Harras - der feindliche Freund. Winfried Thamm

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Harras - der feindliche Freund - Winfried Thamm

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      „Und du, isst du nicht mit uns?“, fragte ich erstaunt.

      „Nee, lass man, hab noch hinten mit der Buchhaltung zu tun“, kam es etwas verlegen mit einem Seitenblick zu Harras. „Jetzt lasst es euch schmecken. August und Sabrina sind ganz allein für euch da. Übrigens, ich habe euch eingeladen, versteht sich.“

      Dann verzog er sich in sein Büro. Wir setzten uns in eine gemütliche Nische und tranken unseren Weißen.

      „Was war das denn gerade? Reiner hat extra für uns an seinem Ruhetag seinen Laden aufgemacht und seinen Koch samt Kellnerin bestellt? Was soll das?“, fragte ich skeptisch. Eine Alarmglocke klingelte deutlich in meinem Hinterkopf.

      „Ich wollte mal in Ruhe mit dir reden, ohne Ablenkung durch andere Gäste, Lärm und Hektik. Das brauche ich manchmal“, antwortete er mit schiefem Lächeln.

      „Und deswegen reservierst du gleich ein ganzes Lokal, lässt den Chef die Rechnung übernehmen und nötigst das Personal zu unbezahlten Überstunden?“

      „Jetzt hör mir mal zu!“, befahl er schmallippig. „Ja, so was mache ich manchmal, wenn mir danach ist. Ich kann mir das leisten. Aber in diesem Fall hatte ich bei Reiner noch einen Gefallen gut, weil ich ihm diesen Laden extrem billig besorgt habe. Da kann er ruhig mal für uns den Kochlöffel schwingen. Alles klar?“ Seine Stimme hatte Biss bekommen.

      „Ja, ist ja schon gut. Geht mich auch nichts an. Frieden?“

      Ich hielt ihm mein Glas hin, zum Anstoßen. Er nahm an.

      Der Wein war geleert und der Aperitif gerade gekommen, da kam Harras schon zur Sache:

      „Weißt du eigentlich noch, dass wir uns einmal ewige Freundschaft geschworen haben? Kennst du den Spruch noch:

      Über Frauen, Geld und Ruhm steht das, was wir zusammen tun.“

      Dabei hielt er mich mit seinem Blick fest und wartete.

      Ich hielt ihm nicht länger stand und schaute auf mein Glas, als ich ergänzte:

      „Freundschaft, die uns Freude schafft, H & H. Ja, ja, ich weiß es noch. Das hat jetzt im Nachhinein ein bisschen was von Indianerschwur. So was macht man, wenn man jung ist.“

      Mir war das Thema peinlich.

      „So etwas tue ich nur selten und nehme es sehr ernst.“ Das klang wie eine Drohung.

      „Was willst du eigentlich?“

      „Ich will, dass du diesen Schwur nicht so leichtfertig abtust. Das war ein Versprechen, eines der wenigen, die überhaupt zählen.“ Sein Ton wurde hart.

      „Was soll das?“ Auch ich wurde bissig. Jetzt war er wieder mein alter Feind. „Du tauchst nach fünfundzwanzig Jahren plötzlich aus der Versenkung auf, spendierst mir ein erpresstes Gratismenü und meinst, eine alte Freundschaft bei mir einklagen zu können wie eine unbezahlte Mietschuld, eine Freundschaft, die du selbst zerstört hast. Hast du das vergessen? Mach dich doch nicht lächerlich.“

      Seine Augen waren schmale Schlitze und seine Lippen ein dünner Strich.

      „Bezeichne mich nie wieder als lächerlich, nie wieder. Merk dir das“, fauchte er.

      Schweigen, nur wieder dieser starre Blick. Diesmal hielt ich ihn aus, bis er fragte:

      „Was habe ich denn ach so Böses getan?“

      „Hast du das ernsthaft vergessen? Das sieht dir ähnlich.“

      „Nein, das habe ich nicht. Ich will nur deine Version hören. Es gibt bekanntlich immer mehrere Wahrheiten. Erzähl sie mir, dann hörst du meine.“

      Jetzt versuchte er wieder dieses charmante Lächeln, was nicht ganz glückte.

