Die Suche hat ein Ende. Mario Walz
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Hm. Früher – als Jugendlicher – war ich bei weitem nicht so optimistisch. Ich war eher ein Zwangspessimist. Habe immer das schlechte erwartet. So war ich dann nicht überrascht, wenn sich die Befürchtungen bewahrheiteten. Sehr witzig. Aber seit ich mein eigenes Leben gefunden hatte und meinen Gefühlen folge, hat sich alles komplett verändert.
Im Vergleich zu den meisten Menschen lebe ich ganz anders. Ich bin ganz anders. Das war auch schon in meiner Kindheit und Jugend so. Es existierte etwas in mir, das mich von den anderen Kindern absonderte, isolierte. Und dieses Anderssein bedrückte mich. Oft fragte ich mich: Warum nur bin ich so anders? Ich empfand diese Andersartigkeit als Leid und oft betete ich, so sein zu können, wie die anderen. Aber ich war und bin einfach anders.
Und ich war schon so, als ich das allererste Mal auf diesen Planeten kam, um diese neu erschaffene Welt kennenzulernen, um zu helfen sie aufzubauen. Wie aufregend das alles war. Eine Realität, die so fest war, so dicht und in der es diese unfassbare Vielfalt an Gefühlen gab. Im Gegensatz zu der farbenfrohen Wildheit der ersten irdischen Tage ist das Dasein heutzutage recht behäbig und eintönig. Das Leben heute hat einfach andere Qualitäten.
Ich bin heute viel ruhiger als in meinen ersten Leben. Nein. Es ist eher so, als hätte ich alles erreicht, was ich erleben wollte, und jetzt fehlt nur noch diese eine Erfahrung, die Königserfahrung. Und diese finde ich nicht in geschäftigem Tun oder abenteuerlichem Treiben, sondern inmitten des absoluten Nichts.
Was nicht heißt, dass ich mich hier einem klösterlichen Dasein hingebe. Oh nein. Im Gegenteil sogar: Das Genießen all dessen, was im irdischen Körper angeboten ist, die Fülle in jedem Moment zu spüren, da geht es lang.
Meine Gedanken bleiben an den hellen Streifen am Himmel hängen ...
So langsam neigt sich die Sonne dem Horizont. Zenon und Millennia sind heruntergekommen und beginnen laut lachend irgendein Spiel zu spielen. Es ist Zeit, sich mit den Kindern zu beschäftigen und mich der abendlichen Routine hinzugeben. Petra kommt heute erst sehr spät nach Hause, sodass ich den Abend allein verbringe. Ob ich mich der Hypnose eines Spielfilmes hingeben sollte? Aber irgendwie war der Tag zu schön um durch hektische Bilder, die sich nachhaltig ins Bewusstsein brennen, geschmälert zu werden. Ich wanke, ob ich weiter diesen Roman zu Ende lesen sollte, oder doch besser eine Betrachtung physikalischer Theorien. Und entscheide mich für eines meiner Lieblingscomics. Auch wenn jetzt gute Musik dazu passen würde, lasse ich doch die Dunkelheit klingen.
Nachts hören sich all die Geräusche des Hauses viel interessanter an. Manche Geräusche kommen wohl auch kaum vom Haus, aber ich störe mich nicht daran. Wenn ich ständig daran denken würde, dass mich die anderen beobachten, könnte ich ja nicht mehr normal leben, oder?
Da ist es doch ganz gut, dass das Bewusstsein sich nur das heraussucht, was es gerade erfahren mag.
Gewohnheitsgemäß schlafen die Kinder in seliger Ruhe. Es ist wirklich erstaunlich, wie großartig die drei sind. Ist es uns zu verdanken? Oder liegt es einfach daran, dass wir ein derart großes Glück und problemfreie Kinder bekommen haben?
Ich betrachte im Dunklen ihre süßen Gesichter und kann mich stundenlang in dieser Schönheit verlieren. Aber auf Dauer ist es ungemütlich, auf dem kleinen Holzpferd zu stehen, um die beiden im Hochbett liegenden Engel zu betrachten. Ich steige vom Pferd, gehe noch mal ins Badezimmer und dann zu Bett. Ein Blick in den dunklen Himmel: Endlich wieder Sterne.
Schon als Kind stand ich am Fenster und betrachtete den nächtlichen Sternenhimmel. Zu jener Zeit ging es mir nicht besonders gut. Aber ich hatte mir dieses Dasein ausgesucht, um alles Erfahrene noch einmal zu erleben. Und in den ersten Jahren – naja es waren wohl fast 22 – hatte ich mein wahres inneres Wesen vergessen.
