Mein Leben - Meine Musik. John Fogerty
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Es war die B-Seite von „I Want You, I Need You, I Love You“, die es mir so richtig angetan hatte. Ich war gerade zu Besuch bei meinem Dad, als beim Einkaufen im Lebensmittelgeschäft aus der Jukebox der Song „My Baby Left Me“ ertönte. Was war das denn? Ich rannte hinüber zur Jukebox, um nachzusehen. Elvis! „My Baby Left Me“ ist einer der besten Rock ’n’ Roll-Songs, der je auf Vinyl gepresst wurde. Die Gitarre war einfach so unbeschreiblich gut. Mensch, das hatte einfach Attitüde und Biss. Das machte auch einen großen Teil dessen aus, was die Scheibe so besonders machte.
Es war Scotty Moore, der die Rock ’n’ Roll-Gitarre erfand. Zwar kannte ich damals seinen Namen noch nicht und war auch noch kein Musiker, doch ich wusste auf der Stelle: Was auch immer das war, ich wollte genau das machen.
Als ich bei meinem Dad in Santa Rosa war, wollte ich mir eigentlich das erste Elvis-Album kaufen. Ich besaß vier Dollar und 14 Cent. Als ich im Einkaufszentrum damit aufkreuzte, war es allerdings vergriffen. So kaufte ich schließlich Bill Haleys Album Rock Around the Clock. Das Gitarrenspiel auf dem gleichnamigen Song war allen anderen weit voraus. Haleys Gitarrist Donny Cedrone, der ein wenig älter und fortgeschrittener als der typische Rock ’n’ Roller war, interpretierte seinen Part irgendwie jazzig. Sein Solo habe ich erst vor zwölf Jahren oder so richtig gelernt! Na ja, in der folgenden Woche besorgte ich mir dann noch die Elvis-Scheibe, und von da an hörte ich die beiden LPs so lange, bis ich sie auswendig kannte.
Ich sah Elvis schließlich 1970 im Oakland Coliseum. Da spulte er sein Programm ohne Punkt und Komma ab – die ganze Vegas-Masche mitsamt Karate-Moves und so. Elvis hatte eine Version von „Proud Mary“ aufgenommen, was natürlich eine große Ehre war, aber er schien sich nicht viel Zeit dafür genommen zu haben. Wenn ich etwas mehr Taktgefühl besäße, würde ich das vermutlich anders formulieren. Ja, es war schon etwas Besonderes, dass mein Idol einen meiner Songs sang, aber trotzdem hätte ich mir gewünscht, er hätte eine Hammer-Version abgeliefert.
Ich habe Elvis leider nie persönlich kennengelernt, obwohl das echt cool gewesen wäre. Er wurde verrückt und verlor einfach den Boden unter den Füßen. So ist es uns allen schon mal gegangen – dem einen mehr, dem anderen weniger.
Ich befasste mich auf einer sehr persönlichen Ebene mit Elvis. Sogar als ich noch ein Kind war und mit meinem Geld vom Zeitungsaustragen im Plattenladen stand, brachte er mich dazu, über Wertvorstellungen nachzudenken. Ich überlegte, mir eine Elvis-Single zu kaufen, doch er befand sich gerade in seiner „Big Hunk O’ Love“- und „Doncha’ Think It’s Time“-Phase. Und ich dachte: Yeah, Elvis ist ja gar nicht mehr richtig Rock ’n’ Roll. Das war 1959, also noch relativ am Anfang seiner Karriere! Mir war aufgefallen, dass sich eine gewisse Sanftheit und ein poppiger Ansatz in seine Musik eingeschlichen hatten, und wenn ich nun auf eine einsame Insel abkommandiert worden wäre, wollte ich zumindest genug Rock ’n’ Roll-Platten in meinem Besitz wissen. Also kaufte ich mir damals „Red River Rock“ von Johnny and the Hurricanes.
