Mein Leben - Meine Musik. John Fogerty
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Die Musik war eine Sache, die Texte eine andere – und beides ist mir praktisch schon immer wichtig gewesen. Mein Dad und ich saßen einst zusammen im Auto und unterhielten uns über einen Song mit dem Titel „Big Rock Candy Mountain“. Uns beiden gefiel das Stück, und er versuchte, es mir zu erklären. Der Ort, der darin beschrieben wurde, hörte sich richtig prima an. Dann kamen wir zu einer Passage, in der „little streams of alcohol“ erwähnt wurden. Ich fragte meinen Dad: „Was soll das heißen? Was ist Alkohol?“ Er antwortete, dass es sich dabei um etwas handele, das Erwachsene gerne tränken. Er meinte: „Und dann gleich ein ganzer Fluss davon! Das wäre ein Spaß! So wie ein Fluss, der aus Limonade bestünde!“
Es war schon irgendwie ironisch: Da erkundigte ich mich bei einem Typen nach der Bedeutung von „Alkohol“ – und später sollte ich herausfinden, dass er viel zu viel davon konsumierte. So wie später ich ja übrigens auch.
Meine Eltern hatten sicherlich beide großen musikalischen Einfluss auf mich, aber vielleicht meine Mom sogar noch ein bisschen mehr, weil ich viel mehr Zeit mit ihr verbrachte. Meine Mom spielte sogenanntes Stride-Piano – das war ein Klavierstil, bei dem die linke Hand einen Akkord auf eine Bassnote folgen ließ, während die rechte Hand die Melodie und mitunter auch Synkopen spielte. Das war cool, eine Art Boogie-Woogie. Ihr Spiel war einigermaßen schlampig, was gut dazu passte. Es klang ganz schön abgefahren. Meine Mom spielte Klavier und sang „Shine On, Harvest Moon“, und manchmal begleitete ich sie. Das war bereits nach der Trennung meiner Eltern. Wenn man ein aufmüpfiges, etwas rebellisches Kind ist, macht man manchmal eben mit und dann wieder nicht, weil man es für uncool hält. Doch „Shine On, Harvest Moon“ ist immer noch eines meiner Lieblingslieder. Eine der besten Versionen stammt aus dem Film In der Fremdenlegion, in dem es Oliver Hardy singt. Diese Interpretation fand ich sehr inspirierend. Stan Laurel tanzte dazu. Das musikalische Arrangement war typisch für den Stil der Dreißigerjahre, doch Oliver Hardy sang eher bluesig dazu. Er klang richtig gut! Obwohl der restliche Film eher Slapstick war, war dies eine ernste Szene, über die keiner lachte. Zumindest sah ich das so. Für mich war das Kunst.
In unserem Haushalt waren wir fünf Jungs. Da ging es drunter und drüber, und eigentlich wundert es mich, dass keiner von uns im Knast von St. Quentin landete. Es wäre nicht so abwegig für uns gewesen, in schlechte Gesellschaft zu geraten. Doch letztlich hielten uns unsere Eltern – besonders meine Mom ‒ auf Kurs. Wann immer ich Gefahr lief, vom Weg abzukommen, griff meine Mom ein.
Wir gehörten meiner Meinung nach zur unteren Mittelschicht. Meine Mom war ein umgänglicher Mensch. Nach der Scheidung meiner Eltern machte sie ihren Abschluss als Lehrerin und hatte es fortan in erster Linie mit emotional oder sogar geistig beeinträchtigten jungen Menschen zu tun. Sie kannte sich richtig gut mit diesem Zeug aus. Ich sage „dieses Zeug“ dazu, weil wir Jungs eigentlich keine Ahnung hatten, welcher Arbeit unsere Mom nachging. Ihr Arbeitsplatz befand sich auf der anderen Seite der Bucht in South San Francisco, weshalb sie schon früh am Morgen aufbrach und erst am Abend wiederkam. So verbrachten wir viel Zeit allein und entwickelten uns auch ganz gut, wie ich finde.
Ich weiß gar nicht, wie sich meine Eltern kennenlernten. Sie lebten beide zuerst in Great Falls in Montana und zogen von dort aus nach Kalifornien, in die Bay Area. Meine Mutter Lucile war in Montana geboren. Ein cooler Ort übrigens, dieses Montana. Meine Eltern unterhielten sich mitunter über Stechmücken, die so groß waren, dass sie selbst die mit Fliegengitter versehene Haustür öffnen und sich hereinlassen konnten.
