Der kleine Fürst Staffel 14 – Adelsroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 14 – Adelsroman - Viola Maybach страница 36
»Wenn wir das könnten, wäre die Geschichte zu Ende«, bemerkte Barbara. »Aber anders als neulich bin ich jetzt wieder eher auf Kampf eingestellt. Das wechselt bei mir täglich, aber mittlerweile denke ich wieder, wir haben zwar keine Chance, aber wir sollten sie nutzen.«
»Sehr witzig, Barbara«, murmelte Hagen von Boldt. »Ich schicke dann also heute noch unsere Bemerkungen für Prinz Christian los, damit er sich auf das Interview vorbereiten kann, und wir beide machen uns an die Klageschrift.«
»Endlich mal wieder was Handfestes zu tun«, sagte Barbara strahlend. »Ich hasse es, zur Untätigkeit verdammt zu sein, weißt du?«
»Du wirst dich in nächster Zeit nicht beklagen können, da kommt sehr viel Arbeit auf uns zu.«
»Ich kann es kaum erwarten.«
*
Jakob stand in der Dunkelkammer und entwickelte seine Fotos. Ihm waren ein paar wirklich außergewöhnliche Bilder gelungen, aber die Freude, die er sonst bei solchen Entdeckungen empfand, blieb dieses Mal aus. Die Reise in den Kellerwald war mit zu vielen widersprüchlichen Erinnerungen belastet, als dass er sich ganz unbefangen über ein paar gelungene Fotos hätte freuen können.
Den Film, auf dem die Bilder von Caroline von Hessen waren, entwickelte er erst zum Schluss. Er hatte sogar überlegt, sie überhaupt nicht zu entwickeln, doch das hatte er dann doch nicht fertig gebracht, und so siegte die Neugier.
Als ihr Gesicht zum ersten Mal im Entwicklerbad Konturen annahm, spürte er sein Herz schneller schlagen, denn unwillkürlich musste er daran denken, wie sie ihn mit wilden Beschimpfungen durch die Nacht gejagt hatte. Jenes Gefühl der Demütigung, das er dabei empfunden hatte, kam wieder hoch, und für einen kurzen Moment schloss er die Augen. Sie wusste nicht, wer er war, sie würde ihn nie wiedersehen, das Beste war, wenn er die ganze Angelegenheit so schnell wie möglich vergaß. Doch wie sollte er das fertigbringen, wo ihr Gesicht ihn doch vom ersten Augenblick an fasziniert hatte?
Jetzt, da dieses Gesicht ein ums andere Mal im Entwicklerbad auftauchte, wurde ihm klar, dass er wie im Rausch fotografiert und sich dabei verliebt hatte: in die Augen, den Mund, die ganze lebhafte Person, die kaum einen Moment stillzustehen schien. Auch ihr wippender Pferdeschwanz war auf mehreren der Bilder eingefangen.
Irgendwann begann er, sich auch den Jungen genauer anzusehen, mit dem sie sich unterhalten hatte. Gut sah er aus, sympathisch und klug. Erneut kam er Jakob vage bekannt vor, aber da er sich nicht für ihn interessierte, wandte er sich bald wieder Caroline von Hessen zu.
Als er alle Bilder zum Trocknen aufgehängt hatte, verließ er die Dunkelkammer. Er war hungrig, hatte aber keine Lust zum Kochen. Also würde er irgendwo eine Pizza essen, das ging schnell und würde ihn nicht allzu lange von seiner Dunkelkammer fernhalten.
Er wollte gerade die Wohnung verlassen, als es an seiner Tür klingelte.
»Du bist also tatsächlich schon zurück!«, rief Felix Hubfeld, sein Freund und Kollege. Felix war ein Jahr, nachdem Jakob seine Rahmen-Werkstatt eröffnet hatte, dazugestoßen und seitdem ein unverzichtbarer Mitarbeiter geworden, der sich wie kein Zweiter auf das Handwerk des Rahmenbaus verstand. »Wolltest du nicht länger bleiben?«
»Doch, wollte ich, aber es ist etwas dazwischengekommen. Woher weißt du denn, dass ich schon zurück bin?«
»Einer unserer Kollegen hat behauptet, dich gesehen zu haben. Und, wie war’s? Lässt du mich herein?«
»Ich habe Hunger«, erklärte Jakob. »Kommst du mit, eine Pizza essen?«
»Klar, gerne, aber erst will ich ein paar Bilder sehen. Du hast doch bestimmt die ersten schon entwickelt.«
»Die ganze Dunkelkammer hängt voll«, erklärte Jakob.
