Reisen und Entdeckungen im südlichen Afrika. David Livingstone

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Reisen und Entdeckungen im südlichen Afrika - David Livingstone Edition Erdmann

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wusste alles, was im ganzen Land vorging, denn er verstand sich auf die Kunst, die Zuneigung sowohl seines eigenen Volkes als die der Fremden sich zu erwerben. Sooft ein Trupp armer Leute nach seiner Stadt kam, um ihre Häute oder Hacken zu verkaufen, so plump sie auch waren, so lernte er sie bald alle kennen. Eine Gesellschaft dieser armen Fremdlinge, welche von den vornehmeren Makololo getrennt um ihren Häuptling herumsitzen, würde sehr überrascht gewesen sein, wenn er allein gekommen wäre, sich zu ihnen gesetzt und sie gefragt hätte, ob sie hungrig seien. Er pflegte gewöhnlich einen Begleiter mit Mehl, Milch und Honig zu schicken, mischte diese drei Speisen in ihrer Gegenwart untereinander, um ihnen jeden Argwohn zu nehmen, und setzte ihnen ein königliches Gericht – vielleicht das erste in ihrem ganzen Leben – vor. Unaussprechlich entzückt von seiner Leutseligkeit und Freigebigkeit, schlossen sie sich an ihn an und erteilten ihm jede Auskunft, welche sie nur zu geben imstande waren; und da er nie eine Gesellschaft Fremder von dannen ziehen ließ, ohne jedem von ihnen, bis auf den letzten Diener herab, ein Geschenk zu reichen, so wurde sein Lob nah und fern verkündigt und ausgebreitet. »Er hat ein Herz, er ist weise!«, hörten wir gewöhnlich von ihm sagen, ehe wir ihn noch sahen.

      Der Beweis von Vertrauen, welchen wir ihm dadurch gegeben hatten, dass wir unsere Kinder mitbrachten, erfreute ihn sehr, und er versprach, uns mitzunehmen und uns sein Land zu zeigen, damit wir uns selber einen Ort für unsere künftige Niederlassung wählen könnten. Unser Plan ging dahin: Ich sollte dableiben und meinen Zweck als Missionar verfolgen, während Oswell den Zambesi nach Osten hin erforschte. Der arme Sebituane aber hatte kaum seinen so lange gehegten heißen Wunsch in Erfüllung gehen sehen, als er an einer Lungenentzündung erkrankte, welche von einer alten, in Melita erhaltenen Wunde herrührte. Ich sah die Gefahr, in welcher er schwebte; da ich aber ein Fremder war, fürchtete ich mich, ihn in ärztliche Behandlung zu nehmen, um im Fall seines Todes nicht von seinem Volk getadelt zu werden. Ich erwähnte dies gegen einen seiner Doktoren, und dieser meinte: »Deine Furcht ist klug und weise; diese Leute würden dich tadeln.« Ein Jahr zuvor war er von dieser Krankheit durch die Barotse geheilt worden, welche ihm eine Anzahl feiner Einschnitte in die Brust machten. Die Makololo dagegen ritzten ihm jetzt kaum die Haut. An dem Sonntagnachmittag, an dem er starb, besuchte ich ihn nach vollbrachtem Gottesdienst mit meinem kleinen Robert. »Komm näher«, sagte Sebituane, »und sieh, ob ich noch ein Mann bin; es ist um mich geschehen.« Er fühlte so deutlich den gefährlichen Charakter seiner Krankheit, dass ich ihn darin zu bestärken wagte und nur eine einzige Äußerung hinsichtlich der Hoffnung nach dem Tod hinzufügte. »Warum sprichst du vom Tod?«, fragte einer der neu angekommenen Doktoren; »Sebituane wird niemals sterben.« Hätte ich auf meiner Ansicht bestanden, so würde ich mich dem Argwohn ausgesetzt haben, dass ich durch weiteres Sprechen über diesen Gegenstand seinen Tod herbeiwünschte. Nachdem ich einige Zeit neben ihm gesessen und ihn der Gnade Gottes anempfohlen hatte, stand ich auf und wollte mich entfernen; da richtete sich der sterbende Häuptling so gut er konnte von seinem Lager auf, rief einen Diener herbei und sagte: »Bringe Robert zu Manuku (eines seiner Weiber) und sage ihr, sie solle ihm etwas Milch geben.« Dies waren Sebituanes letzte Worte.

      Wir erfuhren seinen Tod erst am anderen Tage. Das Begräbnis eines Betschuanen-Häuptlings findet in seiner Viehhürde statt, und sein sämtliches Vieh wird eine oder zwei Stunden lang um das Grab herum und über dasselbe hinweggetrieben, sodass es ganz unkenntlich gemacht und vertilgt wird. Wir gingen nun zu seinen Leuten, sprachen mit ihnen und gaben ihnen den Rat, zusammenzuhalten und den Erben zu unterstützen. Dies nahmen sie freundlich auf und baten uns dagegen, außer Sorgen zu sein, denn es falle ihnen nicht ein, den Tod ihres Häuptlings uns beizumessen; Sebituane sei eben nur den Weg seiner Väter gegangen; und obschon der Vater nun verschieden sei, habe er doch Kinder hinterlassen, gegen welche wir hoffentlich ebenso freundlich sein würden, wie wir es gegen ihn gewesen seien.

