Die Kraft der Präsenz. Richard Moss
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Wann immer Sie sich schuldig, unwichtig oder unwürdig fühlen oder glauben, die Bedürfnisse anderer hätten Vorrang vor Ihren eigenen, haben Sie sich für die depressive Besonderheit entschieden. Überlegenheitsgefühle können sich übrigens auch in Form von Gedanken wie diesen äußern: Meine Frau hat es nicht verdient, Krebs zu bekommen, sie ist so ein guter Mensch. Dahinter steckt die Idee, dass Krankheit eine Strafe ist und Gesundheit eine Belohnung. In Wirklichkeit ist es ein verstecktes Überlegenheitsgefühl: Sie selbst und alle, die Ihnen am Herzen liegen, verdienten es, von Krankheit frei zu sein. Solche Meinungen und viele andere, die Sie nach und nach erkennen werden, sind nichts anderes als Konstrukte, mit denen Sie sich unbewusst bestätigen, dass Sie als exklusives, eigenständiges Individuum existierten; Sie seien nicht einfach irgendwer – Sie seien jemand Besonderes.
In dem Maße, wie Sie das Spiel des Ego durchschauen, hört es auf, Sie zu dominieren, und Sie ruhen stärker in Ihrem höheren Gewahrsein. Dieses größere Selbst sieht beide Seiten Ihrer Besonderheit, also sowohl die Neigung, sich mit Aggressivität, Rechthaberei, Selbstgefälligkeit oder Ungeduld aufzublasen, als auch die Tendenz, in Opferdasein, Abwehrhaltung, Scham oder Hilflosigkeit zu versinken. Sobald Sie sich beider Tendenzen bewusst sind, stellen Sie fest, dass Sie mehr sind als das, und müssen sich mit keiner der beiden Seiten mehr identifizieren. Beim Entwickeln dieser Bewusstheit erwacht eine ganz neue Dimension Ihrer selbst und Sie beginnen, eine dezente Präsenz auszustrahlen.
Wenn Sie sich nicht wohlfühlen, dann sind daran meist viele Dinge beteiligt, die Sie nicht steuern können. Beim Beobachten Ihrer Gedanken und Ihres emotionalen Zustands werden Sie jedoch schnell erkennen, dass das Abrutschen in eine der beiden Formen der Besonderheit keineswegs dazu beiträgt, dass Sie innerlich im Frieden sind. Jeder wird irgendwann einmal krank. Wir alle erleben frustrierende Rückschläge und am Ende sterben wir alle. Aber wie alle anderen zu sein, das ist für das Ego nicht akzeptabel. Es braucht das Drama: „Oh nein! Warum ausgerechnet ich?“ Sofort werden Sie zum Opfer und verspüren Angst.
In dem Moment, in dem Sie diese Reaktion bewusst wahrnehmen, kann Ihnen klar werden, dass es realistischer, weniger belastend und vor allem weniger „besonders“ wäre zu sagen: „Warum nicht ich?“ Das Ego lässt Sie natürlich nicht so denken. „Warum nicht ich?“, das bedeutet aus Sicht des Ego nämlich, dass Sie nicht besonders genug sind – Ihr Leiden ist nicht einzigartig und Sie ragen folglich nicht aus der Masse heraus. Für das Ego ist dies gleichbedeutend mit Tod oder Nichtexistenz – etwas, was es um nahezu jeden Preis zu vermeiden gilt.
Wir alle wurden von Kindheit an durch den Glauben an unsere eigene Besonderheit geprägt. Deshalb ist dieses Gefühl auch nur mit Arbeit und mit viel Geduld zu überwinden. Doch sobald Sie lernen, Ihre Gedanken zu beobachten, wird Ihnen nach und nach bewusst, wo das Spiel der Besonderheit überall in Ihrem Leben auftaucht. Dann können Sie darüber lächeln, anstatt in Überlegenheits- oder Minderwertigkeitsgefühle abzudriften.
Sie können sich selbst belohnen – für Ihr Gewahrsein
Ob Sie gerade gewahr sind (oder doch eher in den Krallen des Ego stecken), merken Sie daran, dass Sie sich im ersten Fall nicht verurteilen, wenn Sie in eine „Besonderheitsfalle“ tappen. Tun Sie dies doch, dann hat das Ego wieder die Regie übernommen und gibt Ihnen das Gefühl, noch kleiner zu sein – selbst wenn Sie gerade versuchen, sich aus diesem Spiel zu befreien. Widerstehen Sie also der gewohnheitsmäßigen Versuchung, sich selbst zu bestrafen, wenn Sie sich bei dem Gefühl ertappen, auf die eine oder andere Weise etwas Besonderes zu sein. Lernen Sie stattdessen, sanft über das zu lächeln, was Sie erkannt haben, und belohnen Sie sich für Ihr Gewahrsein.