      „Okay, ich weiß zwar nicht, was das soll, aber ... Du weißt vielleicht noch, dass ich damals unsterblich in Scarlett verliebt war, die mich nach einer kurzen Affäre in die Wüste geschickt hatte, fallen gelassen wie einen faulen Apfel und zu ihrem Eifelbauern zurückkehrt war. Ich war am Boden zerstört, konnte es nicht fassen und fühlte mich ausgelöscht und völlig leer. Ich erzählte dir, meinem Freund, all meinen Schmerz. Und du sagtest – ich weiß es noch wie heute und werde es nie vergessen – das Geilste für dich sei, dass du sie mal so richtig durchfickst und ich sollte dabei zusehen, weil ich anscheinend gar nicht wüsste, wie so was geht. Dann hast du einen Lachanfall gekriegt und konntest gar nicht mehr aufhören vor Spaß an deiner eigenen Bösartigkeit. Du warst eine Sau, eine verdammt kaltherzige Sau. Ich habe dich angeschrien und du hast nicht aufgehört, mir zu beschreiben, wie du sie nimmst, von vorne von hinten und was weiß ich. Du hast mir ihr orgastisches Stöhnen und Röcheln vorgespielt und immer wieder deine Teufelslache, deine diabolische Fratze. Ich habe geheult und geschluchzt. Ich war völlig hilflos. Dann bist du urplötzlich auf meinem Sofa eingeschlafen und ich habe dich nicht wieder wach bekommen, um dich rauszuwerfen, so blau, wie du warst.

      Als ich am nächsten Morgen aufstand, warst du weg. Das Einzige, was du mir hinterlassen hattest, war ein vollgekotztes Klo und ein dickes Brandloch in meinem neuen Sofa. Mein Gott, warum sitze ich eigentlich mit dir hier?“

      Ich hatte gar nicht bemerkt, dass uns jemand wieder neue Getränke gebracht hatte. Ich stürzte den Inhalt des Glases hinunter, ohne zu wissen, was ich da trank und steckte mir eine Zigarette an. Das kühle Getränk beruhigte mich etwas.

      „Ja, so war es. Du hast recht, das war gemein von mir. Aber hast du dich einmal gefragt, in deinem ach so großen, süßen Schmerz, warum ich das getan habe? Du hast doch gar nicht mehr gesehen, was wirklich abging, was sie mit dir gemacht hat, diese Scarlett, ein Name, ein Programm. Diese Fotze auf Beinen bis zum Himmel hat dich verarscht.“

      „Mein Gott, hast du eine Ausdrucksweise.“

      „Das ist nur die passende Wortwahl. Sie hat dich als weiches Heulkissen benutzt, sich von dir wieder aufbauen zu lassen. Sie hat ihren Eifeltypen mit dir betrogen, um ihn weich zu kriegen und hat dich gleich mit fertiggemacht. Sie hat dir nie gesagt, dass sie dich will und bei dir bleiben will. Du hattest sie damals mit dem schönen Wort ,ambivalent‘ beschrieben. Sie hat dir mit ihrem arroganten Prinzessinnengetue völlig den Kopf verdreht. Ich hatte dir vorher schon berichtet, wie sie dich hinter deinem Rücken anderen Leuten gegenüber beschrieb: das naive Weich-Ei, der amüsante Pausenclown, der harmlose Irre, der wie Wachs zwischen ihren Beinen dahinschmolz und ihr Gedichte schrieb. Das einzig Passable an dir sei dein Klavierspiel. Sie hat sich über dich lustig gemacht, dich der Lächerlichkeit preisgegeben. All das hatte ich dir klarzumachen versucht. Nur warst du taub und blind und liebeskrank. Meine Methode war nicht die feine Art und auch nicht sehr effizient, das habe ich dann auch gemerkt. Deswegen bin ich abgehauen. Und außerdem war ich an dem besagten Abend ziemlich blau.“

      „Das war immer schon deine Entschuldigung. Dann hättest du nicht so viel saufen dürfen.“

      „Gut, dass du im besoffenen Kopf keinen Scheiß gemacht hast. Als ich dich dann anrief, hast du sofort wieder aufgelegt und das nicht nur einmal. Ich habe vor deiner Tür im Auto stundenlang auf dich gewartet. Als du dann schließlich aus dem Haus kamst und ich dich ansprach, bist du wortlos weitergegangen. Geht man so etwa mit einem Freund um? Du hast mir einfach keine Chance gegeben. So, das ist meine Version. Und jetzt sage ich etwas, was mir sehr schwer fällt: Ich bitte dich hier und jetzt offiziell um ... Verzeihung, Henning. Das war eine Ecke zu hart für dich. Das hätte ich wissen müssen. Entschuldige.“

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