»Darf ich?«
»Du würdest dich doch von einem ›Nein‹ nicht abhalten lassen, oder?«
Felix grinste, betrat die Wohnung und steuerte zielstrebig die Dunkelkammer an. »Oh, Mann!«, rief er. »Du warst aber wirklich fleißig.«
»Ja, war ich«, bekannte Jakob, der hoffte, dass seinem Freund die Fotos von Caroline von Hessen nicht auffallen würden.
In der Tat bewunderte Felix etliche der Baumskulpturen, die Jakob fotografiert hatte – urzeitliche Riesen, die Formen angenommen hatten, die man heute kaum noch irgendwo sah. Er staunte über die Felsgebilde und Schluchten, über Aufnahmen seltener Pflanzen, doch dann rief er: »Wer ist das denn hier?«
»Wen meinst du?«, fragte Jakob betont gleichmütig.
»Die Frau hier, von der du eine ganze Serie fotografiert hast. Die Frau und den Jungen … Moment mal!«
Jakob sah seinen Freund näher an die Fotos herangehen, eins nach dem anderen betrachten und sich dann mit fassungslosem Blick umwenden.
»Ich wusste nicht, dass du neuerdings auch Fotos für die Boulevardpresse machst, Jakob.«
»Für die Boulevardpresse? Wie kommst du denn auf die Idee?«, fragte Jakob aufrichtig erstaunt.
Felix tippte auf eins der Fotos von Caroline von Hessen. »Na, was soll das hier denn sonst sein? Allerdings wäre ich vorsichtig mit einer Veröffentlichung, in der Regel wird sofort geklagt.«
Jakob verstand immer weniger, wovon sein Freund sprach. »Ich weiß nicht, was du meinst. Ich will kein einziges der Fotos veröffentlichen. Warum sollte ich?«
»Warum fotografierst du dann eine ganze Serie vom kleinen Fürsten?«, erkundigte sich Felix.
Jakob starrte ihn verständnislos an. »Vom kleinen Fürsten?«, fragte er.
Felix wandte seinen Blick wieder den Bildern zu. »Du willst mir jetzt aber nicht erzählen, dass du nur Augen für die Frau gehabt und nicht gemerkt hast, dass der Junge, mit dem sie sich unterhalten hat, Prinz Christian von Sternberg ist?«
Etwas klickte in Jakobs Kopf. Er trat zu seinem Freund und betrachtete nun ebenfalls die Fotos. Der Junge war ihm bekannt vorgekommen, aber er hatte ja tatsächlich nur Caroline von Hessen gesehen, und so war ihm nicht aufgefallen, wen er außerdem noch auf seinen Film gebannt hatte. Und nun erklärte sich natürlich auch die zunächst übertrieben erscheinende Reaktion der jungen Frau. Sie war nicht ihretwegen so erbost gewesen, sondern wegen des Jungen. Sie hatte angenommen, Jakob sei einer von denen, die nur auf der Lauer lagen, um lohnende Motive ›abzuschießen‹. Ihm stieg noch im Nachhinein die Schamesröte ins Gesicht. Für ›so einen‹ hatte sie ihn also gehalten, deshalb hatte sie ihn als Spanner beschimpft …
»Du hattest tatsächlich keine Ahnung?«, fragte Felix, der ihn beobachtet hatte.
»Nicht die geringste.« Jakob lächelte verlegen. »Du hast das schon richtig vermutet, der Junge hat mich überhaupt nicht interessiert, mir ging es nur um die Frau. Ich hatte sie zufällig einige Tage zuvor im Informationszentrum gesehen, sie hat mich sofort fasziniert, aber ich konnte sie nicht ansprechen, weil ich …, weil ich nicht allein war. Und dann habe ich sie also wiedergesehen und die Gelegenheit genutzt, allerdings ohne vorher ihre Erlaubnis einzuholen.«