Sich selbst für Gewahrsein zu belohnen ist für die meisten Menschen eine ganz neue Vorstellung. Ich schlage immer Folgendes vor: Wenn Ihnen bewusst wird, dass Ihr Ego etwas Besonderes aus Ihnen macht – und sei es etwas, was Sie in der Regel verurteilen oder für das Sie sich schämen –, dann sagen Sie einfach „ja“ zu sich selbst, gefolgt von einem „Danke“ und einem „Es tut mir leid“.
Mit dem Ja bekräftigen Sie, dass Sie wach geworden sind und das Besonderheitsspiel erkannt haben, während das Danke eine angedeutete Verbeugung vor Ihrem bewussten Selbst ist, das Sie aufmerksam gemacht hat. Das abschließende „Es tut mir leid“ erkennt an, dass die Geschichte, die Sie sich zu erzählen begonnen haben, Leiden und Unglück verursacht hat. Es ist eine an Sie selbst gerichtete Entschuldigung. Wenn Sie nun noch ein Lächeln hinzufügen, dann wird es nicht nur auf Ihrem Gesicht erscheinen, sondern im gesamten Körper spürbar sein. Versuchen Sie das einmal: Lassen Sie aus der Tiefe Ihres Inneren ein Lächeln aufsteigen. Erzwingen Sie es nicht, lassen Sie es einfach kommen. Spüren Sie, welches Gefühl dieses von innen kommende Lächeln in Ihnen verursacht – es ist eine spürbare Möglichkeit, sich selbst für Ihr Gewahrsein zu belohnen.
Die heilende Kraft des Gewahrseins
Wenn es darum geht, die günstigsten Voraussetzungen für Heilung zu schaffen, ist es sehr wichtig, Folgendes zu erkennen: Wenn Sie von den Gedanken und Emotionen gesteuert und kontrolliert werden, die aus Ihrem Gefühl der Besonderheit entspringen, können Sie mit der tieferen Weisheit des Lebens weniger in Resonanz gehen. Das ist so, als hätten Sie einen Radiosender gewählt, dessen aufhetzende Meinungen Angst, Wut, Schuldgefühle oder Verwirrung in Ihnen verbreiten, anstatt auf einen Kanal zu wechseln, dessen Meldungen Ihnen Einsichten, Klarheit und Weisheit vermitteln.
Wenn Sie emotional hin und her gerissen sind zwischen Angst und Hoffnung oder zwischen Schuld und Vorwürfen, dann ist das anstrengend. Auch das Verteidigen Ihrer Position als etwas Besonderes kostet Kraft. Wenn die Macht des Ego, Sie ständig in emotionale Wechselbäder zu tauchen, nachlässt, können Sie wieder ungehindert in Resonanz mit dem grenzen- und zeitlosen Feld der Präsenz gehen. Dieses Feld wartet auf Sie und ist stets verfügbar, denn solange Ihr Ego es nicht überblendet, sind Sie immer ein Teil von ihm. Plötzlich fühlen Sie sich auf eine Art und Weise unterstützt, die für Ihr Ego völlig unvorstellbar ist.
Aus diesem Grund ist es für einen Menschen, der das Gewahrsein des gegenwärtigen Moments übt und pflegt, wesentlich weniger schlimm, krank zu sein. Auch der Tod ist kein großes Drama mehr, denn Sterben ist letztendlich ein völlig natürliches Ereignis. Sie können sich nicht einerseits damit identifizieren, etwas Besonderes zu sein, und andererseits gleichzeitig präsent, entspannt und im Flow sein. Echtes Wohlbefinden und das Gefühl der Besonderheit schließen sich gegenseitig aus.
Ihr Ego weiß einfach nicht, dass es Teil eines größeren Feldes aus Intelligenz, Liebe und Unterstützung ist. Es glaubt, ein eigenes Wesen zu sein, eine eigenständige Welt. Um diese Welt zu erhalten, muss es sorgfältig darauf achten, dass Sie in seinem Drama weiter mitspielen und sich entweder überproportional wichtig oder aber missachtet fühlen. Es muss (ihm unerwünschte) Veränderungen beklagen und Ängste vor dem Verfehlen der von ihm entworfenen Zukunft schüren. Es muss Ihnen sagen, dass Krankheit unfair sei, denn es kann weder Krankheit noch Tod als etwas Natürliches betrachten. Also muss es heroisch danach streben, wieder gesund zu werden, denn es versteht nicht, dass jede Konzentration auf diese Art von Geschichte ein emotionales Umfeld schafft, das Liebe verhindert – selbst dann, wenn der Austausch von Liebe Ihnen am meisten am Herzen liegt. In jedem Fall kann das Ego nicht erkennen, dass seine eigene, dem Verstand entsprungene