Mein Leben - Meine Musik. John Fogerty
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Meine Mom war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Sie unterrichtete mich in vielen Dingen, spielte mir viel Musik vor und versuchte, für mich da zu sein. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Auch sehe ich die ganze Situation mittlerweile ein wenig differenzierter ‒ nicht mehr nur aus meiner Perspektive, da ich ja vieles nicht mitbekam oder verstand. Ein Grund dafür mag sein, dass ich heute so viel habe. Und wegen Julie. Ich sehe meine Eltern beinahe als tragische Figuren. Es ist schrecklich, dass sich meine Mutter einen großen Teil ihres Lebens wahrscheinlich ungeliebt fühlte. Als ob sich niemand um sie kümmerte. Mein Dad fand nach der Trennung von Mom mit Sicherheit keine Liebe mehr in seinem Leben. Die wahre Tragödie lag aber darin, dass meine Eltern sich meiner Meinung nach, bevor die Geld- und Alkoholprobleme alles zerstörten, wirklich geliebt hatten.
Wir hatten eine Schallplatte zu Hause mit einem Song von den Mills Brothers, „When You Were Sweet Sixteen“. Es war eine alte 78er-Scheibe. Mein Dad und meine Mom sangen das Stück gerne gemeinsam. Gott, was war das nur für ein Song. Wunderschön. Es bricht mir das Herz, wenn ich ihn heute höre. Ich war damals einfach nur ein Junge, der die Scheidung seiner Eltern miterleben musste, und das war ihr Song!
Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir Jungs gemeinsam im Gerichtssaal saßen. Wir wurden alle fünf, ohne unsere Eltern, in einen Raum gerufen, und ein Beamter, vermutlich ein Richter, stellte jedem Einzelnen von uns dieselbe Frage, nämlich, bei welchem unserer Elternteile wir von nun an wohnen wollten.
Ich glaube, wir hatten uns darauf geeinigt, dass wir alle bei unserer Mom bleiben wollten. Zwar weiß ich nicht, ob wir unsere Geschichten aufeinander abgestimmt hatten, aber ich erinnere mich daran, dass wir in unserem Herzen wussten, es würde die beste Lösung sein. Aber es war schon echt beängstigend, dass es wirklich so weit gekommen war, dass uns diese Frage tatsächlich – von einem Fremden noch dazu – gestellt wurde. Es war nicht einfach, sich darüber Gedanken zu machen. In erster Linie wollte ich einfach mit meinen Brüdern zusammenbleiben. Wir alle wollten das.
Meine Eltern stritten ununterbrochen über die Begleitumstände und Konsequenzen ihrer Scheidung. An einem Samstagmorgen, nachdem wir Jungs im Garten gecampt hatten, fuhr plötzlich die Polizei vor. Da lagen wir nun, Kinder in ihren Schlafsäcken, die von den Cops aufgeweckt wurden. Anscheinend hätten wir an diesem Wochenende bei unserem Dad sein sollen. Es war schon aufdringlich von meinem Dad, gleich die Polizei zu rufen. Schließlich zahlte er ja auch keine Alimente, obwohl er das hätte tun müssen. Ich weiß gar nicht, ob er einen Job hatte oder nicht. Jedenfalls war dies der Grund dafür, dass Mom uns ihm vorenthielt. Ich bin mir aber sicher, dass Mom sich innerhalb ihrer rechtlichen Möglichkeiten bewegte. Sie sagte später Sachen wie: „Weißt du, ich hätte ihn auch einbuchten lassen können, aber was hätte das schon gebracht?“
Ich weiß nur, dass ich an einem Samstagmorgen um 8 Uhr von der Polizei geweckt wurde, die mir mitteilte, ich müsse zu meinem Vater. Vielleicht wollte ich das ja gar nicht.
Danach sah ich meinen Dad nicht mehr oft. Eine Zeit lang vielleicht einmal im Monat. Wir gingen dann ins Kino. Solche Dinge verlaufen einfach so seltsam, zumindest in unserem Fall. Irgendwann war schließlich ein Punkt erreicht, an dem ich meinem Dad überhaupt nicht mehr traf. Jahrelang.
Ein paar Jahre später, ich besuchte nun die achte Klasse, machten wir im Rahmen des Fachs Bürgerschaftskunde einen Ausflug nach Richmond, dem Verwaltungssitz des Countys. Wir – also vielleicht 20 Kids – wurden in Kombis dorthin gebracht.
Wir besuchten einen Gerichtssaal und verfolgten eine Verhandlung. Ironischerweise handelte es sich bei dem Fall um eine Scheidungsangelegenheit. Nachher hörte ich, wie eine der Lehrerinnen meinte: „Na ja, ich bin mir nicht sicher, ob die Kinder das hätten mitansehen sollen.“
Es waren beide Parteien anwesend, Ehefrau und Ehemann. Es war die Ehefrau, die ihren Mann verlassen wollte. Sie war es auch, die zuerst ihre Aussage machte, wobei sie sehr sachlich wirkte. Nicht etwa kalt oder so. Einfach nur direkt.
