Mein Leben - Meine Musik. John Fogerty
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Nachdem ich Charlie Christian zum ersten Mal Gitarre spielen gehört hatte, fing ich an, mich auch für ihn zu interessieren. Schließlich sammelte ich alles, was ich von ihm in die Hände bekam. Ich habe sicherlich mehrere Hundert Stunden damit verbracht, seiner Musik zuzuhören. Ich glaube, man findet recht viel von Charlie Christian in meinem Stil, etwa den Swing und die Herangehensweise an die Melodie.
In einigen Passagen von „Keep On Chooglin’“ nehme ich direkt auf Charlie Bezug. Auch wenn ich mich auf das Americana-Ding einlasse, wie bei „Shortnin’ Bread“ oder „Down by the Riverside“, und versuche, alles simpel zu gestalten, beziehe ich mich wahrscheinlich auch auf Charlie Christian. Natürlich bin ich nicht so gut darin wie er!
Apropos Gefühle, die einen bei der richtigen Musik durchfluten: Als ich ein Junge war, gab es eine Platte, bei der so ziemlich alles stimmte: Rumble von einem Typen namens Link Wray. Um Himmels willen, diese Scheibe ist wirklich wichtig. Der Titelsong „Rumble“ tat auch alles, um seinem Namen gerecht zu werden. Er war einfach unfassbar bedrohlich.
Als die Nummer ein Hit im Radio war, stellten alle Kids die Lauscher auf. Alle begriffen, wie abgefahren cool der Song war.
Manche Kerle erhalten zu Recht den Titel „Gitarrengott“, und Duane Eddy gehört sicher dazu. Auch er hatte großen Einfluss auf mich. Ein James Burton stand vielleicht hinter Ricky Nelson und Scotty Moore im Schatten von Elvis, doch Duane war ein richtiger Frontmann. Auf dem Plattencover stand sein Name, der Name des Gitarristen. „Rebel Rouser“ haute mich um! Diese Melodie, dieses aufsässige Saxofon und diese Jungs, die alle zwölf Takte von einer Tonart zur nächsten modulierten. Wie kam er nur darauf? Das war schon wie ein Film! Sein „Three-30-Blues“ ist für jeden Gitarristen ein Highlight. Ich übte den Song auch mit meiner Band und spiele ihn auch immer noch gern. Manche Leute halten es für ein simples Blues-Stück, doch ist es gerade in seiner Simplizität auch verdammt mächtig. Ich hörte Duane den Song im Oakland Auditorium spielen, als auch B. B. King auf dem Programm stand. Hinreißend. Später erfuhr ich, dass B. B. sich im Anschluss zu Duane gesellte und ihn voller Anerkennung wissen ließ: „Mir gefällt dieser ‚Three-30-Blues‘.“
Keiner klingt wie Duane Eddy. Jede Note ist genau so gemeint, wie er sie spielt. Ich lernte so viel von seinen frühen Alben. Was mir außerdem auffiel, war, dass alle seine Nummern richtig großartige Titel hatten, so wie „Forty Miles of Bad Road“. Zweifellos ein cooler Song, aber er hätte ihm auch jeden anderen Titel verpassen können – schließlich hatten seine Songs ja keine Lyrics! Duane ließ sich all diese beschreibenden Songtitel einfallen, die zur jeweiligen Musik passende Stimmungen heraufbeschworen: „Rebel Rouser“, „Cannonball“, „The Lonely One“, „First Love, First Tears“ und natürlich noch viele andere. Dies war eine wichtige Lektion für mich als jungen Songwriter. Ich lernte, was alles einen großartigen Song ausmacht, und Duane ließ mich erkennen, dass auch ein cooler Songtitel eine wichtige Rolle dabei spielt.
Ich denke, dass fast alles ein Einfluss sein kann, zum Beispiel das Summen eines Bienenschwarms oder der Doppler-Effekt eines vorbeirauschenden Trucks. Und natürlich auch das Fernsehen. So rückte die Fernsehserie The Adventures of Ozzie and Harriet Ricky Nelson in mein Bewusstsein. Anfangs verfolgte ich die Serie wie der Rest der Welt auch. Ricky machte darin die coolen Sachen, die Teenager jener Zeit eben so machten, wie zum Beispiel seine Jeans in der Dusche waschen. Seine Musikkarriere wurde durch eine Folge in Schwung gebracht, in der er Football spielte – was Ozzie gefiel – und Musik machte, was wiederum Rick Spaß machte. Rick performte „I’m Walkin’“ und in der nächsten Woche „A Teenager’s Romance“, bei dem er mit beinahe geschlossenen Augen sang, während seine Lider zuckten. Er war gerade einmal 16 Jahre alt und unfassbar gut aussehend, einfach makellos! Für seine vierte Single „Stood Up“ holte er sich schließlich Verstärkung in Form des jungen Gitarristen James Burton, der zuvor noch bei irgendeiner Country-Band gespielt hatte. Als ich Burtons Sound – dangadangadanga – hörte, wusste ich, dass sich etwas verändert hatte. Oh, Mann! Das war ein totaler Paradigmenwechsel, quasi ein Neustart für Rock ’n’ Roll. Und ich war absolut einverstanden damit!
