Es war einmal ein kleines Mädchen .... Brooke Shields

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Es war einmal ein kleines Mädchen ... - Brooke Shields

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starke Ausstrahlung verfügt zu haben. Marina war stark und hatte die Kontrolle. Sah mein Dad vielleicht etwas von seiner Mutter in meiner Mom? Ich bin mir sicher, dass er sich sowohl von ihrer Power, ihrem scheinbaren Selbstvertrauen als auch von ihrer Schönheit angezogen fühlte. Mit ihrem Alter schien er kein Problem zu haben. Sie war ja immerhin acht Jahre älter als er, und das war in den Sechzigerjahren nicht gerade alltäglich. Ich vermute, er konnte dieser umwerfend feurigen Frau einfach nicht widerstehen. Jedoch sollten der soziale Hintergrund und die Erziehung später noch zu einem großen Problem werden.

      Aber damals, so bin ich überzeugt, fand Dad ihr Charisma und ihren Humor erfrischend, auch wenn sie keine College-Absolventin oder Debütantin aus der Oberschicht war. Sie war bekannt für ihre energiegeladene Persönlichkeit und ihre wagemutige Einstellung. Es wirkte, als könnte sie sich mit Leuten aus allen Bereichen des Lebens unterhalten und als hätte sie keinerlei Schwierigkeiten, sich in unterschiedliche gesellschaftliche Szenarien einzufügen. Allerdings hatte er nicht von Anfang an wissen können, wie flatterhaft und anfällig für Drama sie in Bezug auf ihre Beziehungen war. Es bestand jedenfalls kein Zweifel daran, dass er in seine ganz eigene Version des Pelzmantel-Vorfalls verwickelt werden würde, wenn er nur lange genug am Ball bliebe.

      Bald schon entdeckte meine Mutter, dass sie schwanger war. Als sie meinen Dad davon in Kenntnis setzte, muss diesen Panik befallen haben – und nicht ganz zu Unrecht. Er war noch nicht bereit, Vater zu sein. Gerade erst war er ins Geschäftsleben eingestiegen und musste viel umherreisen. Auch Geld hatte er nicht so viel, wie man vielleicht denken möchte. Außerdem war er ja noch selbst ein Kind. Dad wusste nicht wirklich, wie er mit der Sache umgehen sollte. Er muss seinen Vater eingeweiht haben, denn dieser machte sich auf, meine Mutter davon zu überzeugen, die Schwangerschaft abzubrechen. Mir wurde erzählt, dass mein Großvater meine Mutter zu einem Treffen einlud, um die Situation mit ihr zu besprechen. Mom besuchte Pop-Pop in seinem Apartment, die beiden nahmen Platz und unterhielten sich. Er forderte meine Mom auf, die Schwangerschaft abzubrechen, da ein uneheliches Kind das gesellschaftliche Ansehen meines Vaters kosten könnte. Mom erklärte, dass sie nicht vorhätte, meinem Vater die Pistole auf die Brust zu setzen, damit er sie heirate. Auch würde sie ihn wegen des Kindes nicht zur Rechenschaft ziehen. Persönlich glaube ich, dass Mom meinen Dad zwar schon hatte heiraten wollen, doch niemals absichtlich schwanger geworden wäre, um dieses Ziel zu erreichen. Sie wollte das Baby. Punkt. Sie sehnte sich nach bedingungsloser Liebe. Pop-Pop wies als Nächstes darauf hin, dass Mom und sein Sohn Frank aus so unterschiedlichen sozialen Milieus stammten und sie deshalb kein sehr angemessenes Paar abgeben würden. Generell würde es einfach nicht gut aussehen, wenn mein Dad mit jemandem aus Newark ein Kind hätte. Er steckte ihr diskret einen Briefumschlag zu und bat sie, sich um die „Angelegenheit“ zu kümmern.

      Laut meiner Mutter habe sie genickt und erklärt, dass sie die Sachlage voll und ganz verstünde, habe den Umschlag und sei aufgebrochen. Sie hatte nicht die Absicht, eine Abtreibung durchführen zu lassen, sah aber keinen Grund, das Geld nicht anzunehmen. Statt in eine Klinik begab sie sich umgehend zu ihrem liebsten Antiquitätenhändler. Dort gab sie das Geld für einen ovalen Couchtisch aus Kirschholz aus. Seine vier Seitenwände ließen sich mithilfe von Messingspangen hochklappen, wodurch sich eine Art Ablagekasten formte. Sie war weder überrascht noch wütend über den Vorfall, nur trotzig wie immer. Mom wusste, dass sie das Baby wollte, und basta. Es ist schon witzig – dieses Tischchen, das sie kaufte, wurde zu meiner liebsten Stehhilfe, als ich ein wenig größer wurde. Ich weiß noch, dass ich gerne darauf herumknabberte und es liebte, die Seiten rauf und runter zu klappen.