      Sebituane war entschieden der beste eingeborene Häuptling, den ich jemals kennenlernte. Nie zuvor war mir der Tod eines schwarzen Mannes so nahegegangen, und ich musste ihm unwillkürlich mit meinen Gedanken in jene andere Welt folgen, von welcher er erst in dem Augenblick gehört hatte, als er aus dem Leben abgerufen wurde; ich fühlte unwillkürlich die Empfindungen derjenigen, welche für die Toten beten. Die tiefe dunkle Frage, was aus einem Mann wie Sebituane nach dem Tod werden möge, müssen wir übrigens unerörtert lassen und uns dem Glauben hingeben, dass der Richter der Welt gewiss recht tun wird.

      Mit Sebituanes Tod ging, nach ihres Vaters eigener Absicht, die Häuptlingsstelle auf eine Tochter namens Mawotschisane über. Er hatte seiner Zusage gemäß uns sein Land zeigen und uns eine passende Örtlichkeit zu unserem künftigen Wohnplatz wählen lassen wollen. Wir hatten uns nun an die Tochter zu halten, welche zwölf Tagereisen nordwärts, zu Naliele, wohnte. Daher mussten wir hier bleiben, bis eine Botschaft von ihr kam; und als diese endlich eintraf, gab sie uns unbeschränkte Erlaubnis, jeden beliebigen Teil des Landes zu besuchen. Oswell und ich setzten also unsere Reise 130 Meilen weiter nach Nordosten bis nach Sescheke fort; und Ende Juni 1851 sahen wir uns durch die Entdeckung des Zambesi, im Zentrum des Kontinents, belohnt.

      Das Land, welches wir vom Tschobe aus durchreist hatten, war vollkommen flach, diejenigen Stellen ausgenommen, an welchen große Ameisenhaufen oder die Überreste von solchen standen, welche immer noch Erdhaufen von einigen Fuß Höhe bildeten. Diese sind mit wilden Datteln und Palmyra-Palmen bedeckt, an einigen Punkten finden sich auch Mimosen- und Mopane-Wälder. Die Gegend zwischen dem Tschobe und Zambesi wird von Zeit zu Zeit unter Wasser gesetzt, und man trifft häufig große Strecken Sumpf in der Nähe des Tschobe oder an seinen Ufern. Die Makololo bewohnten diese Sumpfgegend, da ihnen das tiefe Schilf Schutz vor ihren Feinden gewährte.

      Obwohl ich jetzt nach einer passenden Örtlichkeit zu einer Niederlassung suchte, konnte ich es doch mit meinem Gewissen nicht verantworten, sie zu veranlassen, lediglich um meiner Bequemlichkeit willen ihre sicheren Wohnplätze aufzugeben. Die gesünderen Bezirke boten keinen derartigen Schutz, ihre sicheren Wohnorte waren aber so nachteilig für Leben und Gesundheit, dass die ursprünglichen Eingeborenen des Landes, die Basutos, fast ganz und gar vom Fieber aufgerieben worden waren. Dieser Gefahr mochte ich jedoch meine Familie nicht aussetzen.

      Da wir die ersten Weißen waren, welche den Einwohnern jemals zu Gesicht gekommen waren, hatten wir einen ungeheuren Zulauf von neugierigen Besuchern. Unter den Ersten, welche kamen, war ein angesehener Mann in einem bunten kattunenen Schlafrock. Außerdem trugen viele von den Makololo Kleidungsstücke von blauem, grünem und rotem Boy sowie von gedrucktem Kattun, und wir erfuhren auf unsere Erkundigungen, dass diese Stoffe gegen Knaben von dem Mambari-Stamm in der Nähe von Bihe eingetauscht worden waren. Dieser Stamm begann den Sklavenhandel mit Sebituane erst im Jahr 1850, und wenn uns Letschulatebe nicht gehindert hätte, sein Land zu durchreisen, so hätten wir Sebituane noch zeitig genug erreichen können, um jenen Handel noch im Entstehen zu unterdrücken. Die Mambari besuchten in früheren Zeiten den Häuptling der Barotse, welchen Sebituane bezwungen hatte, und jener verbot seinen Leuten allen Kinderhandel. Sie kamen auch nicht wieder bis zum Jahr 1850, und da sie eine Anzahl alter portugiesischer Musketen mit dem Stempel »Legitimo de Braga« hatten, von welchen Sebituane sich treffliche Dienste bei einem künftigen Einfall der Matebele versprach, so erbot er sich, diese den Mambari um Vieh oder Elfenbein abzukaufen; allein sie wollten sie nur gegen vierzehnjährige Knaben hergeben. Die Makololo erklärten, sie hätten bis dahin nie etwas vom Menschenhandel gehört und einen Abscheu davor gehabt, allein das Verlangen nach den Gewehren trug den Sieg davon, und acht alte Flinten wurden gegen ebenso viele Knaben ausgetauscht, welche jedoch nicht ihre eigenen Kinder, sondern Gefangene aus den von ihnen bezwungenen schwarzen Stämmen waren. Es ist mir in Afrika nie ein Beispiel vorgekommen, dass ein Vater sein eigenes Kind verkauft hätte. Die Makololo wurden später veranlasst, einen Streifzug gegen einige östliche Stämme zu machen, und kamen mit den Mambari überein, dass diese ihnen ihre Gewehre zum Angriff leihen sollten unter der Bedingung, denselben ihre Gefangenen zu überlassen und das erbeutete Vieh für sich selber zu behalten. Jene schleppten in dem betreffenden Jahr mindestens zweihundert Gefangene davon. Während jenes Streifzuges stießen die Makololo auf einige Araber aus Zanzibar, welche ihnen drei englische Musketen schenkten und dagegen ungefähr dreißig ihrer Gefangenen erhielten.

      Als ich mit meinem Begleiter

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