Eine spanische Eröffnung. Harald Kiwull
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Читать онлайн книгу Eine spanische Eröffnung - Harald Kiwull страница 8
Ich stieg die Außentreppe empor und ging hinüber zum großen Tor am Eingang des Grundstückes. Gerade rechtzeitig öffnete ich es. Paquita in ihrem engem Lederdress mit schwingendem hellem Zopf bog jetzt mit gemächlicher Geschwindigkeit um die letzte Kurve den Hang herab. Sie schob ihren Gesichtsschutz am Helm hoch, lächelte mir strahlend zu und streckte die rechte Faust mit erhobenem Daumen aus, als sie durchs Tor und an mir vorbeifuhr.
Eine halbe Stunde später, sie war zuvor wortlos in ihren Räumen verschwunden und ich hatte mich wieder an meinen Platz ganz vorn auf der Terrasse gesetzt, sprang sie trotz ihrer ziemlich hochhackigen Schuhe immer zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe herab. Schlank, sportlich, ein beeindruckender Anblick. Sie trug jetzt einen hellen, schwingenden, knöchellangen Rock aus einem dünnen Stoff und eine schwarze Bluse. Ihre Haare hatte sie wieder zu einem kunstvollen Knoten hochgedreht.
Sie packte mich, gab mir einen Kuss und ließ sich in den zweiten Terrassenstuhl fallen. Von dem Weißwein, den ich vorsorglich kurz vorher in einem Kühler aus dem Haus geholt hatte, goss ich ihr ein Glas voll und füllte meines erneut.
Sie stieß mit mir an, ganz offenbar sehr guter Laune.
„Du scheinst ja ziemlich erfolgreich gewesen zu sein?“, fragte ich sie.
„Vielleicht“ blinzelte sie mir zu, zuckte mit den Schultern und blickte dann betont gelangweilt mit einem kleinen Lächeln zur Seite. „Erst du! Was hast du denn da in dem Päckchen?“
Ich befasste mich erneut mit meiner Sendung und riss die Verpackung auseinander. Ein kleines braunes Lederetui etwa so groß wie zwei Handflächen nebeneinander kam zum Vorschein.
Ich hielt es Paquita hin, die es eifrig ergriff, den schwarzen Reißverschluss aufzog und die beiden Hälften auseinanderklappte. Überrascht blickte sie auf die zierlichen Instrumente aus silbernem Metall, die sie vor sich hatte. Fein säuberlich nebeneinander in Lederschlaufen aufgereiht, fast wie ein Arztbesteck.
Es war ungefähr vor fast zwei Jahren gewesen. Ich hatte mit meinem Freund Jan, dem Privatdetektiv, in Karlsruhe eine kleine Kneipentour gemacht. Wir sprachen über seine Arbeit und seinen letzten Erfolg. Ich lobte ihn, und es gab wirklich genug Grund dafür. Als wir sehr spät in der Nacht zu ihm schwankten, ich sollte bei ihm übernachten, stoppte er vor seiner Haustür und fragte mich, ob er mir mal zeigen sollte, wie erfolgreich er sei.
Natürlich war ich einverstanden und hochinteressiert dazu.
Er zog aus seiner Manteltasche dieses kleine, braune Ledertäschchen, öffnete es und hatte zu meiner Verblüffung mit zwei Instrumenten daraus in Nullkommanichts trotz Sicherheitsschloss die Tür aufgesperrt.
Er erzählte mir dann, dass er vor einiger Zeit einem Einbrecher half, der ausnahmsweise in einem Fall zu Unrecht verdächtigt wurde. Dem blieben damit der Widerruf einer Bewährung und eine hohe weitere Freiheitsstrafe erspart. Das Ganze hatte den Ganoven so geschockt, dass er seinem Beruf abschwor und, um nicht auf falsche Gedanken zu kommen, aus Dankbarkeit Jan sein Einbruchsbesteck schenkte.
Ich war total beeindruckt, und als mir Jan die kleinen Stangen mit Häkchen in die Hände drückte, versuchte ich es, und nach einigem Hin und Her und mit seiner Anleitung schaffte ich es dann auch.