Als sie den Song im Fernsehen präsentierten, stand da dieser coole Typ an der Gitarre hinter Ricky. Als ich in der sechsten Klasse Schülerlotse war, fragte mich ein Mädchen, ob ich Musik möge. Ich antwortete: „Mir gefällt der Gitarrist, der Ricky Nelson begleitet. Der ist echt cool!“ Ich wusste noch nicht einmal, wie er hieß! Damals spielte ich auch noch nicht selbst Gitarre.
Im Gegensatz zu anderen Teenie-Idolen dieser Zeit wie Frankie Avalon, Fabian oder sogar Elvis damals spielte Ricky Nelson Rockabilly. Mir wurde Jahrzehnte später – im Jahr 1987 – die große Ehre zuteil, Rick Nelson posthum in die Rock and Roll Hall of Fame aufzunehmen. Genau vor mir saß Sam Phillips im Publikum. Ich sah ihn an und sagte: „Sam, er hielt dich ja ganz schön auf Trab!“ Ricky Nelson stand für Rockabilly – zwingendes, gefährliches Material. Selbst wenn er „Lonesome Town“ performte, war das eine Wucht. Zwar handelte es sich dabei um eine langsame Ballade, doch war sie weder schmalzig noch dumm: Das waren dann einfach ein paar Rock ’n’ Roller, die eine Ballade interpretierten. Ich erinnere mich auch daran, dass ich seine Version von „My Babe“ immer und immer wieder anhörte. Die Gitarre war einfach nur Oh, yeah!, falls ihr versteht.
In mancherlei Hinsicht war seine Version sogar besser als das Original von Little Walter. Der Song war ganz und gar von James erfüllt. James Burton. Er war phänomenal, und Ricky muss dies bewusst gewesen sein, schließlich gab es immer diese Momente auf seinen Singles, in denen James glänzen durfte. Hört euch nur mal „Believe What You Say“ an. Da gibt es das beste Gitarrensolo, das ihr je gehört habt. Als ob die Welt stehen bliebe. Ricky ließ alle wissen, dass dieses wilde Genie in der Stadt war. In diesen Tage definierten Leute wie Scotty Moore, James Burton und noch ein paar auserlesene andere die Rock ’n’ Roll-Gitarre. Und dabei war James gerade erst 18 Jahre alt! Ricky wirkte auf mich wie ein ganz normaler Teenager. Ein richtig netter Typ. Mich sprach das sehr an, während ich mir um Elvis, der mit Geld wild um sich warf, um protzige Ringe und Cadillacs zu kaufen, Sorgen machte. Ich fand das echt extravagant. Ricky war jedoch einfach ein Junge, der noch zu Hause wohnte. Er schien ein gutes Vorbild zu sein. Nie war von Wutanfällen oder irgendwelchen Skandalen die Rede. Auf mich wirkte er sanftmütig und bescheiden – auf keinen Fall durchgeknallt oder so. Das mag sich langweilig anhören, aber für mich waren das bewundernswerte Eigenschaften.
Obwohl mir viele Leute widersprechen werden, werde ich bis zu meinem letzten Atemzug darauf bestehen, dass man kein Irrer oder Geisteskranker sein muss, um guten Rock ’n’ Roll zu spielen. Immerhin kenne ich ja auch genug Typen, die einerseits richtig gute Musik spielen und andererseits solide Familienväter sind, zum Beispiel Bruce Springsteen und Dave Grohl. Rick bat mich sogar einmal, ihm als Produzent unter die Arme zu greifen. Das war während meiner langen düsteren Phase, vielleicht 1978 oder 1979. Leider war ich nicht in der Verfassung, seinem Wunsch nachzukommen. Ich konnte ja nicht einmal mich selbst produzieren – geschweige denn einen meiner Helden. Wenigstens durfte ich ihn kennenlernen. Das letzte Mal begegneten wir uns in Memphis, als wir in den Achtzigern eine Hommage an Sun Records aufnahmen. Er sang auf einem meiner Songs, „Big Train (from Memphis)“.
Mit dem Solo von „Believe What you Say“ ist ein interessantes Stück Musikgeschichte verbunden – zumindest bin ich dieser Ansicht: Einer meiner absoluten Lieblingssongs aller Zeiten heißt „Party Doll“ von Buddy Knox and the Rhythm Orchids aus dem Jahr 1957. Dieser Song machte mich zu einem Riesenfan von Buddy und seinem Sound. Die Drums auf diesem Track sollten sich als sehr einflussreich herausstellen, da es vielleicht der erste Rock ’n’ Roll-Song mit einem „Two-one“-Backbeat war. In den späten Achtzigerjahren hatte ich das Privileg, Buddy Knox persönlich kennenzulernen. Ich erwähnte ihm gegenüber das mit dem Drum-Beat. Er war sich des Meilensteins, den er damit gesetzt hatte, durchaus bewusst und antwortete stolz: „Ja,