Als Nächstes sprach der arme Ehemann über seine Familie und seine Frau. Dann wurde er vom Anwalt seiner Noch-Gattin in die Mangel genommen. Dieser beknackte Winkeladvokat gab ihm alle Schuld. Er war wie eine Bulldogge und zerfleischte den Typen förmlich.
Wir verfolgten das Ganze ungläubig. Es war wie Fernsehen, aber sicher keine Familienunterhaltung, wenn ihr versteht, was ich meine. Schließlich sagte der Mann, der inzwischen sehr emotional war: „Vielleicht möchte meine Frau ja eine Versöhnung in Betracht ziehen. Womöglich bekommen wir doch noch alles geregelt.“ Er gab sich vor allen Anwesenden wie ein verletzlicher Junge. Das war unerwartet. Ich war schließlich noch ein Junge und hätte mir so etwas nie ausmalen können. Abgesehen von der Scheidung meiner Eltern hatte ich ja noch von nichts eine Ahnung. Damals hatte ich auch noch nicht einmal eine richtige Freundin gehabt. Ich fand das einfach alles sehr traurig. Auch heute noch ist es nicht leicht, daran zu denken. Damals war ich jedenfalls schockiert und gekränkt und noch vieles mehr.
Aber die Verhandlung wurde nun erst einmal unterbrochen, da der Mann nicht mehr weitermachen konnte. Der Anwalt der Ehefrau sah sie an. Sie hatte die Arme verschränkt. Sie war eine zähe Lady. Der Ehemann flennte vor sich hin. Der Richter erhob seinen Hammer – bumm, bumm – und vertagte den Fall um zwei Wochen.
Wir saßen alle da, und der Gerichtsdiener kündigte den nächsten Fall an. Ich schwöre es bei Gott, er las: „Dies ist der Fall Galen Robert gegen Edith Lucile Fogerty. Sind beide Parteien anwesend?“ Nun, das waren meine Eltern. Es waren inzwischen vier oder fünf Jahre vergangen, und die Scheidung war immer noch nicht endgültig. Der Name Fogerty wurde noch zwei Mal ausgerufen, und der Richter fragte: „Sind die Parteien anwesend?“ Und irgendjemand antwortete: „Nein, Euer Ehren.“ Der Richter erklärte daraufhin: „Gut, dann werden wir zu einem späteren Zeitpunkt fortfahren müssen.“
Aber der Schaden war bereits angerichtet. Ich dachte nur: Wie um alles in der Welt hat das denn passieren können? Ich bin im Gerichtssaal und muss mir das anhören? Mit allen meinen Mitschülern?
Als wir wieder in die Autos stiegen, um nach Hause zu fahren, sagte eines der Mädchen – sie hieß Sandy – zu mir: „Diese Fogertys, von denen da gesprochen wurde – sind das deine Eltern?“
Ich verneinte und gab mir Mühe, cool zu bleiben. Ich war echt angespannt. Nicht ich selbst. Meine Klassenkameraden hatten aber keine Ahnung, dass es sich um meine Familie handelte. Oder etwa doch?
Die anderen Kids sprangen auf und ab im Kombi, und ich benahm mich irgendwie sonderlich. Nicht wie ein Kind. Ich stand offenbar unter Schock. Die anderen hielten mich für arrogant, weil ich nicht mitmachte und mit ihnen lachte. Irgendjemand sagte etwas wie: „Ach, der denkt wohl, er ist zu erwachsen für uns.“ Kindern ist oft gar nicht bewusst, wie wenig und wie viel sie doch wissen.
Mein Dad blieb den Rest seines Lebens verbittert. Irgendwann wurde ihm wegen Diabetes ein Bein abgenommen. Er musste ständig ins Krankenhaus, und meine Brüder und ich halfen ihm, als er schließlich aus seiner Wohnung auszog. Er hatte einen alten Fernseher mit einer Metallverschalung, die wie Holzmaserung aussehen sollte. Das Metall war mit Dellen übersät und an manchen Stellen sogar löchrig. Ich erkannte das Ding gleich wieder. Als ich noch ein Junge war, wurde mein Dad immer so sauer wegen des schlechten Empfangs, dass er dem Kasten ein paar Schläge verpasste.
Damals unternahmen wir auch einen Ausflug nach Montana. Wir mieteten dafür einen kleinen Wohnanhänger, den wir hinten an unserem ’56er Buick befestigten. Über jedem Rad befand sich jeweils ein kleines Fach mit einer Klappe, die sich versperren ließ. Dort waren unter anderem ein Schlauch verstaut, mit dem der Wassertank gefüllt werden konnte. Uns fiel auf, dass die Klappe mehrere Dellen aufwies, fast so, als wäre sie mit einem scharfen Gegenstand bearbeitet worden.
Nun, nach