Münster - Was nicht im Stadtführer steht. Carsten Krystofiak

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zeigten, wie man dazu tanzte.« Mit Erfolg: »Nebenan war eine bayerische Kneipe, das »Edelweiß«. Die mietete ich dazu und machte noch eine Disco auf, den Black Horse Saloon.« Nach handfesten Streitigkeiten mit dem Inhaber, einem Kölner Halbwelt-Zaren, kündigt Groneck jedoch nach drei Jahren.

      Inzwischen ist das Jahrzehnt der Schlaghosen und Föhnwellen angebrochen. Während die RAF Deutschland in Atem hält und Muhammad Ali Boxweltmeister wird, eröffnet Manfred Groneck nun im Berliner Europacenter das »Joy«. »Hier sollte es jetzt so richtig zur Sache gehen!«, erzählt der alte Disco-Haudegen im Büro seiner Hiltruper Handelsfirma. »Wir hatten schon eine echte VIP-Ecke, die war immer für die Leute von der ZDF-Hitparade reserviert. Die ließen sich Jack Daniels im 10-Liter-Glasfass für 1.800 Mark bringen und waren sauer, weil sie die Cola noch extra bezahlen sollten, haha.« Eines Tages stellte sich ein neuer DJ bei Groneck vor. »Der Junge hatte es richtig drauf, war aber leider ständig besoffen. Dann klaute er dauernd Inventar, das ich tags drauf wieder aus seiner Bude in der Katharinenstraße rausholen musste.« Sein Name: Gunther Gabriel. Nachdem Groneck in diesen wilden Zeiten sogar mal mit der Abendkasse unterm Arm durchs Klofenster vor finsteren Luden flüchten musste, kündigte er allerdings auch diesen Job wieder. Das Joy bekam später ein kleines Drogenkonsumentenproblem – und ging den Bach runter.

      Derweil hatten Punkbands wie die Sex Pistols Disco den Krieg erklärt, und Groneck wechselte die Thekenseite. Er wollte höher hinaus: Jetzt verkaufte er sein konzeptionelles Knowhow an andere Discobesitzer. Nebenbei begann er mit gebrauchtem Casino-Inventar aus Las Vegas zu dealen. Zurück in Münster, veranstaltete Groneck 1979 die erste deutsche Discotheken-Fachmesse in der Halle Münsterland. Groneck: »Nena und Modern Talking sind da als ›Nachwuchskünstler‹ aufgetreten – die kannte damals kein Schwein. Schon die dritte Messe wurde die größte Discoausstellung der Welt!« Groneck war auf dem Gipfel seines Erfolges. Er stampfte die Fachzeitschrift Discoforum aus dem Boden, gründete 1981 den offiziellen »Bundesverband deutscher Discotheken und Tanzbetriebe e.V.« (Geschäftsstelle Hafenweg 26b, Münster) und den anerkannten »Berufsverband Discjockey«. Gronecks Discoverband ist heute eine selbständige Fachgruppe im deutschen Hotel- und Gaststättenverband. Wegen der redaktionellen Inhalte im Discoforum bekam Groneck prompt Ärger mit der Plattenindustrie: »Die CBS wollte, dass ich meinen freien Kritiker feuere, weil der öfter freche Verrisse über CBS-Produktionen schrieb. Ich sagte, mach’ ich nicht, der Junge schreibt super und bleibt!« Der umstrittene Autor hieß Götz Alsmann.

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      Dieses Foto reichte Götz Alsmann als Frontmann der »Heupferd Jug Band« selbst beim Vorgänger der Ultimo als Pressefoto ein. Wenn er geahnt hätte, wo es mal wieder auftaucht.

      Doch wo viel Erfolg ist, gibt es auch viele Neider: »Die Beteiligten haben die Sache selbst kaputtgemacht. Die großen und kleinen Szene-Könige meinten, sie könnten alles viel besser und billiger. Die hatten Angst, dass ich zu mächtig würde. So ein Quatsch, ich war die Klagemauer für alle. Aber dann fingen einzelne an, dem Verband durch eigene Disco-Postillen und -Messen Konkurrenz zu machen. Es setzte ein intrigantes Gemauschel ein, und die ganze Geschichte zerfiel.« Groneck bilanziert: »Der Niedergang des Vereins hat mich gut eine Million gekostet. Aber was soll’s ...« Groneck importiert heute Tonöfen für den Terrassengebrauch aus Mexiko.

      (Erschienen 2001)

      Anmerkung:

      Dieses Interview war zweifellos eines der spannendsten – ich hätte mir noch ewig weiter Anekdoten aus der Discozeit anhören können, vor denen Groneck nur so übersprudelte. Und erst sein Fotoalbum aus den 60ern und 70ern! Unfassbar, dass Schmiegen wie Dieter Thomas Heck oder Typen mit Frisuren, wie sie heute höchstens noch Profifußballer tragen, jemals Popstars werden konnten! Gut finde ich auch die Vorstellung, wie Groneck zu seinem nervigen Untermieter Udo Lindenberg sagt: Weißt du was, Junge? Du gehst mir auf’n Keks! Spiel woanders mit deiner Kapelle.

