Weltkrise und Ignoranz. Robert Kurz

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Weltkrise und Ignoranz - Robert Kurz

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Kritik gegenüber dem auf einem jeweiligen Stand der Entwicklung beharrenden »Funktionieren«.

      Aber diese Kritik blieb immer an die moderne Metaphysik des Geldes gefesselt, sie war nichts als der intellektuelle Ausdruck des inneren Widerspruchs der modernen Gesellschaft mit sich selbst. Nicht die kategorialen Formen dieser Gesellschaft als solche wurden kritisiert, sondern immer nur ihre jeweilige Unzulänglichkeit und »Unterentwicklung«. Einerseits ging es der Gesellschaftskritik noch lange Zeit um die immer weitere Auflösung der alten agrarisch-religiösen Ordnung und ihrer Reste; andererseits reflektierte sie den dynamischen Prozeß der neuen Ordnung selbst und proklamierte in diesem Sinne die Ziele der »Entwicklung«. Das gilt auch noch für den Marxismus. Zwar hat Marx als einziger moderner Theoretiker auch Ansätze einer kategorialen Kritik der Moderne entwickelt, also einer Reflexion »über« die Meta­physik des Geldes. Aber dieser Gedanke konnte nicht durchgehalten werden. Solange die dynamische Entwicklung des modernen gesellschaftlichen Systems immer weiter ging, war man nur begierig darauf, was »als nächstes kommt«. Die jeweils nächste Stufe der »Entwicklung« war der Gegenstand des theoretischen Streits, nicht das metaphysische Prinzip, das Wesen oder die Logik dieser »Entwicklung« selbst.

      Wie es scheint, hat sich am Ende des 20. Jahrhunderts die Situation grundlegend geändert. Nachdem der Begriff des Fortschritts schon länger seine Anziehungskraft eingebüßt hat, gilt inzwischen auch die gesellschaftskritische Theorie als obsolet – nicht nur die marxistische, sondern die Theorie überhaupt. Jedenfalls hat die Postmoderne alles, was in der bisherigen Modernisierungsgeschichte als Theorie galt, mit dem Verdacht eines »totalitären Anspruchs« von sogenannten »großen Erzählungen« oder »Großtheorien« belegt. Man will das Ganze der Gesellschaft nicht mehr anschauen und deshalb auf »Großbegriffe« verzichten, um es sich stattdessen in der theoretischen »Unbestimmtheit« gemütlich zu machen. An die Stelle der kritischen Theorie soll das unverbindliche intellektuelle Spiel treten.

      Woher diese überraschende Wendung, diese »Abrüstung der Theorie«? Der Verdacht drängt sich auf, daß die theoretische Reflexion deswegen verstummt, weil die ihr zugrunde liegende gesellschaftliche Dynamik erlischt. Es gibt im planetarischen Maßstab keine traditionelle Gesellschaft mehr, von der man sich abstoßen könnte. Und es scheint so, daß auch keine neue Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung innerhalb der Moderne mehr »kommt«, weil sich der Prozeß der ökonomischen Verwertung zu erschöpfen beginnt. Der Prozeß geht weiter, aber nur noch als negativer, als Krisenprozeß, der nicht mehr positiv mit Hoffnungen besetzt werden kann.

      Die technische Entwicklung wird unvereinbar mit der modernen Metaphysik des Geldes. Aber vor dieser Stufe der Reflexion schreckt das moderne kritische Denken zurück, weil es damit seine eigenen Grenzen überwinden müßte. Ausgerechnet in dem Augenblick, in dem der reale Totalitarismus des Geldes die Wirklichkeit umfassend wie nie beherrscht, wird die gesellschaftskritische Theorie selber in ihrem Anspruch als totalitär denunziert. Sie hat ihre Schuldigkeit getan, aber jetzt soll sie das gesellschaftliche Ganze gerade in seiner Krise in Ruhe lassen. Der reale gesellschaftliche Widerspruch, der in der bisherigen Weise nicht mehr bewältigbar ist, soll einfach aus dem Denken verbannt werden. Das dunkle Ende der modernen Entwicklung wird absurderweise gefeiert als Übergang zu einem »illusionslosen Pragmatismus«. Zusammen mit der Gesellschaftskritik hört das reflexive Denken überhaupt auf.

      Die Reflexions-Intelligenz verschwindet. Aber die Funk­tions-Intelligenz hat nicht gesiegt, sondern sie ist bloß verwaist. Weil sie von der theoretischen Reflexion zwar der Kritik ausgesetzt wurde, dabei aber immer auch Orientierung und damit neue Legitimation bezog, wird das Ende ihres strukturellen Gegenpols zu ihrer eigenen Krise. Die Funktions-Eliten laufen ins Leere, ihr Funktionieren kann die Krise der Realität nicht mehr bewältigen und endet in der Groteske. Aber das fällt gar nicht auf, weil auch das Alltagsbewußtsein in einen völlig reflexionslosen Zustand übergegangen ist. Die vielgerühmte Fähigkeit des modernen Individuums, sich selbst zu reflektieren, »neben sich« zu treten und das eigene Tun gewissermaßen virtuell von außen zu betrachten, löst sich zusehends auf. Diese Fähigkeit verschwindet, weil sie an die positive Entwicklung der modernen Gesellschaft gebunden war. Gerade an ihrem Ende ist diese Gesellschaft auf gespenstische Weise eins zu eins mit sich identisch geworden. Die postmodernen Generationen ver­stehen schon die Begriffe der Reflexion nicht mehr, die ihnen innerhalb weniger Jahre so fremd geworden sind wie der Totenkult des alten Ägypten. Sie sind das, was sie sind, und sonst gar nichts. Sie sind unmittelbar identisch mit ihrem banalen Tun, je unmöglicher dieses Tun wird.

      Die Krise der Realität wird von der Postmoderne verdrängt, indem sie versucht, an die Stelle der Gesellschaftskritik ein simuliertes Recycling des vormodernen Bewußtseins zu setzen: Die abgerüstete Philosophie möchte ganz unschuldig zurückkehren zu den antiken Paradigmen von »Ethik« und »Lebenskunst«. Aber sie vergißt, daß die gesellschaftlichen Voraussetzungen dieses Denkens gar nicht mehr existieren. Die vormoderne unkritische Denkweise war nur möglich unter der Bedingung, daß die Gesellschaft statisch in sich ruhte und das reflexive Denken nicht etwa gleich Null, sondern auf eine göttliche Weltordnung bezogen war. Es gibt kein Zurück zu dieser Bedingung. In seinem Endstadium wird das moderne System daher zur ersten völlig reflexionslosen Gesellschaft der Geschichte. Mit der Fähigkeit zur Selbst­reflexion verliert es eine Grundbedingung menschlicher Existenz. Eine Gesellschaft, die nur noch funktioniert, ist keine menschliche mehr und kann schließlich auch nicht mehr funktionieren. In einer leeren Bewegung, die jeden übergeordneten Sinn und jedes Ziel verloren hat, muß das normative Denken der »Ethik« wirkungslos verpuffen, weil es in nichts mehr verankert ist. Und die Philosophie vom »gelungenen Leben«, vom individuellen Menschen als »Kunstwerk« seiner selbst, wird zur traurigen Farce, weil sie die Krise der modernen Metaphysik ignoriert. Sie proklamiert sich als »postmetaphysisches« Denken, obwohl die reale gesellschaftliche Metaphysik der Moderne unbewältigt bleibt. Die postmoderne Selbst-Ästhetisierung findet in einem brennenden Haus statt.

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