Der Ausweg. Gundolf S. Freyermuth

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Der Ausweg - Gundolf S. Freyermuth

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auf „OK“, klickte und wechselte zurück in den Eingabemodus. Der neue, schwarz gerahmte Befehlsknopf starrte ihn vom Bildschirm so perfekt designed an, als habe er schon immer an diese Stelle gehört.

      „Existenzfrage!“

      Mann schüttelte seine verkrampften Schultern. Es war zum Verrücktwerden. Sein Nacken schmerzte von der stundenlangen Arbeit an dem kleinen Bildschirm: „Existenzfrage!“ Nur ein Idiot konnte sich so etwas ausdenken.

      Mann schob die Maus auf das Pull-down-Menu, das ihn normaler Weise aus dem Programm bringen würde. Statt des üblichen Befehlskatalogs erschien prompt ein Dialogfeld, das ihm in ordentlichen, offiziellen Druckbuchstaben die Frage aller Fragen stellte:

      „Wird Mann zum angepassten Arschloch?“

      Harry Mann überlegte, ob diese Existenzfrage ihn unter anderen Umständen überraschen könnte. Nein. Er schüttelte wieder seine verkrampften Schultern. Wahrscheinlich würde sie ihn nur ärgern. Mann versuchte sich vorzustellen, wie er sich ärgern würde. Es gelang ihm über die Maßen gut.

      Entschlossen klickte er auf das Feld „Verpiss dich“. Der kleine graue Kasten, der seit Monaten seine Lebenszeit fraß, begann empört zu piepen. Aber sonst geschah nichts.

      *

      „So gern er möchte, in diesem Fall kann Ihnen der Kanzler nicht mehr helfen“, sagte von Brauchangen. „Das Aufsehen, die Presse, die öffentliche Meinung ...“

      „Er soll nicht mir helfen, sondern Wineck!“

      „Gnädige Frau ...“

      „Schließlich hat Wineck Ihrer Partei Millionen verschafft!“

      „Liebe gnädige ...“

      „Wenn Wineck auspackt, ist auch der Kanzler dran!“

      „Wineck wird nicht ... Mit einem solchen Schritt würde er nur sich selbst schaden. Seine ganze Zukunft steht auf dem Spiel. Er ist noch jung ... Man würde sich, meine ich, dankbar erweisen, auf die eine oder andere ...“

      „Ach!“ Karin Blocks Stimme, voller Hysterie und voller Spott, kippte fast: „Schade, dass Wineck das nicht weiß! Ihr durchgedrehter Parteifreund glaubt nämlich, er würde auf dem Altar der öffentlichen Meinung geopfert ...“

      „Liebe gnädige Frau, ich verstehe Ihre Aufregung voll und ...“

      „Ich bin nicht aufgeregt, Brauchangen, ich bin wütend. Scheiß wütend. Und ich habe auch die Faxen Ihres superschlauen Kanzlers dicke!“

      Allmählich spürte Paps fast so etwas wie Mitleid mit dem Sendboten der Regierungspartei. Karin Block hatte einen ihrer berüchtigten Wutanfälle. Jeder, der sie kannte, wusste, dass es da nur eins gab: Man musste ihr für eine Weile aus dem Weg gehen. Aber genau das konnte von Brauchangen nicht. Der pompöse Professor hatte schlechte Karten. Zumal Karin Block, wie Paps die Sache verstanden hatte, allen Grund besaß zu toben. Sie hatte bezahlt, jahrelang, für geringe Gegenleistungen. Und nun, da sie zum ersten Mal wirklich etwas für ihr Geld verlangte, machten die Empfänger der Wohltaten einen rasanten Rückzieher.