      Bitte bring me a Nazi!

      Volkssturm-Opas & weiße Fahnen: Das Kriegsende im Münsterland.

      Dieses Jahr steht im Zeichen des Gedenkens an 60 Jahre Kriegsende (auch wenn manche »Kameradschaften« immer noch nicht mitgekriegt haben, dass der Krieg aus ist). 1945 um diese Zeit war es mit dem »Endsieg« endgültig Essig. Im Münsterland war der II. Weltkrieg schon Ostern zu Ende.

      Um das Münsterland zu erobern, hatte die britische Armee unter Feldmarschall Montgomery am Niederrhein Unmengen Panzer und Soldaten zusammengezogen. Der Grund: Die Tommys fürchteten den »Westfalenwall«, über den die deutsche Propaganda berichtet hatte. Darunter stellten sie sich eine Art zweiten Atlantikwall vor, mit Bunkern, Panzersperren undundund.

      Den Westfalenwall gab es wirklich, aber er sah etwas anders aus: Im Herbst ’44 hatte Münsters Gauleiter Meyer an Hitler gefunkt: »Mein Führer, tausende von Volksgenossen stehen bereit, um einen Westfalenwall zu errichten. Bitte um Vollmacht.« Die Vollmacht kam. Von Haltern bis Hopsten wurden die Bauern mit Spaten ausgerüstet. Das Ergebnis war eine dünne, unzusammenhängende Linie von Erdlöchern, die bei jedem Regen einstürzten und neu geschaufelt werden mussten.

      Die englischen Panzer hielt das nicht weiter auf. Ihren Vormarsch stoppte etwas anderes: Die 3. Division rasselte bei Bocholt versehentlich in eine Kornbrennerei, was sie den ganzen Vormittag kostete. Bei der Weiterfahrt fädelten sich Kolonnen der zurückflutenden deutschen Wehrmacht in die lustige Truppe ein, ohne aufzufallen.

      Es gibt Leute, die sogar jetzt noch ans Geld denken: Der Kassierer der Bocholter Sparkasse kommt beim Angriff der Engländer ums Leben. Einem fällt ein: »Der trug doch immer den Schlüssel zum Tresor um den Hals!« Ein anderer hat zufällig gesehen, wo der Kassierer verscharrt worden ist. Sie graben die Leiche aus und finden den Schlüssel. Eine halbe Million Reichsmark kommen unters Volk. Die Mühe hätten sie sich sparen können: die Reichsmark wurde in den letzten Tagen um das Siebenhundertfache abgewertet.

      Nächster Stopp Montgomerys: Buldern. Hier hatten sich die Volkssturmopas soviel Mut angetrunken, dass die Engländer Stunden brauchten, um sie herauszuschießen.

      In der Stadtchronik heißt es: »Die Parteiführer treibt die Verzweiflung zum Alkohol. In betrunkenem Zustand geben sie Befehle, die nicht durchzuführen oder völliger Wahnsinn sind.« Machte aber nichts, denn die Bauern spendierten den deutschen Soldaten soviel Korn, dass der Kommandeur des Regiments Großdeutschland freiwillig aufgab und erklärte: »Mit diesem Sauhaufen von Blaumännern wackelt die Front von selbst!«

      In Billerbeck wackelt die Front noch nicht. Aber die Leute haben allen Grund, die Engländer bloß nicht aufzuregen: Im Oerschen Wald zwischen Billerbeck und Darfeld steht eine Abschussrampe für V2-Raketen, von denen über zweitausend in London und Antwerpen eingeschlagen haben. Das könnten die Tommys womöglich persönlich übel nehmen.

      In der Dorfkneipe ist Kriegsrat. »Wer von uns spricht englisch?« Alle zeigen auf Jupp Horstmöller. Er ist der Wirt. »Also, Du fährst jetzt auf deinem Fahrrad den Engländern entgegen und sagst denen, dass wir kapitulieren, sonst schießen die uns zusammen.« Es ist ernst: Ahaus, Dülmen und Stadtlohn wurden schon zusammengeschossen.

      Horstmöller sagt: »Jau, det mok i wohl«. Es geht ein bisschen schwierig, weil er nur noch einen Arm hat. Also setzen ihn die anderen aufs Rad, binden ihm eine weiße Serviette an den Lenker zum Zeichen, dass er nicht in kriegerischer Absicht kommt, und schieben ihn aus dem Ort.

      An der Bundesstraße nach Borken trifft er auf Montgomerys Panzerarmee. Er ruft: »No shooting! We give up!« Die Luke des ersten Panzers geht auf. »First white Flag!«, sagt der Tommy. Horstmöller soll zurückradeln. Wenn in einer Stunde keine weiße Fahne am Kirchturm zu sehen ist, greifen tausend Panzer Billerbeck an.

      Die

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