      Ich fand erst unlängst heraus, dass Mom, nachdem sie sich den Couchtisch gekauft hatte, plötzlich beschlossen hatte, die Unnahbare zu spielen. Mom sagte Dad, dass sie nichts von ihm wolle und sich nur wünsche, das Baby zu bekommen. Sie weigerte sich, ihn zu treffen oder auch nur mit ihm zu sprechen. Mom wollte, dass Dad begriff, dass er ohne sie nicht leben könne. Mein Vater, verzweifelt wegen der Schwangerschaft und um seine Zukunft bangend, ging am selben Tag, als er von der Schwangerschaft erfuhr, zum ersten und letzten Mal in seinem Leben zur Messe und empfing die Kommunion. Ihm tat sein Herz weh. Er war anscheinend so sehr in meine Mutter verliebt, dass er ihr massenhaft Blumen kaufte und sogar meiner späteren Patentante Lila etliche Kakteen schickte, da sie aus Arizona stammte. So sehr er auch in meine Mom verliebt war, war er dennoch nicht bereit, zu heiraten oder Vater zu werden. Er wusste, dass Mom nichts abbrechen würde außer ihrer Beziehung, und er war hin- und hergerissen. Mom zeigte ihm einige Monate lang die kalte Schulter und hoffte, dass er sie so sehr vermisste, dass er ihr schließlich einen Antrag machen würde. Sie stellte unmissverständlich klar, dass sie das Baby austragen würde – und sowohl mein Vater als auch mein Großvater wussten dies.

      Als mir meine Mutter die Geschichte zum ersten Mal erzählte, hatte sie sie völlig abgeändert und beschlossen, mir zu sagen, dass mein Vater während dieser Zeit nicht im Land gewesen wäre. Sie behauptete, dass er, als er zurückkehrte und bemerkte, dass sie keine Abtreibung durchführen hatte lassen, ihr einen Antrag gemacht hätte. Ihr zufolge hätte sie einfach ruhig auf seine Rückkehr gewartet und das neue Leben, das in ihr heranwuchs, genossen. In dieser Version der Geschichte war Dad einige Monate verreist gewesen und war schlussendlich nicht länger in der Lage, getrennt von ihr zu leben. Sie hörte sich wie ein Detektiv aus einem Comicheft an, wenn sie behauptete: „Dein Dad konnte seine Finger nicht von mir lassen und ich wusste, dass er irgendwann wieder hinter mir her schnüffeln würde.“

      Dad sei schockiert gewesen, als er zurückkehrte, um ihre Beziehung wiederaufleben zu lassen, und habe sofort von ihr verlangt, ihn zu heiraten. Mom liebte ihre dramatische Ausschmückung, dass Dad gedacht hätte, wenn er zurückkehren würde, sie wieder dünn und ohne Kind wäre, aber als er gesehen habe, dass sie hochschwanger war, sofort eine Familie haben wollte.

      Der Version meiner Mutter zufolge habe sie ihm die Tür geöffnet. Er sei kreidebleich geworden und habe sagte: „Jesus Christus, Teri … ich dachte …“.

      Da sie noch nie jemand gewesen war, der man sagen konnte, was sie zu tun habe, genoss Mom die Vorstellung, dass sie das Ruder so fest in der Hand hatte und gleichzeitig so schockierend sein konnte.

      Aber die Wahrheit war, dass Mom ihm aus dem Weg ging, bis er sagte, dass er sie heiraten wolle. Ich glaube, dass sie ihn damit mürbe machte. Er liebte und vermisste sie tatsächlich, obwohl er noch nicht bereit für all das war. Schlussendlich war Mom unsterblich in meinen Vater verliebt. Sobald er verkündete, dass er sie heiraten wolle, beendete sie ihr abweisendes Possenspiel.

      Dad kaufte einen mit einem Diamanten bestückten Verlobungsring bei Tiffany (er sollte letztlich während eines Streits zwischen meinen Eltern aus der siebten Etage gepfeffert werden). Eines Tages im April schließlich begab sich Mom – sie trug ein graues, wollenes Gabardine-Umstandskleid – gemeinsam mit meinem Vater in die City Hall. Dad hatte seinen Ausweis zuhause liegen gelassen und musste mit dem Taxi zurückfahren, um ihn zu holen. Jahrelang erzählte Mom eine Version der Geschichte, derzufolge mein Vater so jung war – und im Vergleich noch jünger war –, dass der Standesbeamte ihn nach seinem Ausweis fragen musste, weil er befürchtete, Dad wäre noch minderjährig.

      Traurigerweise begreife ich erst jetzt, indem ich diesen Teil niederschreibe, dass auch dies eine kleine Lüge war. Er hatte tatsächlich seinen Ausweis vergessen, aber es hatte nichts damit zu tun, wie jung er aussah. Jeder muss sich ausweisen können, wenn er um eine Heiratserlaubnis anfragt. Ach, wie vielen Minilügen, die meine Mutter mir erzählte, habe ich doch über die Jahre hinweg bereitwillig Glauben geschenkt. Ich nahm diese lustigen Anekdoten einfach als bare Münze – und Mom zimmerte sich derweilen die Filmhandlung ihres Lebens nach ihren eigenen Vorstellungen zusammen. Wenn man Geschichten immer und immer wieder erzählt, werden sie irgendwann und irgendwie zu einer neuen Wirklichkeit.

      Wenn Mom Jahre später über diese Zeit sprach, schien es, als würde ihr nichts Kummer bereiten können. Sie fühlte sich großartig und schluckte so viele Vitamine, dass man damit einen Schuhkarton hätte füllen können. Sie erinnerte sich daran, wie sie an einer Straßenkreuzung stand und darauf wartete, dass das Licht grün

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