Liä Dsi. Laotse
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![Liä Dsi - Laotse Liä Dsi - Laotse Fernöstliche Klassiker](/cover_pre935823.jpg)
Wesentlich anders liegen die Verhältnisse mit dem anderen Philosophen, dessen Anschauungen unserem Werke einverleibt sind: Yang Dschu. An seiner Existenz hat noch niemand gezweifelt. Dazu hat er zu tiefe Spuren im chinesischen Geistesleben hinterlassen. Das »Hic niger est, hunc tu, Romane, caveto«, das ihm der eifrige Konfuzianerprediger Menzius in China für alle Zeiten angeheftet, hat seinen Namen als den eines Erzketzers unvergeßlich gemacht. Aber damit sind wir auch so ziemlich am Ende unserer Kenntnisse über ihn angelangt. Zum Glück haben sich seine Lehren unter dem Namen und Buch des Liä Dsï einen Deckmantel geschaffen, der sie vor der Vernichtung bewahrt hat, die sonst wohl ihr sicheres Teil geworden wäre. Wann Yang Dschu gelebt hat, ist ungewiß. Wir werden wohl am sichersten gehen, wenn wir ihn für einen Zeitgenossen des Liä Dsï erklären. Nach II, 15, wo übrigens der Text nicht ganz in Ordnung zu sein scheint, könnte man schließen, daß er aus dem Staate Pe im Südwesten des damaligen China stammte. Dort wird eine sehr hübsche Geschichte von ihm erzählt, wie er mit Laotse zusammentraf und durch die Selbstzufriedenheit in seinem Blick des Alten Mißfallen erregte, eine Verfehlung, die er nachträglich durch sein Benehmen so sehr wieder gutgemacht hat, daß die Leute in der Herberge, die zuerst dem vornehmen Herrn scheu ausgewichen waren, ihn hinterher als ihresgleichen betrachteten und ihm den Platz an der Ofenecke streitig machten. So gut erfunden die Geschichte ist, möchten wir sie doch nicht gern als historisches Dokument zur Festlegung der Zeit, in der er gelebt hat, verwerten.
Sonst erfahren wir noch von ihm, daß er einen jüngeren Bruder Yang Bu gehabt hat, mit dem er offenbar auf gutem Fuße stand (s. VII, 8; VIII, 24), sowie gleichgesinnte Freunde (s. IV, 9; VI, 6), die ähnlich wie der fröhliche Amalekiterkönig Agag (1. Sam. 15, 32) es verstanden, des Todes Bitterkeit zu vertreiben. Auch Jünger hatte er in großer Zahl, darunter einen Sproß eines der Adelsgeschlechter von Konfuzius Heimatstaat Lu, namens Meng Sun Yang. Wie er gelebt und gestorben, darüber ist nichts Näheres bekannt. Sein Wesen hat einen überaus modernen Zug. Das Motto, das Kierkegaard den Papieren des Ästhetikers in seinem Entweder/Oder vorangestellt hat:
»Grandeur, savoir, renommée,
Amitié, plaisir et bien,
Tout n’est que vent, que fumée:
Pour mieux dire, tout n’est rien«
könnte man ohne weiteres auch auf ihn anwenden. Einer dekadenten Zeit entsprungen, entnimmt er dem Taoismus, den er seiner übernatürlichen Elemente entkleidet, einen dämonischen Pessimismus, für den es schließlich überhaupt keine feste Grenze mehr gibt, und der auch noch den ruhigen Eudämonismus eines Epikur dahinten läßt, indem er der Weisheit letzten Schluß darin findet, sich auszuleben und als uninteressierter Beobachter zu verfolgen, was Leben und Tod für Ereignisse bringen. Von Schopenhauers asketischem Pessimismus ist er weit entfernt, aber er besaß Geist, und so vermochte er das Spiel der Verwesung eines ganzen Zeitalters, das in ihm sich entfaltet, mit einem faszinierenden Schimmer zu umgeben, der verführerisch wirkte auf weite Kreise und die chinesische Nation vielleicht ihrer Auflösung entgegengeführt hätte, wenn sie sich nicht in dem eben genannten Menzius auf die gesunden Gesellschaftsinstinkte besonnen hätte, die ihr die Lebensarbeit Kungtse’s aus der Vergangenheit herübergerettet hatte.
Der dritte große Zeitgenosse, der etwas nüchterne und weitschweifige, aber edle und wohlmeinende Philanthrop Mo Di, der Verkündiger der »allgemeinen Menschenliebe«, den Menzius mit Yang Dschu zusammen am selben Galgen aufgehängt hat, taucht mehr nur in schattenhaften Umrissen am Horizonte auf (II, 21; V, 14; VII, 11; VIII, 12). Die Art, wie in unserem Buche von ihm geredet wird, läßt ihn mit Kungfutse und den von ihm anerkannten Idealen der Vorzeit in derselben Richtung befindlich erscheinen.
Kungtse selbst und die Seinen nehmen einen hervorragenden Platz ein. Der Meister hat noch nicht den offiziellen Heiligenschein des »ungekrönten Kaisers« um den Kopf. Er ist wohl der berühmte Mann, der mit den Heiligen der grauen Vorzeit auf derselben Stufe steht (s. III, 7; VIII, 7) und an den man sich in allen Nöten des Lebens um Rat und Hilfe wenden kann (s. VIII, 13; III, 9), daneben aber zeigt er durchaus menschliche Züge. Er kommt wohl einmal in Verlegenheit durch naseweise Fragen (V, 8), anderseits zeigt er sich als feiner Menschenkenner (I, 6) und weiß die Erlebnisse, die ihm entgegenkommen, auf ihren inneren Gehalt hin anzusehen und sie als praktische Beispiele der Belehrung seinen Schülern gegenüber zu verwenden (II, 8, 9, 10), ganz in der Art, wie wir das auch von den aus seiner Schule stammenden »Gesprächen« her kennen. Die schönste und wohlwollendste Kritik seines Lebenswerks finden wir in dem Gespräch mit seinem Lieblingsjünger Yän Hui (IV, 1), wo er es als den Kummer seines Lebens ausspricht, daß das, was er erstrebt, die Erlösung der Welt, sich nicht mit äußeren Regeln nach einem festen Rezept durchführen lasse, und daß das Beste, was einer an Wahrheitsgehalt besitze, sich der Mitteilung überhaupt entziehe. So finden wir die Beurteilung des großen Meisters durchaus unbefangen. Wohl kommt es einmal vor, daß Laotse in einer griesgrämigen Laune einem Mann gegenüber, der bei Konfuzius sich Rat holen wollte, was er mit seinem verrückten Sohne anfangen solle, und aus Versehen an ihn geraten war, den Konfuzius als Urheber aller Konfusion bezeichnet (s. III, 9). Aber diese Stellung des Alten ist ja auch aus anderen Quellen bekannt. Und andere Stellen zeigen ebenso vorurteilslos, was Kungtse von Laotse und den Seinen denkt, wie z. B. das Gespräch mit jenem Beamten, der durchaus eine Antwort von ihm haben wollte auf die Frage, wer denn heilig sei, wo er zuletzt mit »veränderter Miene« den Mann im Westen erwähnt,