Doch Elvis war immer noch Elvis, und in den Fünfzigerjahren hatte man die Wahl zwischen ihm und Pat Boone. Elvis war einfach cool – und Pat leider nicht. Versteht mich bitte nicht falsch: Pat Boone hat einige Nummern aufgenommen, die mir gut gefallen, etwa „Bernadine“, „Love Letters in the Sand“ oder „Moody River“. Das sind großartige Songs. Dann hatte er noch ein paar echt rührselige Sachen im Repertoire, zum Beispiel „April Love“. Diesen Song hörte ich zu den seltsamsten Anlässen in meinem Kopf. Viele Jahre später war ich in Oregon auf der Jagd und kletterte einen langen, langen Grat empor. Ich war außer Atem, schwitzte, und als ich endlich oben angelangt war, ertönte diese Melodie in meinem Schädel – dumdumdum DUM, „Aaaaaapril love!“ Ich dachte mir nur: Wo kommt denn das jetzt bitte her? Als wäre es mein höchstpersönlicher Soundtrack. Pat schien ein echt anständiger Bursche zu sein, aber, na ja, eben vielleicht ein bisschen zu nett. Dasselbe ließ sich von seiner Musik behaupten. Auf keinen Fall hatte ich vor, rührselig zu wirken, doch ein Bösewicht wollte ich auch nicht sein. Damals lautete die große Frage: „Zu welcher Gang gehörst du? Zappelst du wie Elvis oder schmachtest du wie Pat?“ Eine schwere Entscheidung. Oder eigentlich nicht.
Durch Elvis entdeckte ich noch andere Schallplatten, die auf Sun Records erschienen. Etwa „Ooby Dooby“ von Roy Orbison und „Blue Suede Shoes“ von Carl Perkins. Als Elfjähriger verspürte ich dieselbe Verbindung zu Carl, wie sie auch die Beatles empfanden. Es gab sogar Zeiten, in denen mir Carl viel mehr als Elvis bedeutete, weil Carl Gitarre spielen und singen und Songs schreiben konnte. Diese Kombination beeindruckte mich sehr.
Im Baseball nannte man Willie Mays einen „five-tool player“, einen Alleskönner. Carl Perkins war in meinem Augen sein musikalisches Pendant. Zieht euch nur seine Singles „Boppin’ the Blues“ / „All Mama’s Children“ oder „Blue Suede Shoes“ / „Honey Don’t“ rein und konzentriert euch auf den scharfen Klang in seiner Stimme. Sein Gesang ist echt der Hammer! Diese beiden Singles sind immer noch, ja, perfekt. Ich musste mir „Blue Suede Shoes“ sogar drei oder vier Mal kaufen, weil sich meine Exemplare abnutzten – so oft spielte ich sie! Nach all den Jahren bin ich immer noch verblüfft, wie gut „Blue Suede Shoes“ einfach klingt. Carl verströmt ein unbeschreibliches Flair. Und der Groove der Band, dieses Country-Boogie-Ding – einfach unglaublich.
Ich traf Carl während meiner 1986er Tour in Memphis. Es war wie die Begegnung mit einem Gott. Er sagte die tollsten Sachen. Der Produzent Chips Moman begleitete ihn, und Carl sagte zu ihm: „Die Art, wie dieser Typ hier schreibt, stell dir nur mal vor, was Sam mit ihm angestellt hätte, wäre er damals bei Sun aufgekreuzt.“
Jemand, den ich verehrte, Carl Perkins, zollte mir Anerkennung? Er brachte mich in Zusammenhang mit Sam Phillips und Sun Records? Das konnte doch bloß ein Traum sein, oder? Es ging jedenfalls runter wie Öl.
Jahre später spielte ich auf einer Benefizveranstaltung für Bill Clinton, und überraschend erschien Carl Perkins. Er sagte, er arbeite gerade an einem Album mit Tom Petty. Diese Möglichkeit wollte ich nicht verstreichen lassen. Ich sah ihn mit fragendem Gesichtsausdruck an und sagte: „Und?“ Carl sah mich an und sagte: „John, ich würde mich sehr darüber freuen, wenn du mich bei ‚All Mama’s Children‘ unterstützen würdest.“ Er wusste, dass dies einer meiner Lieblingssongs war.
Unsere Version wurde nicht so gut wie das Original – ja, wie denn auch? –, aber ich bin dennoch froh, dass wir zusammen im Studio waren. In erster Linie wegen folgender Anekdote: Ich kam gerade von der Toilette, und Carl saß da mit einer Stratocaster. Er spielte darauf echt so richtig fieses Zeug. Ich hatte ihn für einen älteren, etwas gebrechlichen Mann gehalten, schließlich war er bereits 64 Jahre alt und hatte einige Operationen und einen Herzinfarkt hinter sich. Und da war er nun, rockte mit allem drum und dran so richtig drauflos. Einen Augenblick lang war ich völlig perplex.
Dann ging mir allerdings doch noch ein Licht auf: Natürlich kann Carl so spielen, immerhin ist er einer der zwei, drei Typen, die diesen Sound begründet haben. Warum sollte ich also davon überrascht sein? Carl verstarb 1998. Und bis heute habe ich seine Nummer in meinem Telefon