Es war einmal ein kleines Mädchen .... Brooke Shields

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Es war einmal ein kleines Mädchen ... - Brooke Shields

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Brooks geschossen hatte. Sie dachte, dass Brooke mit einem „e“ statt einem „s“ ein ziemlich schöner Mädchenname wäre. Als ich schließlich getauft werden sollte, meinte der Priester, dass er mich nicht Brooke taufen könnte, da es keine Heilige mit diesem Namen gäbe. Meine Mom konterte sofort: „Dann ergänzen Sie doch ‚Christ‘ und geben einfach ein ‚a‘ ans Ende. Ist das dann katholisch genug für Sie?“ Ich gehe davon aus, dass der Name Christa auch etwas mit dem Fotografen, der ja Christian im Vornamen hieß, zu tun hatte – doch ihre angebliche Reaktion war natürlich eine viel bessere Story.

      So kam ich als Brooke Christa Shields zur Welt und wurde schließlich auf den Namen Christa Brooke Shields getauft. Nach der Taufe gingen Mom und Dad zu P. J. Clarke’s, setzten mich auf die Bar und stießen auf mich an. Mein Ehemann und ich haben exakt dasselbe mit unseren beiden Töchtern gemacht. Mit einem Bier in der Hand und dem Baby auf der Bar zu feiern, ist ein bisschen zu einer Tradition geworden. Mich hat nie wer Christa gerufen, aber mein Monogramm war immer schon BCS.

      Meine Mom hatte große Angst vor plötzlichem Kindstod. Das Kind eines Politikers war gerade erst daran verstorben und Mom konnte den Gedanken daran einfach nicht verdrängen. Sie schlief buchstäblich mit mir auf ihre Brust geschnallt und hielt mir immer wieder einen Spiegel vor den Mund, um nachzuprüfen, ob ich noch atmete. Der Hauch meines Atems wurde so zu ihrer Ruhequelle. Ich war eine schlechte Esserin und aß jede halbe Stunde nur 15 Gramm. Mom sagte, dass sie zahllose Fläschchen mit 15 Gramm des Muttermilchersatzpulvers vorbereitet habe, sie neben ihrem Bett aufbewahrt und mich damit gefüttert habe. Das ging ungefähr ein halbes Jahr lang so dahin, bis ich schließlich in meine Holzkrippe umzog. Ich begann schon bald, mich in meinem Bettchen hochzuziehen und darauf herumzuknabbern.

      Mom und ich waren uns körperlich sehr nahe, wohingegen Dad offenbar weniger bewandert und ungezwungen im Umgang mit seinem Baby war. Eines Tages kam Mom am Badezimmer vorbei, als Dad gerade unter der Dusche stand. Ich hätte ein Bad nötig gehabt und Mom schlug ihm vor, dass er doch mit mir duschen und mich gleichzeitig saubermachen könnte. Er nahm mich zwar auf den Arm, aber als Mom ein bisschen später wieder beim Badezimmer vorbeikam, sah sie, wie er meinen kleinen nackten Körper unter der Dusche hielt, sich aber inzwischen seine blauen Boxershorts übergezogen hatte.

      Ein anderes Mal ging Mom in die Kirche und ließ mich allein bei meinem Vater. Damals benutzte man Stoffwindeln, und als Mom aus der Kirche zurückkam, lag ich nackt auf dem Bett, während neben mir auf dem Boden ein großer Haufen dieser Windeln lag. Als sie ihn danach fragte, erklärte Dad, dass er nicht wüsste, wie er diese Sauerei saubermachen sollte, weshalb er die Windeln wie Taschentücher verwendet hätte. Man muss fast nicht dazusagen, dass der monatliche Vorrat an Stoffwindeln damit aufgebraucht war. Es bestand kein Zweifel daran, dass mein Dad mit seiner Vaterrolle überfordert war.

      Dad fand aber auch schon bald heraus, dass die Mutter seines Kindes eine ganz schöne Unruhestifterin sein konnte. Während eines Streits zwischen meinen Eltern kam es so weit, dass ein sexy roter Spitzen-BH meiner Mutter, den sie sich gegönnt hatte, zerriss. Außerdem ging auch noch ein Stuhl zu Bruch. Es kam nicht oft vor, dass meine Eltern eine solche körperliche Auseinandersetzung austrugen, weshalb es schon ein großer Streit gewesen sein musste – oder es war Mom, die den ganzen Schaden anrichtete. Ein kaputter Stuhl und ein zerrissener Büstenhalter waren ihr durchaus zuzutrauen. Jedenfalls trug sich dies alles an einem Samstag zu und mein Vater stürmte schließlich aus dem Apartment. Wohin er flüchtete, das wusste sie nicht, was sie wohl nur noch wütender gemacht haben dürfte.

      Meine Mutter war nicht zufriedengestellt. Sie wollte das letzte Wort haben. Deshalb beschloss sie, die Überreste des zerrissenen roten Spitzen-BHs an den zertrümmerten Stuhl zu hängen, und ließ das Ganze dann an den Manhattaner Racquet- und Tennisklub schicken, wobei es sich um einen der ältesten Klubs nur für Männer in ganz New York City handelte. Es war eine unglaublich altmodische Einrichtung. Die Möbel in der Bibliothek, wo Zigarre geraucht und Backgammon gespielt wurde, waren mit Leder bezogen und an den Wänden hingen riesige Ölgemälde, die detailreiche Fuchsjagdszenen oder aufgereihte, tote Gänse unter den wachsamen Augen eines geschickten Jagdhundes zeigten. Frauen war die Mitgliedschaft untersagt.