Sicher, es gab Ahnungen und nebulöse Gefühle. Unverstandene Wahrnehmungen und erschreckende Träume. Das Alleinsein zog mich unter das Dachfenster, wo ich vergeblich auf das Erscheinen meiner Freunde aus früheren Zeiten wartete. Aber sie ließen lange – zu lange – auf sich warten.
Und so starre ich zu den Sternen, sehe die Lichter der uns sichtbaren Sonnen und versuche an der Farbe des Lichtes herauszufinden, ob es sich um Sterne oder Satelliten handelt. Ich schlafe ein und in meinen Träumen begegnen sich Wünsche, Hoffnungen und Erinnerungen.
Ich sitze in meinem Auto, höre Violent Femmes und bin auf dem Weg zu meinem neuen Auftrag. Im Gegensatz zu früher bereite ich mich nicht mehr durch meditative Gesänge auf meine Arbeit vor. Ich weiß, dass ich ständig im Kontakt bin. Nein, dass alles, was ich benötige, in mir liegt. Jederzeit und augenblicklich abrufbar. So, wie ich ohne nachzudenken den Button an meinem Handy drücke, um einen Anruf entgegen zu nehmen.
Der Geruch nach altem Schaumstoff und das Chrom am Lenkrad geben mir ein gutes Gefühl. Der Wagen schnurrt gemütlich über die Landstraße. Ich habe keine Eile. Ich bin immer pünktlich. Ohne auf die Uhr zu schauen, meinem inneren Gefühl folgend, das irgendwann sagt: Go! Da ist es egal, ob ich eine Stunde noch im Stau stehen muss, oder beim Tanken aufgehalten werde. Oder ob ich nur fünf Minuten von meinem Ziel entfernt bin: irgendwie ist das alles inbegriffen. Ich bin immer pünktlich, ohne mir dahin gehend Mühe zu geben.
Wir fließen also in Richtung Haus meines Auftraggebers. Es liegt recht abseits in einem Tal, das schon beim Durchfahren eine dumpfe Schwere erahnen lässt, durch die das morgendliche Sonnenlicht kaum durchdringen kann. Im Oberbergischen existieren viele Täler, die unter solch einer Düsternis leiden.
Es handelt sich um ein altes Haus, was ja zu erwarten war. Umgeben von ähnlichen Bauernhäusern, schmiegt es sich an einen die Sonne verdeckenden Hügel. Es ist kühl als ich aussteige. Die Sonne konnte ihre Kraft noch nicht entfalten und ihre Strahlen erreichen das Haus noch nicht. Eine Frau und ein Mann stehen in der Tür. Gespannte Gesichter betrachten meinen alten Wagen und wie ich den beiden entgegen gehe.
Auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Menschen. Kaum zu glauben, dass beide ein Paar sind. Er scheint es gewohnt zu sein, einen Anzug zu tragen. Seine Miene ist unbestimmt, seine Augen zeigen Misstrauen. Ihre Augen spiegeln Unsicherheit, aber auch Hoffnung. Es ist immer das Gleiche: Die Frauen fühlen und wagen mutige Schritte in unbekanntes Terrain und die Männer ziehen dazu skeptisch die Augenbrauen hoch.
Ich begebe mich in das Haus und spüre sofort die Dichte und den Nebel, der in dem Haus festgehalten ist. Durch ein mit Nippes und Souvenirs vollgestelltes Zimmer werde ich in das Esszimmer geführt. Kaffeeduft steht im Raum. Aber leider nur Bohnenkaffee, der schon einige Minuten zu lange auf der Wärmplatte der Ungenießbarkeit entgegenzieht.
Nach den üblichen Begrüßungsformeln und Kennenlernsätzen kommen wir langsam zur Sache. Sie erzählt, er nickt und beobachtet. Ich fühle mich sondiert, auf dem Prüfstand, aber wenn ich hierher gerufen bin, hat es etwas zu bedeuten und ich bin demnach genau der Richtige. Das beruhigt und lässt mich weiterhin sicher in mir selbst den Problemen zuhören.
Mir ist schnell klar, worum es geht: Der Mann verfolgt seine Karriere und die Frau traut sich nicht, sich selbst zu leben. Eigentlich kein Problem, das mit dem Haus zu tun hätte. Aber es ist oft so, dass unbewusste Ängste und Gedanken im äußeren Umfeld eine Resonanz suchen. Das kann eine Krankheit sein, ein Unfall oder ein Haus, in dem es spukt oder irgendwelche Wasseradern das gesunde Zusammenleben verhindern.
Generell haben all diese Erscheinungen ihre besondere Realität: die Krankheit, der Unfall oder auch ein von unpassenden Energien gebeuteltes Haus oder Wohnung. Und für