Um 1959 herum ‒ es war vor oder nach der neunten Klasse ‒ nahm mein Dad meine Brüder Dan und Bob und mich mit auf einen Ausflug nach Montana. Wir hielten an einem Bahnübergang, mein Dad streckte seinen Arm aus und sagte: „John, sieh dir diesen Zug an. Züge sind schon etwas Schönes. Und bald gibt es sie nicht mehr.“ Ich glaube, er meinte die Dampflok. Ich verstand ihn: dass es schade wäre, wenn diese Ära enden sollte. Mein Dad stand auf Züge. Ich denke, er ist ziemlich oft mit der Bahn gefahren. In meiner Familie heißt es, er sei als Hobo mit ihr bis nach Kalifornien gereist.
Mein Vater Galen Robert Fogerty stammte aus North Dakota und wuchs entweder auf einer Ranch oder einer Farm auf. Er hatte irische Vorfahren, und wie mir erzählt wurde, war entweder sein Vater oder sein Großvater vor der Großen Hungersnot nach England geflohen. Unser Familienname schrieb sich einst „Fogarty“, aber da es damals so viele Vorurteile gegen Iren gab, änderten sie den Namen in „Fogerty“. Na ja, mir kommt das ungefähr so sinnvoll vor, als änderte man seinen Namen von „Smith“ in „Smythe“.
Auch England erwies sich als ungeeignet, deshalb zogen sie nach Amerika. Als Kind und Jugendlicher war mir die Sache mit der irischen Abstammung sehr wichtig – Kobolde, der Topf mit dem Gold, der irische Whiskey – und mir fiel bald auf, dass die Iren ziemlich gut darin waren, in einem Pub rumzusitzen und sich ein Pint zu genehmigen.
Die Herkunft meiner Mom lässt sich dagegen bis zur Mayflower zurückverfolgen. Ihr entfernter Verwandter und Vorfahr William Gooch stammte aus England und war der erste Gouverneur Virginias. George Washington stammte aus Goochland County. Mir gefiel es, dass unsere Wurzeln so weit in die Geschichte unseres Landes zurückreichten. Nach einer Familienlegende sind wir sogar mit Daniel Boone verwandt. In einer anderen Version ist es Davy Crockett.
Mein Dad arbeitete bei der Berkeley Gazette. Passend zu seiner Liebe zu Zügen und allen anderen schönen Dingen, die aus der Mode kamen, bediente er dort eine Linotype-Setzmaschine. Dann nahm er noch einen zweiten Drucker-Job an, weshalb sein Arbeitstag länger als acht Stunden dauerte. In anderen Kreisen, zu anderen Zeiten hätte er als belesener Mann gegolten. Obwohl ich glaube, dass mein Dad in Montana das College abgeschlossen hat, reichte das damals nicht zu einem besseren Job mit mehr Geld oder einem höheren Lebensstandard für uns. Das mag sich selbstsüchtig anhören, aber so meine ich es gar nicht.
Mein Dad war ein Träumer. Er schrieb Geschichten. Außerdem besaß er in den Vierzigerjahren eine Filmkamera, mit der er unsere Familie filmte. Ich besitze immer noch ein paar dieser Aufnahmen – und zeige sie mittlerweile sogar während meiner Konzerte. Dad montierte die Filme an seinem Schneidetisch. Jedoch filmte er auch Geschichten über eine Figur namens „Charlie the Chimp“. Mein Vater schrieb außerdem eine Geschichte über die Entdeckung des Pluto. Diese könnte sogar in Reader’s Digest erschienen sein. Ich glaube, das war seine bedeutendste Veröffentlichung.
In späteren Jahren identifizierte Dad sich ernsthaft mit Ernest Hemingway. Er hatte denselben weißen Bart und schlohweißes Haupthaar. Im Haus lagen Manuskripte herum. Ich denke, mein Vater hätte das Zeug zum Schriftsteller gehabt, aber er konnte es nie beweisen. Solche Leute gibt es viele. Sie sind künstlerisch veranlagt, wissen jedoch nicht, an wen sie sich wenden sollen, damit ihre Arbeiten veröffentlicht werden. Dad bekam es nicht auf die Reihe, ein berühmter Autor zu werden – oder zumindest einer, der für seine Mühen entlohnt würde. Er war sehr smart und lebte im Augenblick. Als ich drei oder vier Jahre alt war, spielte ich ein kleines Spiel, das er selbst erfunden hatte. Es war durchaus pädagogisch wertvoll und bestand aus kleinen, kreisrunden Scheiben. Auf jeder dieser Scheiben standen ein Buchstabe und eine Zahl. Außerdem waren die Scheiben in unterschiedlichen Farben gehalten. So erlernte ich das Alphabet, wie man zählt, sowie die Namen der einzelnen Farben. Das war eine ziemlich coole Idee! Rückblickend wundere ich mich, wieso er nicht Millionen Dollar damit verdienen konnte. Er traf aber einfach nie auf die richtigen Leute. Vielleicht