Ich erzählte Paquita, die fasziniert zuhörte, diese Geschichte. „Später habe ich mir dann von Jan einmal sein Einbruchsbesteck ausgeliehen und bin damit eingebrochen“, schloss ich und lächelte ihr zu.
Sie sah mich ziemlich fassungslos an. „Das hast du dir doch ausgedacht!“
„Nein wirklich. Ich bin reingekommen. Es war nicht einfach und auch ziemlich aufregend, aber ich habe es geschafft!“
Jetzt wirkte sie leicht entsetzt. „Aber du bist doch Richter! Ich glaube nicht, dass die spanischen Richter sowas tun. Und wieso bist du eingebrochen?“
Ich nahm einen großen Schluck aus meinem Weinglas. „Ich war damals in einer großen Notlage. Ich musste mich verteidigen. Jemand hatte es auf mich abgesehen.“
Paquita sah mich nur etwas zweifelnd an.
Ich entschloss mich, mit dem eigentlichen Knüller herauszurücken. „Und ich plane auch jetzt hier einen Einbruch. Deswegen habe ich mir das Werkzeug schicken lassen.“
Um ihr keine Zeit für eine Antwort zu lassen, erklärte ich, dass ich den Kerlen ausgeliefert sei, wenn ich nicht Näheres über sie in Erfahrung bringen würde. Wahrscheinlich handelte es sich bei den beiden auch nur um die Handlanger. Ich müsste unbedingt versuchen herauszubekommen, wer und was dahinter steckt. Und dafür müsste ich bei ihnen in ihre Unterkunft. Müsste sie durchsuchen in der Hoffnung, dass ich etwas finde, aus dem ich Rückschlüsse ziehen kann.
Ich hielt erschöpft inne.
Nach einer Pause sagte ich: „Aber dafür muss ich sie erst mal finden.“
Paquita lehnte sich zurück, breitete die Arme nach beiden Seiten aus und grinste verschmitzt. „Dafür hast du ja schließlich mich!“
Ich fand, dass sie sich ziemlich schnell beruhigt hatte. Wohl doch eine Abenteurernatur. „Sag bloß? Hast du die beiden aufgestöbert? Ich kann es nicht glauben. Du hattest doch kaum Zeit dafür.“
Jetzt lehnte sie sich zu mir vor.
„Um ehrlich zu sein, nicht ich allein. Ich habe meine sämtlichen Kollegen mobilisiert. Paco aus Peñíscola, Joaquin aus Torreblanca und Ana aus Alcala de Xivert. Alle auf ihren Postmotorrädern. Die habe ich auf die deutsche Bande angesetzt! Die ganze Post im Umkreis!“
Sie blickte mich erwartungsvoll an.
Ich war sprachlos. Paquita aber platzte beinahe vor Stolz.
Schließlich fasste ich mich. „Paqui, was hast du, um Himmels Willen, deinen Kollegen erzählt? Das gibt doch einen Riesenärger, wenn die Typen irgendwas spitz gekriegt haben!“
Paquita wedelte beruhigend mit der Hand. „Keine Sorge. Ich habe denen gesagt, dass dein Auto vor der Post ein bisschen angefahren worden ist, eine Schramme, und ein schwarzer Mercedes mit deutschem Kennzeichen hat vorher daneben gestanden. Du bist ein Freund von mir und wolltest das klären. Sie sollten beim Herumfahren einfach nur aufmerksam sein.“
Zufrieden lehnte sie sich zurück.
„Wenn ich das in Karlsruhe erzähle, glaubt es mir kein Mensch“, stöhnte ich. „Der Karlsruher Landrichter Knall verursacht die Bildung einer speziellen kriminellen, motorisierten Vereinigung mittels Unterwanderung der gesamten Post an der Costa Azahar, die ,banda correos criminal‘“.
Paquita kicherte vor sich hin. „Ja, genau!“
Ich riss mich zusammen. „Also, was haben deine Komplizen feststellen können?“
„Joaquin war erfolgreich. Er fährt Torreblanca und Umgebung ab, auch Torrenostra am Meer. Und dort hat er tatsächlich den Mercedes in einer Einfahrt vor einem Haus gefunden.“
Ich kannte Torrenostra. Von Alcossebre aus war ich oft auf dem Fahrrad auf kleinen Wegen durch die Orangen- und Mandarinenfelder mit den goldglänzenden,