In die unbegrenzte Weite. Karoline von Günderrode
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Читать онлайн книгу In die unbegrenzte Weite - Karoline von Günderrode страница 12
Färbet bleicher mich;
Bleicher, bis mich hat umschlungen,
Sie, aus der ich halb entsprungen,
Die verhüllte Nacht.
In ihre Tiefen führt mich ein Verlangen
Mein Auge schauet noch der Sonne Pracht
Doch tief im Thale hat sie mich umpfangen
Den Dämmerschein verschlingt schon Mitternacht.
Wandrer
O führe mich! du kennest wohl die Pfade
Das alte Reich der dunklen Mitternacht;
Hinab will ich ans finstere Gestade
Wo nie der Morgen, nie der Mittag lacht.
Entsagen will ich jenem Tagesschimmer
Der ungern uns der Erde sich vermählt,
Geblendet hat mich, trüg’risch, nur der Flimmer,
Der Ird’sches nie zur Heimath sich erwählt.
Vergebens wollt’ den Flüchtigen ich fassen,
Er kann doch nie vom steten Wandel lassen.
Drum führe mich zum Kreis der stillen Mächte,
In deren tiefem Schoos das Chaos schlief,
Eh, aus dem Dunkel ew’ger Mitternächte,
Der Lichtgeist es herauf zum Leben rief.
Dort, wo der Erde Schoos noch unbezwungen
In dunkle Schleier züchtig sich verhüllt,
Wo er, vom frechen Lichte nicht durchdrungen,
Noch nicht erzeugt dies schwankende Gebild
Der Dinge Ordnung, dies Geschlecht der Erde!
Dem Schmerz und Irrsal ewig bleibt Gefährte.
Führer
Willst du die Götter befragen,
Die des Erdballs Stützen tragen,
Lieben der Erde Geschlecht,
Die in seliger Eintracht wohnen,
Ungeblendet von irdischen Sonnen,
Ewig streng und gerecht;
So komm, eh ich mein Leben ganz verhauchet,
Eh mich die Nacht in ihre Schatten tauchet.
Horch! es heulen laut die Winde,
Und es engt sich das Gewinde
Meines Wegs durch Klüfte hin.
Die verschloß’nen Ströme brausen,
Und ich seh mit kaltem Grausen
Daß ich ohne Führer bin.
Ich sah ihn blässer, immer blässer werden,
Und es begrub die Nacht mir den Gefährten.
In Wasserfluthen hör ich Feuer zischen
Seh wie sich brausend Elemente mischen;
Wie, was die Ordnung trennet, sich vereint.
Ich seh, wie Ost und West sich hier umpfangen,
Der laue Süd spielt um Boreas Wangen,
Das Feindliche umarmet seinen Feind
Und reißt ihn fort in seinen starken Armen:
Das Kalte muß in Feuersgluth erwarmen.
Tiefer führen noch die Pfade
Mich hinab, zu dem Gestade
Wo die Ruhe wohnt,
Wo des Lebens Farben bleichen,
Wo die Elemente schweigen
Und der Friede thront.
Erdgeister
Wer hieß herab dich in die Tiefe steigen
Und unterbrechen unser ewig Schweigen?
Wandrer
Der rege Trieb: die Wahrheit zu ergründen!
Erdgeister
So wolltest in der Nacht das Licht du finden?
Wandrer
Nicht jenes Licht das auf der Erde gastet
Und trügerisch dem Forscher nur entflieht,
Nein, jenes Urseyn das hier unten rastet
Und rein nur in der Lebensquelle glüht.
Die unvermischten Schätze wollt’ ich heben
Die nicht der Schein der Oberwelt berührt
Die Urkraft, die, der Perle gleich, vom Leben
Des Daseyns Meer in seinen Tiefen führt.
Das Leben, in dem Schoos des Lebens schauen;
Wie es sich kindlich an die Mutter schmiegt
In ihrer Werkstatt die Natur erschauen,
Sehn, wie die Schöpfung ihr am Busen liegt.
Erdgeister
So wiß! es ruht die ew’ge Lebensfülle
Gebunden hier noch in des Schlafes Hülle
Und lebt und regt sich kaum,
Sie hat nicht Lippen um sich auszusprechen,
Noch kann sie nicht des Schweigens Siegel brechen,
Ihr Daseyn ist noch Traum.
Und wir, wir