Codename: Ghost. Sawyer Bennett
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Wieder sagt er etwas zu mir, das ich in einer Million Jahre nicht verstehen werde. Genauso verstehe ich das zischende Geräusch nicht, das ich höre.
Plötzlich explodiert sein Kopf in einer Wolke aus Blut, Knochen und Hirn.
Mortimer flucht scharf. Zumindest glaube ich das, und dann höre ich noch ein zischendes Geräusch und sein Kopf explodiert ebenfalls.
Beide Männer fallen auf den Wüstenasphalt, Bill mir direkt vor die Füße. Erstarrt sehe ich zu, wie Blut aus dem herausläuft, was von seinem Kopf übrig ist, und wie die Pfütze auf meine dreckigen Socken zukommt. Sie glänzt im Mondlicht und sieht beinahe schön aus.
Und dann begreife ich.
Ich bin frei.
Ich sehe auf, blinzele in die Nacht, doch der Schein von Mortimers Lagerfeuer macht es unmöglich, viel zu sehen.
„Hände hoch“, befiehlt eine amerikanische Stimme am Rand der Dunkelheit.
Ohne zu zögern, hebe ich die gefesselten Hände und sehe mich um.
Und dann treten Schatten aus der Schwärze. Meine Teamkameraden von Jameson. Tank und Merritt, mit einer Handvoll anderer Männer, alle in Tarnkleidung und bis an die Zähne mit Gewehren und Granaten bewaffnet.
Im Juni waren Tank und Merritt zusammen mit mir auf einer Mission, um Geiseln zu befreien, als wir in eine Falle gerieten. Bis jetzt hatte ich keine Ahnung, ob sie überlebt haben. Mir wird schwindelig, als mir bewusst wird, was ich hier sehe. Ich hatte sämtliche Hoffnungen aufgegeben, dass dies je geschehen wird.
Plötzlich steht mein Freund Cage Murdock vor mir und meine Beine geben nach. Er schlingt die Arme um mich und hält mich aufrecht. Tank und Merritt kommen näher, um mich genauer zu betrachten, während die anderen Männer die Überreste von Bill und Mortimer untersuchen.
„Ich habe dich, Kumpel“, versichert mir Cage. „Keine weiteren Wächter, oder?“
Ich schüttele den Kopf. „Ich glaube nicht. Ich habe immer nur zwei gesehen.“
Tank sieht sich um und nickt zu der Hütte, in der ich gefangen war. „Wir beobachten alles seit ein paar Tagen. Haben auch sonst niemanden gesehen, aber wir müssen sichergehen.“
„Wir sind sicher“, murmele ich, obwohl ich mir momentan über gar nichts sicher bin.
„Gut“, antwortet Cage und lächelt, tätschelt nicht sehr hart meine Schulter. „Das bedeutet, wir können deinen Arsch nach Hause bringen. Ich wette, das gefällt dir, was?“
Ich knirsche mit den Zähnen und weiß, dass meine Antwort niemals gut genug wäre. Stattdessen gebe ich der Wüste, was ich monatelang zurückgehalten habe.
Ich lasse meinen Tränen freien Lauf.
Kapitel 2
Anna
Es ist erstaunlich, wie effizient ich geworden bin, Avery und mich morgens fertig zu machen. Nicht, dass es besonders schwer wäre, ein vier Monate altes Baby zu versorgen. Ich bade sie abends, sodass ich morgens hauptsächlich die Windel wechseln muss, ihr das niedlichste Outfit anziehe, das ich unbedingt habe kaufen müssen, und sie stillen. Letzteres dauert am längsten, aber es ist auch das Schönste. Fast meditierend sehe ich meiner Tochter zu, wie sie sich ihren Lebenssaft von mir holt.
Danach dusche ich schnell und betrachte Avery in ihrem Maxi-Cosi durch die Duschtür. Dann föhne ich mir die Haare, lege etwas Make-up auf und bin nach anderthalb Stunden aus der Tür, bringe Avery zu meiner Mutter und fahre zur Arbeit.
Ich muss daran denken, wie anders alles wäre, wenn die Umstände anders wären. Zum Beispiel wie viel einfacher, würde ich meiner Mutter nachgeben und zu ihr ziehen, damit sie sich um uns beide kümmern kann. Sie versteht einfach nicht, wie wichtig mir meine Unabhängigkeit ist.
