Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker
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„Du wirst die Macht des Mondes brauchen, um mich zu befreien!“, meldete sich Ar-Dons Stimme wieder in seinen Gedanken. „Ansonsten wäre es sehr schwer und würde vielleicht deine Kräfte übersteigen.“ Als Gorian darauf nichts erwiderte und auch nichts unternahm, sondern einfach nur unschlüssig dastand, wurde der Gargoyle drängender, fast wütend: „Du brauchst meine Hilfe ebenso wie ich die deine! Du Narr, sieh endlich ein, dass es kein Gefallen ist, den ich von dir fordere, sondern dass ich dir ein Geschäft vorschlage, bei dem wir beide einen guten Schnitt machen!“
„Schweig!“, murmelte Gorian, denn er wusste inzwischen, dass es keinen Sinn hatte, diese Gedankenstimme einfach nur zu ignorieren. Das schien sie letztlich nur noch anzustacheln. Und die Beharrlichkeit dieses Wesens war kaum zu übertreffen.
Aber war das verwunderlich? Schließlich befand sich in jener Kreatur, zu der Ar-Don geworden war, auch der Geist Meister Domrichs, und der hatte in Morygors Kerker ein geradezu übermenschliches Durchhaltevermögen bewiesen. Zumindest diese Eigenschaft des Schwertmeisters war wohl auf den Gargoyle übergegangen, woran offensichtlich auch der Umstand nichts geändert hatte, dass Morygor Ar-Don anschließend auf das ihm gefällige Maß zurechtgestutzt hatte.
„Nur gemeinsam können wir überleben, Gorian!“, fuhr die Gedankenstimme einfach fort. „Du denkst wohl, du wärst der Einzige, der sich von Morygors Grausamkeit fürchten muss. Mag sein, dass er in erster Linie hinter dir her ist, aber glaubst du, mir gegenüber würde er mehr Gnade walten lassen als dir, fiele ich ihm in die Hände? Der Herr der Frostfeste bestraft alle, die seine Befehle nicht zu seiner vollsten Zufriedenheit ausführen. Ich habe gefehlt, und die Rache des Frostherrn wäre mir gewiss.“
„Selbst für Morygor dürfte es sehr schwierig sein, dich endgültig zu töten“, äußerte Gorian laut.
„Morygor tut seinen Dienern, die in seinen Augen versagt haben, und Verrätern an seiner Sache weitaus Schlimmeres an – wobei beide Vergehen für ihn dasselbe ist.“
Gorian fühlte plötzlich einen ungeheuer starken Drang in sich, dem er sich nicht zu widersetzen vermochte. Ein Drang, der sich zusammensetzte aus eigener Neugier und etwas, das nicht aus ihm selbst kam. Er trat vor, ganz nahe an den knorrigen Baum heran, bog ein paar Sträucher zur Seite, die zwischen seinen Wurzeln wuchsen, und entdeckte einen Stein, der wie ein verkleinertes Ebenbild des Quaders im Tempel wirkte. Selbst das Zeichen, das auf dem Altar beim Einfall des Mondlichts zu sehen war, fehlte nicht: Das Siebenerkreuz war in den Stein graviert!
Jetzt liegt es also in meiner Hand, dachte Gorian.
„Endlich begreifst du es, du Narr! Aber es kommt auch auf den richtigen Moment an. Ohne das Mondlicht geht es nicht, also warte!“
„Nein“, dachte Gorian, und dies sehr intensiv und auf eine Weise, von der er annahm, dass der Gargoyle es auf jeden Fall erfasste. „Du behauptest, mein Diener sein zu wollen, aber in Wahrheit schwebt dir doch genau das Gegenteil vor. Ich werde mich nicht von dir beeinflussen lassen!“
„Wir werden sehen“, wisperte die Gedankenstimme. „Wir werden sehen...“
In diesem Augenblick vernahm Gorian den durchdringenden Schrei eines Adh...