      „Wineck ist nicht zu halten.“ Von Brauchangen gab sich hörbar alle Mühe, seine Stimme fest und wissend klingen zu lassen. „Nicht in dieser Situation. Man hat sich auf ihn eingeschossen. Er war so unklug, sich in Widersprüche zu verwickeln. Dem Mann ist nicht mehr zu helfen. Ehrlich gesagt, ich begreife auch nicht, warum Sie an seinem Schicksal solches Interesse ...“

      „Sie scheinen zu vergessen, dass Sie eigentlich viel tiefer drinstecken als Wineck, mein Lieber.“

      „Aber ich stehe nicht an so prominenter Stelle, mich hat man nicht wegen meiner Verdienste um die Finanzierung unserer Partei zum Minister gemacht! “ Paps hörte den Hauch von Befriedigung in von Brauchangens Stimme. „ Also hat man sich nicht auf mich eingeschossen. Ich bin viel zu unwichtig. Wineck hat Pech gehabt, er muss nun seinen Kopf hinhalten. Daran wird sich kaum etwas ändern lassen ...“

      „Nur leider ist Wineck nicht bereit, den Sündenbock zu spielen! Er hat mir gedroht ...“

      „Er will Geld? Wir werden uns darum kümmern! Man wird ihm Zusagen machen.“

      „Wenn Wineck Geld wollte, bräuchte ich Ihre Hilfe nicht. Dann hätten wir kein Problem. Wineck verlangt politischen Schutz, er will aus der Sache sauber herauskommen. Er hat Angst um seine Karriere.“

      „Er wird auch Geld nehmen ...“

      Ein Scharren gefolgt von einem gigantischen Knall ließ Paps zusammenzucken. Er griff zum Feldstecher.

      „Sie sind ein Idiot! Sie und Ihre bekloppten Parteifreunde! Ich weiß nicht, was Sie sich einbilden! Glauben Sie vielleicht, ich hätte dem Kerl nicht schon Unsummen geboten?“

      Karin Block war aufgesprungen und hatte dabei ihren Stuhl umgeworfen. Die Lehne war auf die Marmorplatten geknallt, nur ein paar Zentimeter von dem Blumenbeet mit dem Sender entfernt.

      „Ihr verkehrt doch nur mit euresgleichen und habt keine Ahnung davon, was im wirklichen Leben los ist! Da geht’s nicht nur ums Umverteilen von Pöstchen und Pfründen!“ Karin Block rannte aufgeregt auf und ab. Ihre Absätze bearbeiteten den Boden der Terrasse, dass Paps Mühe hatte, die gebrüllten Beleidigungen zu verstehen. „Irgendwo muss das Geld schließlich herkommen, und rausrücken tut keiner was freiwillig. Hier geht’s auf Leben und Tod.“ Abrupt hielt sie inne: „Ich werde die Sache selbst in die Hand nehmen!“

      Auch von Brauchangen war jetzt aufgestanden. Paps sah ihn beschwörend die Hände heben.

      „Liebe gnädige Frau, so beruhigen Sie sich doch ...“

      „Und wenn Ihr Schmeißfliegen noch jemals einen Pfennig von mir bekommen wollt, dann haltet ihr mir dabei die Polizei vom Hals!“

      „Aber ich bitte Sie, wir werden ...“

      „Richten Sie das aus! ... Ach was, das ist mir alles zu blöd.“ Karin Block schleuderte die Serviette, die sie zwischen den Händen geknetet hatte, auf den Tisch. Sie landete auf dem Teller mit dem Lachs. „Es ist schon eine Unverschämtheit von dem Kerl, die Sache auf Sie abzuwälzen. Sagen Sie ihm, ich bin am Montag in Bonn!“

      „Selbstverständlich, gnädige Frau. Ich bin sicher, der Kanzler wird ...“

      Karin Blocks Lachen, ein böses Lachen unterbrach ihn. „Das bin ich mir auch ...“

      Sie machte einen Schritt auf von Brauchangen zu, der immer noch hilflos vor seinem Stuhl stand und unentschlossene, fast ängstliche Blicke auf den gedeckten Tisch warf. Ihre Stimme klang ruhiger.

      „So, und jetzt rufen wir Herlois an und teilen ihm unseren Entschluss mit. Und dann frühstücken wir gemütlich weiter.“ Karin Block setzte sich wieder.

      Gemütlich frühstücken, wusste Paps, bedeutete Champagner. Im Feldstecher sah er, wie sie zu dem Funktelefon auf dem Beistelltisch griff und eine lange Reihe von Zahlen eintippte. Es dauerte ein paar Sekunden, bis auf der anderen Seite der Welt jemand den Hörer abnahm.

      „Block“, sagte Karin Block, „ich hätte gern ... Ach, Herlois, du bist es selbst ...“

      Paps kannte die vierzehnstellige Nummer, die sie gewählt hatte; und er kannte den Mann

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