Oder wie viel leichter es wäre, Avery zu versorgen, wenn Jimmy noch bei mir wäre.
Mein Ehemann ist vor sechs Monaten in Syrien umgekommen, als eine Mission schiefging. Jimmy ist der Typ Mann gewesen, der darauf bestanden hätte, sich ebenfalls um Avery zu kümmern. Er hätte Windeln gewechselt und sie morgens angezogen, da ich ja diejenige bin, die sie stillt. Doch auch da wäre er dabei gewesen. Er hätte sich neben mich auf die Couch gesetzt, mich in seine starken Arme genommen und sie genauso verträumt angesehen wie ich, denn sie ist unser kleines Wunder.
Zumindest glaube ich, dass er so gewesen wäre.
Die Zeit vernebelt den Menschen den Verstand, genau wie das Schicksal, schwanger mit dem ersten Kind zur Witwe zu werden. In Wahrheit hatten Jimmy und ich uns erst zwei Jahre gekannt, bevor er gestorben ist. Wir waren beide in der Army und lernten uns kennen, als wir in Ft. Bragg, North Carolina, stationiert waren. Es war eine wilde Romanze, eine versehentliche Schwangerschaft und eine schnelle Heirat. Manch einer mag sagen, dass ich gar nicht voraussagen könne, wie Jimmy als Vater gewesen wäre, denn ich kannte ihn kaum, aber das stimmt nicht. Jimmy war die Art Mensch, der Avery und mich sein ganzes Leben lang abgöttisch geliebt hätte. Nur weil er uns genommen wurde, bevor er das beweisen konnte, heißt das nicht, dass ich diese Tatsache nicht weiß.
Trotz allem will ich eins beweisen: dass ich die starke und unabhängige Frau bin, die Jimmy so bewundert hat. Das hat ihn an mir sofort angezogen. Obwohl er kein Problem damit hätte, dass ich mich auf meine Mutter stütze – was ich mit Sicherheit nach seinem Tod auch getan habe –, würde er von mir erwarten, dass ich Avery ein Vorbild dafür bin, dass man auch mit Schicksalsschlägen im Leben fertig werden kann. Und das versuche ich, indem ich einen Schritt nach dem anderen gehe und weitermache.
Täglich sage ich mir selbst: Du schaffst das, Anna.
Doch heute, während ich Avery im Auto festschnalle, habe ich meinen schwachen Moment. Einmal jeden Tag gebe ich mich der Trauer, dem Selbstmitleid und den Tränen hin. Ich habe noch nicht herausgefunden, wie ich das loswerden kann, aber der Moment dauert meist nicht lange. Manchmal ist es nur ein dumpfer Schmerz in meiner Brust und ein Brennen der Tränen in den Augen, wenn ich an Jimmy denke.
An anderen Tagen kann ich mich nicht zurückhalten. Während Avery babymäßig vor sich hin plappert und eine Rassel in ihrer winzigen Faust hält, rollen mir warm die Tränen über die Wangen. Es tut weh, das heftige Schluchzen zu unterdrücken, das sich den Weg freimachen will. Ich sacke gegen den Türrahmen, atme durch und verfluche den Himmel, dass er mir den Ehemann und Avery den Vater genommen hat. Kurz gebe ich mich dem Selbstmitleid hin, denn es ist verdammt schwer, eine junge Witwe und alleinerziehende Mutter zu sein. Das habe ich nicht verdient.
Dann fällt mein Blick auf Avery und sie sieht mich nachdenklich an. Ihr Blick ist stechend, und ich glaube, sie weiß, dass ihre Mutter einen schwachen Moment hat. Mit dem Handrücken wische ich die Tränen fort, schniefe durch die Nase und lächele mein kleines Mädchen an. Sie antwortet, indem sich ihre kleinen Mundwinkel heben und sie grinst. Sie schwingt die Rassel und stößt einen kleinen Quietscher aus, der eines Tages sicher ein wunderschönes Kichern werden wird.
Und schon ist mein Moment vorbei.
Ich beuge mich vor