      Nun, meine Mutter marschierte geradewegs zum Klub, betrat mitsamt dem kaputten Stuhl, der mit roter Spitzenunterwäsche umwickelt war, die Lobby, beschriftete ihn schlicht mit „Mr. Frank Shields“ und platzierte ihn in der Mitte des Eingangsbereichs. Ich bin mir sicher, dass die Angestellten nicht wussten, wie sie reagieren sollten. Was sollte das denn sein? Vermutlich hielten sie es für eine Art künstlerischer Installation, die einem der Mitglieder gehörte. Es waren ja immerhin die Sixties. Paketlieferungen konnten nur wochentags abgeholt werden, weshalb – so erzählte meine Mutter die Geschichte – dieses Symbol öffentlicher Erniedrigung das ganze Wochenende in der Lobby, wo es jeder sehen konnte, stehenblieb. Dads Demütigung konnte von so manchem verehrten Klubkollegen bestaunt werden, seine Schande war offenkundig.

      Mom wollte zwar weiterhin von der High Society akzeptiert werden, doch liebte sie es ebenso, gesellschaftliche Moralvorstellungen und sexistische Regeln in Frage zu stellen. Das war sie also, Dads eigene Variante des Pelzmantel-Vorfalls. Eigentlich hätten da bereits alle Alarmglocken bei ihm läuten müssen.

      Rückblickend denke ich mir, dass dieses Vorkommnis wohl nur eine von vielen haarsträubenden Episoden war. Allerdings reichte sie nicht aus, um sie auseinanderzubringen – noch nicht jedenfalls. Ich gehe davon aus, dass sie etwas an sich hatte, dem er einfach nicht widerstehen konnte. Sie verfügte meiner Meinung nach über eine Art von Macht über ihn, die jener glich, die schon seine Mutter über ihn gehabt hatte. Zweifellos war meine Mutter wie niemand sonst in seinem Leben. Da er aber wegen seiner Arbeit oft verreiste, konnte er auch mal abschalten. So flog er etwa wieder einmal nach Europa, von wo aus er begann, meiner Mutter Briefe zu schreiben – in sehr kleiner, ordentlicher Handschrift, üblicherweise auf Hotelbriefpapier. Was sich in den nächsten paar Monaten abspielte, ist durch diese Briefe gut dokumentiert. Dad brachte darin seine Verwirrung und seine Traurigkeit angesichts der Tatsache zum Ausdruck, dass sein Vater Mom und das Baby noch nicht besucht hatte. Seine Familie war keine, die oft zusammentraf. In seinen Briefen wirkte Dad gekränkt, dass sein Vater nicht auf mich und Mom zukam. Mein Vater machte sich außerdem Sorgen darüber, dass Mom nicht mehr Unterstützung bekam. Er brachte oft seine Bedenken zum Ausdruck, dass sie oft genug vor die Türe kam und jemanden um Hilfe bitten sollte, damit sie doch ein wenig Zeit mit sich selbst verbringen könnte.

      Er versprach außerdem, Mom mehr Geld zu geben, sobald er mehr verdiente, sowie irgendwann eine richtige Hochzeit in einer Kirche. Manchmal schrieb er davon, Geld zu überweisen, beziehungsweise dass er gerne mehr schicken würde, aber die italienischen Banken in dieser Hinsicht alles andere als hilfreich seien. Ich bin ganz gerührt von der Zärtlichkeit, die Dad „der kleinen Brookie“ entgegenbrachte, und wie traurig er darüber war, fort zu sein. Es schien ihm ziemlich ernst damit gewesen zu sein, alles auf die Reihe bringen zu wollen.

      In einem seiner sensibleren schriftlichen Momente betonte er, wie sehr er sich darüber gefreut habe, von Mom und mir eine Valentinstags-Karte zu bekommen. Er sagte, es hätte ihm den Tag gerettet und es täte ihm leid, dass er den Lieblingsfeiertag meiner Mom nicht mit seinen „Mädels“ verbringen konnte. Es bricht einem das Herz, wenn man diese Verletzlichkeit aus seinen Briefen herausliest, nur um zu erfahren, dass er schon bald einen schweren Schlag würde hinnehmen müssen.

      Stellt euch mein eigenes Entsetzen vor, als ich Dads nächsten Brief, abgestempelt am 16. Februar 1966, durchlas:

      „Mumsy, nachdem ich so ein wunderbares Valentinstags-Telegramm bekommen habe, war das Telegramm von heute Morgen ein echter Schock und plötzlich kann ich gar nicht mehr klar denken. Ich spüre den Verlust, ein Gefühl der Leere, der Antriebslosigkeit. Ich weiß nicht, was ich tun soll, und fühle mich als Ganzes sehr schlecht in mir drinnen. Bis heute Morgen habe ich mich noch nie mit den Auswirkungen einer Scheidung auseinandergesetzt, denen ich selbst, meine Frau und mein Baby ausgesetzt sind. Ich versuche mir weiszumachen, dass es sich bloß um ein Dokument handelt und es sich

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