Das Eisenbett. Ana Contrera
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Die Carabinera warf einen letzten Blick auf Lucía. Dann verließ sie den Raum und befahl dem Wachposten, die Verdächtige in Raum 217 zu bringen. Kurz vor acht Uhr abends fiel die Entscheidung. Lucía durfte gehen. Wenige Minuten später stand sie tatsächlich wieder auf der Straße. Sie war erschöpft, aber erleichtert. Ihre erste direkte Begegnung mit dem Militärstaat hatte gut zehn Stunden gedauert.
1 »Die Stadt und die Hunde« (Anmerkung des Verlegers)
Pedro 06. November 1973
1 Comisaria de Carabineros Nr.2, Santiago
Pedro Alfredo Dosetto wurde am späten Vormittag zusammen mit Lucía Iriarte und Liliana Pelemontes festgenommen. In einem Fahrzeug der Carabineros brachte man sie in die Comisaria Nr. 2 in der Pasaje Reyes. Nach der Einlieferung wurden die drei getrennt voneinander verhört.
Pedro landete in der ersten Etage in einem Warteraum. Dort saßen bereits vier andere »Problemfälle« des Vormittags: ein betrunkener Obdachloser, eine aufreizend geschminkte Prostituierte und zwei Personen, die ihrer Kleidung nach Bauarbeiter waren. An der Tür hielt ein Posten mit MP Wache. Sprechen war verboten, nur der Betrunkene grölte gelegentlich seine Unzufriedenheit in den Raum. Der Wachposten trat ihn dann ans Schienbein und rief »Callate, mierda!«.
Pedro rutschte nervös auf seinem Stuhl umher und fragte sich, was die Typen wohl schon über ihn wussten.
Zuerst wurde die Prostituierte abgeholt. Ein kleiner, stämmiger Carabinero forderte sie freundlich auf mitzukommen. Die Frau schimpfte wie eine Elster, ihre Papiere seien in Ordnung, der Freier sei ein Betrüger gewesen und die Polizei solle sich besser um diesen Typen kümmern, statt ihr die Zeit zu stehlen. Der Carabinero nickte gelassen, winkte sie mit den Fingern von ihrem Stuhl herunter und führte sie den Flur nach hinten. Kurz darauf brachte ein Einsatzkommando zwei neue Verdächtige, beide männlich. Auch sie wurden angewiesen zu warten.
Nach einigen Minuten erschien der Carabinero wieder. Er wischte sich über den Schnauzbart und blätterte dann in einem braunen Schnellhefter. Er zeigte erst auf Pedro, dann auf die beiden Bauarbeiter.
»Ihr seid dran. Mitkommen!«
Der lange Flur führte zu einer Treppe im Hinterhaus. Pedro wunderte sich, dass es außer dem Carabinero keine weiteren Wachsoldaten zur Begleitung gab. Dem unsportlichen Typen würde er im Ernstfall glatt davonrennen. Aber vielleicht war die Verhaftung in der Universität ja auch ein Irrtum gewesen. In dem politischen Durcheinander nach dem Putsch passierte derartiges alle paar Tage. Meist wurden die Betroffenen dann schnell wieder freigelassen.
Durch das Treppenhausfenster sah Pedro hinunter auf den Innenhof. Er begriff, dass ein Fluchtversuch spätestens dort zu Ende gewesen wäre. Im Untergeschoss übergab der Carabinero die vier Verdächtigen an einen Offizier. Er händigte ihm auch den braunen Schnellhefter aus. Der Offizier übernahm das Kommando.
»Aufstellen vor der Wand, Gesicht zu mir, Hände in den Nacken!«
Er studierte einige Sekunden die Unterlagen.
»Arturo Mendez?«
»Ja?«
»Es heißt ›Hier, mi Teniente‹. Klar?«
»Klar, mi Teniente.«
»Du bist zuerst dran. Stell dich hier vorn hin!«
»Pedro Dosetto?«
»Hier, mi Teniente.«
»An zweiter Stelle!«
»Ruben Calvo?«
»Hier, mi Teniente.«
»Du bist der letzte.«
Nachdem sich die Männer in der geforderten Reihenfolge aufgestellt hatten, verschränkte der Offizier die Arme auf dem Rücken.