––––––––
Gorian fand Beliak am entgegengesetzten Ende der Lichtung, wo dicht beim Waldrand hohes Gras wuchs.
„Was ist los?“
Beliak starrte auf einen etwa zwei Schritte durchmessenden Bereich, der völlig frei von Gras war, obwohl der Untergrund dort aus dunkler, ja, pechschwarzer Erde zu bestehen schien, aus der es eigentlich nur so sprießen musste. Allerdings fiel Gorian der scharfe, unangenehm stechende Geruch auf, der von dieser angeblichen Erde ausging.
„Das ist kein Mutterboden“, erklärte Beliak, „sondern die Hinterlassenschaft eines Langzahnlöwen. Und ich wäre beinahe hineingetreten!“ Der Adh schüttelte sich. „Die Biester sind selten geworden, aber ausgerechnet diesen Ort scheint sich einer von ihnen zum Revier erkoren zu haben.“ Beliak seufzte. „Ist natürlich ein zusätzlicher Schutz, wenn man irgendwas verbergen will ...“
„Ist das frisch?“, fragte Gorian.
„Was weiß ich. Mir selbst ist nie eines dieser Monster begegnet, den Göttern der Adhe sei Dank. Wusstest du, dass im Zeitalter der Alten Götter einige Menschenvölker diese Bestien abgerichtet haben, Adhe zu jagen?“
„Nein, wusste ich nicht“, gestand Gorian.
„Sie können nämlich ins Untererdreich eindringen und dort sehr viel länger existieren als die meisten anderen Wesen, von uns Adhen mal abgesehen.“
„Dann war das Biest, von dem dies hier stammt, vielleicht dem magischen Drang erlegen, der alles in die Tiefe ziehen will, und ist jetzt irgendwo unter unseren Füßen, ohne die Möglichkeit, einer Rückkehr.“
„Darauf würde ich mich nicht verlassen“, murmelte Beliak. „Wir sollten uns nicht mehr zu weit vom Tempel entfernen ...“
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Eisiger Wind kam auf, so feucht und kalt, dass er die Blätter der umliegenden Bäume mit einer feinen glitzernden Schicht überzog, wodurch sie so schwer wurden, dass einige von ihnen hinabfielen. Auch Äste wurden nach und nach von einer Eisschicht eingehüllt und brachen.
Schon zuvor war Beliak aufgefallen, dass es in einem gewissen Umkreis des Tempels keinerlei Tiere gab, aber das hatte er zunächst den besonderen magischen Eigenschaften dieses Ortes zugeschrieben. Nun war er sich da nicht mehr so sicher. „Könnte sein, dass Frogyrr selbst sich hierher begibt“, sagte er düster. „Schließlich geht es nicht nur um deine Existenz, sondern auch um die des Frostgottes. Denn ich glaube kaum, dass Morygor es ihm so ohne Weiteres verzeihen würde, sollte er mit leeren Pranken in die Frostfeste zurückkehren. Wahrscheinlich wäre für ihn selbst ein Leben unter der Sonne Eldosiens noch angenehmer.“
Etwas später setzte Schneefall ein, und innerhalb kurzer Zeit war das Gebiet um den Tempel zu einer weißen Winterlandschaft geworden. Nur der Tempel selbst, die Lichtung und die ersten Baumreihen des Waldes blieben davon unberührt. Und wenn Gorian in den grau gewordenen Himmel blickte, durch den seltsamerweise nur noch der dunkle Schattenbringer deutlich zu erkennen war, während die Sonne als verwaschener und erschreckend fahler Lichtfleck erschien, konnte er sehen, wie eine unheimliche Kraft die Schneeflocken ablenkte, so als wäre über diesen Bereich ein unsichtbarer Schirm gespannt.
Weit über dieser unsichtbaren Glocke tauchten wieder Eiskrähen auf, aber diesmal wagten sie keinen Sturzflug in die Tiefe, sondern blieben hoch oben, selbst für den Rächer unerreichbar, hätte Gorian ihn geschleudert.
Sie kreisten über