleich dieser Bogen in einer Mauer sich befindet, von dem Baustil, der dem entferntesten Altertum angehört, so möchte ich ihn nicht gleichstellen mit den Ruinen von Pleurona und Chalkis, nicht einmal mit denen aus dem Zeitalter des Perikles. Doch möchte ich ihn in eine Zeit vor der Ankunft der Römer in Griechenland setzen, und wäre das richtig, so würde es beweisen, daß, obgleich die Bögen gewöhnlich nicht angewendet wurden, sie doch wenigstens in Griechenland bekannt waren vor der römischen Eroberung. Die Ruinen von „Kyria Iríni“ bestätigen diese Vermutung. Die Ausfalltore in den Mauern sind gewölbt, wenn auch der Bogen zuweilen nur aus zwei Steinen besteht, die von jeder Mauerseite zusammenstoßen und in einen Halbzirkel ausgehöhlt sind; zuweilen ist der Bogen aber auch aus drei Steinen gebildet, wovon der mittlere dann einen regelmäßigen Schlußstein abgibt. In demselben Ort befindet sich eine geräumige Zisterne im Felsen, die von drei Mauern durchschnitten wird und in jedem derselben sind verschiedene Bogen; aber obgleich ihre Form gotisch ist, sind sie doch nach indischem Grundsatz gebaut. Das Gewölbe im Gebäude zu Mykenai, das man gewöhnlich Agamemnons Grab nennt, ist aus einer Reihenfolge von Kreisen gebildet, die je höher je enger werden, so daß jeder Kreis ein waagerechter Bogen ist.
Trigardon (ein verdorbenes slawisches Wort, das so viel bedeutet wie „Dreistadt“) muß das alte Oiniadai sein. Jeder Zweifel daran müßte schwinden, wenn man meine Beschreibung des Hafens mit der folgenden Stelle im Polybius vergleicht, aus den Kriegen Philipps des Zweiten mit den Ätoliern. Nach dem siegreichen Einfall in Ätolien und der Bestürmung von Thermus ging Philipp zurück nach Oiniadai, wohin er seine Flotte geschickt hatte, um die Rückkehr des Heeres nach der Küste zu erwarten. Die Ätolier rüsteten sich, diesen stark befestigten Platz zu verteidigen, aber Philipps Nahen erfüllte sie mit panischem Schrecken und sie räumten die Stadt. Philipp nahm sie in Besitz, verheerte von dort aus das kalydonische Gebiet und brachte die gesammelte Beute in die Stadtmauern. Der Geschichtsschreiber sagt: „Er bemerkte die bewundernswerte Lage der Stadt, die an den Grenzen Akarnaniens und Ätoliens liegt, an der Mündung des Achelous, an dem Eingang des korinthischen Meerbusens, nur hundert Stadien von der peloponnesischen Küste, und da die Stadt durch ihre Festungswerke und das sie umgebende Moor stark ist, so beschloß er, sie noch mehr zu befestigen. Er umgab daher den Hafen und die Schiffsstation mit einer Mauer und verband sie mit der Zitadelle.1
Unser Führer erzählte uns, daß an einigen Stellen sich unterirdische Klüfte oder Altäre2 befinden, zu denen man ihn als Kind mitgenommen habe; die Seiten seien mit Gemälden3 bedeckt, aber das seien keine Heiligenbilder. Er konnte sich aber auf den Platz nicht wieder besinnen. In den Felsen ist ein Theater eingehauen, dessen rechtes und nördliches Ende durch einen Aufwurf gestützt wird, und mit vieleckigem Mauerwerk versehen ist, so wie das südliche Ende mit hellenischem und einer Treppenflucht neben den Sitzen. Die Area hält etwa fünf und dreißig Schritte; zwanzig Reihen Sitze, dreieinhalb Fuß tief, laufen rund umher, und vielleicht doppelt so viele erheben sich hinter diesen. Die Stadt ist eben so vollständig untergegangen wie ihre Zeitgenossen, aber sie ist so mit Wald angefüllt und so weitläufig, daß sie nur mit Schwierigkeiten untersucht werden kann, und noch manche unerforschte archäologische Schätze enthalten mag.
Die Sonne war nicht mehr weit vom Horizont, als wir mit Widerstreben die Trümmer verließen. Wir mußten nach Katuna zurückkehren; von da waren es noch zwei Stunden nach dem Kloster Lezini und eben so weit nach Guria, dem Dorf, wohin wir unser Zelt zum Aufschlagen geschickt hatten. Wir beschlossen, den Weg nach dem Kloster einzuschlagen. Gleich jedem Fußweg in Griechenland war der Weg nach Lezini kaum von den Schafwegen zu unterscheiden; überdies führte er über einen dichtbewachsenen Hügel, und nicht ohne uns von Herzen Glück zu wünschen (obgleich uns niemand erwartete), befanden wir uns eine halbe Stunde nach Dunkelwerden am Rande des Moors, aber - das Kloster lag mitten drinnen! Wir waren nun wirklich in Verlegenheit; eine halbe Stunde riefen und schrieen wir, aber nur Schakale antworteten uns. Was sollten wir tun? Wir waren über die Maßen müde, ebenso hungrig und besonders unlustig, eine der Alternativen zu wählen, umzukehren oder ohne Abendbrot uns niederzulegen auf die kalten Felsen zwischen dem Gequake von Myriaden Fröschen, deren unzählbare Stimmen aus dem zwanzig bis dreißig Quadratmeilen weiten Moor erschollen, und zwar so taktmäßig, daß man sie mit Pulsschlägen der Erde hätte vergleichen können. Ich entkleidete mich also, band mein Hemd rund um meinen breitrandigen Strohhut und vertraute mich den Najaden des Moors. Ich hatte mich aber in meiner Schätzung der Entfernung arg verrechnet. Die Nacht war rabenschwarz; durch das Moor führte ein Kanal nach dem Kloster; die Seiten schienen fest, aber wenn ich versuchte, mich daran zu hängen, oder hinauf zu klettern, so versank ich in dem Schlamm oder verstrickte und ritzte mich in die Dornen und das gebrochene Schilf. So wurde ich gezwungen, mich im offenen Kanal zu halten, und das Wasser, das mein Hemd und Hut erreicht hatte, drückte mir nun den Kopf nieder und drang mir in die Ohren. In dieser wahrhaftig nicht beneidenswerten Lage schwamm ich langsam fort, als ich plötzlich sah, denn hören konnte ich gar nichts, daß ein Boot dicht bei mir im Begriff war, mich zu überfahren. Ich schrie auf mit all dem Ausdruck, den ein plötzlicher Schrecken und ein Mundvoll Wasser verleihen. Der Schiffer war nicht um ein Haar weniger erschreckt von dem unmenschlichen Schrei aus dem Wasser und dem Anblick einer weißen, schwimmenden Substanz, gleich einer ungeheuren Wasserlilie, unter welcher Gestalt sich die Leute den Nix oder Moorgeist denken. Er schrie und brüllte, fuhr mit aller Macht davon, stieß gegen das Ufer, taumelte Hals über Kopf und verlor seine Stange. Dann plätscherte er zurück zum Kloster mit der Bank aus dem Boot. Ich konnte nichts tun als ihm nachschwimmen, als ich glücklicherweise auf ein Schilfbündel stieß, mich daran hing, um auszuruhen und so einen Augenblick lang mein Haupt mit der nassen Last aus dem Wasser heben konnte. Da traf mein Ohr der nicht weit entfernte Ruf: „Wer da? Zurück! Sprich, oder ich schieße!“ und erst nach viertelstundenlangen Versicherungen