»Tja, ihr Böcke. Euch ist hoffentlich klar, dass ihr tief in der Jauche steckt!« Der Offizier schaute die Verdächtigen mit ernster Miene an und machte eine wohlberechnete Pause. »Ich erzähle euch jetzt, was ihr tun müsst, um da wieder ’rauszukommen. Garantieren kann ich nichts, die Entscheidung liegt beim Kommissar. Aber soviel ist klar: Wer sich nicht an die Spielregeln hält, der bleibt länger hier … Also: Zum Verhör zieht ihr jetzt die Schuhe aus, Hosen, Hemd, Strümpfe, Unterwäsche, alles. Die Sachen ordentlich auf einen Stapel legen, zwischen euch und die Wand. Dann umdrehen, Gesicht zur Wand, Hände in den Nacken.«
Die Männer murrten lautstark. Der Offizier blockte ab.
»Maul halten und ausziehen! Na los, los, ihr Böcke! Ja, ganz blank! Schüchtern könnt ihr bei euren Frauen sein, hier gibt es nichts zu verbergen.«
Während die Männer widerwillig begannen, sich auszuziehen, erklärte der Offizier weiter:
»Wann ihr hier wieder rauskommt, entscheidet allein der Kommissar. Er wird euch da drin gleich einzeln verhören. Vielleicht setzt er euch heute abend schon wieder auf freien Fuß. Oder ihr bleibt noch Tage hier in Untersuchungshaft. Oder bis ihr vermodert seid. Also benehmt euch, spielt nicht die Helden und sagt die Wahrheit! Verstanden?«
Die Tür vom Verhörzimmer ging auf. Der Kommissar schaute persönlich heraus. Er schien gereizt.
»Teniente, warum sind die nicht fertig? Wir können wieder nicht weitermachen, weil Sie hier rumtrödeln!«
»Si, mi comisario!« salutierte der Offizier und beeilte sich, den ersten Gefangene in den Raum zu beordern.
Als die Tür zu war, zischte der Offizier:
»Mierda! Ihr habt’s gesehen. Der Kommissar hat schlechte Laune. Sieht nicht gut aus für euch Böcke. Ich hab’s gesagt: Ihr steckt in der Jauche.«
Er schüttelte den Kopf, setzte sich auf einen Stuhl neben die Tür und zündete sich eine Zigarette an. Die Standpauke vom Kommissar ärgerte ihn. Was konnte er dafür, dass der Carabinero die Männer nicht eher gebracht hatte? Missmutig ließ er eine Ermahnung vom Stapel, weil der Mann neben Pedro die müden Arme sinken ließ.
Pedro wurde bewusst, dass er sich zum ersten Mal tatsächlich in den Händen der Sicherheitskräfte befand. Bisher hatte er den Gegner nur aus der Ferne gesehen. Auf den öffentlichen Straßen und Plätzen war er stets einer von vielen Studenten gewesen. Sie demonstrierten, verteilten Flugblätter, warfen gelegentlich Steine. Manchmal, wenn sie sich überlegen fühlten, stürmten sie eine Straßensperre und freuten sich, wenn die Sicherheitskräfte die Flucht ergriffen.
Durch die geschlossene Tür hörte er ein paar Mal den Kommissars brüllen. Pedro ahnte Böses. Als ein Wachposten ihn dann hereinholte, schlug sein Herz bis zum Hals. Pedro bedeckte seine Blöße notdürftig mit den Händen. Der Verhörraum war klein und dunkel. In der Mitte stand ein Schreibtisch. Davor ein Stuhl mit Handschellen an der Rückenlehne. Auf dem Tisch stand eine der typischen Kommissariats-Schreibtischlampen. Ihr Licht beleuchtete den Stuhl.
Hinten,