Pink Floyd. Mark Blake
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„Ich erinnere mich, dass ich einmal vom College nachhause kam und um die 20 Leute dort vorfand. Ich kannte niemanden von ihnen. Keiner von ihnen wohnte dort“, erzählt Fields. „Und das konnte sowohl am Tag als auch in der Nacht vorkommen.“
Im Erdgeschoss lebte ein Dozent („der arme Mr. Poliblanc“, wie ihn einer der ehemaligen Bewohner inzwischen nennt), der überhaupt keinen Bezug zu den anderen Wohnparteien hatte. „Einem von uns gelang es, seinen Stromzähler anzuzapfen, was bedeutete, dass wir de facto seinen Strom klauten“, gesteht Duggie. „Der Stockwerksflur verkam zu einer Art Müllhalde, weil niemand seinen Abfall hinaustrug. Bis heute weiß ich nicht, wo der Müll aus unserem Haus landete.“
Abgesehen von allerlei Wortführern der hauptstädtischen Gegenkultur bot Hausnummer 101 auch Pip und Emo Unterschlupf. Am Flur war eine Zwischendecke eingezogen, die ausreichend Platz ließ, um in dem klaustrophobisch-winzigen Zwischenraum eine Matratze zu verstauen. „Cromwell Road war immer die letzte Zuflucht“, stöhnt Emo. „Dort gingen wir erst hin, wenn wir überall sonst hinausgeflogen waren. Ich erinnere mich immer noch an diese Plattform über dem Korridor. Die Mädchen hatten immer eine Heidenangst, wenn sie dort hinaufklettern sollten. Zwischen mir und Pip gab es immer einen Wettlauf um dieses Bett, falls es das einzige war, das noch frei war.“
In den Worten eines seiner Bekannten: „Duggie Fields stand nicht auf Selbstauslöschung.“ Doch nur weil er den Verstand behielt, ließ sich das nicht über alle Stammgäste in der Cromwell Road behaupten. Obwohl die Geschichten über die Bewohner des Hauses zum Teil übertrieben sind, erinnert sich Mick Rock, ein weiterer regelmäßiger Besucher, daran, dass im Allgemeinen eine drogenschwangere, chaotische Atmosphäre herrschte. „Abgesehen von Duggies Zimmer war der Rest der Hütte voll mit LSD-Burnouts.“ Gruppen-Trips waren in der Cromwell Road absolut keine Seltenheit, egal, ob Barrett nun dort lebte oder nicht, und ein Augenzeuge erinnert sich daran, dass die Flasche mit LSD und die Pipette im Kühlschrank der Lesmoir-Gordons zu finden war. Mindestens ein Mal marschierte die LSD-Gesellschaft auf dem falschen Weg in den Busbahnhof ein, was trotz ihrer gefühlten Unverwundbarkeit die große Gefahr mit sich brachte, von einem entgegenkommenden Fahrzeug angefahren zu werden. Die stacheligen Eisenzäune, die die Cromwell Street 101 umgaben, stellten sogar eine noch größere Gefahr dar.
Eines Nachts fand Nigel Lesmoir-Gordon, als er aus dem Badezimmerfenster blickte, einen seiner alten Drogenkumpels aus Cambridge, Johnny Johnson, nackt und desorientiert an einem Regenwasserabflussrohr hängend vor. Nigel überredete ihn, wieder ins Haus zurückzuklettern. Johnson hatte zuvor bereits einmal versucht, sich mittels Sprung aus dem Fenster selbst umzubringen. Sein nächster Versuch sollte ihm tatsächlich das Leben kosten.
Joe Boyd behauptet, dass er im Mai jenes Jahres Lindsay Corner und Syd im Londoner West End über den Weg gelaufen sei, wobei Syds Augen „wahnsinnig“ auf ihn gewirkt hätten. Lindsay erklärte ihm, dass Barrett eine Woche lang jeden Tag LSD genommen hätte.
Barretts angeblicher täglicher LSD-Konsum bietet seit langem Stoff für wilde Spekulationen. Manche glauben, dass er tatsächlich täglich LSD nahm. Die meisten behaupten aber, das dem nicht so war. Andere aus dem Umfeld Pink Floyds machten sich wiederum Sorgen, dass seine Mitbewohner seinen Drogenkonsum anstachelten, indem sie seine Drinks mit LSD versetzten. „Die Bude in der Cromwell Road war voll heftiger, durchgeknallter, messianischer Acid-Freaks“, berichtet Peter Jenner.
Zwei der Leute, die Syd in der Cromwell Road gelegentlich um sich hatte, waren unter den Namen „Mad Sue“ und „Mad Jock“ bekannt. Im realen Leben hieß „Jock“ eigentlich Alistair Findlay. „Sue“, seine damalige Freundin, hieß mit bürgerlichem Namen Susan Kingsford. Sie war Model und kannte Barrett und Gilmour noch vom Cambridge Technical College. Nachdem sie in einer TV-Werbung für einen Schokoriegel aufgetreten war, verschlug es sie nach London, wo sie sich mit einem weiteren Bewohner der Cromwell Road zusammentat, der für Robert Fraser arbeitete, jenem Galeristen, der zusammen mit einigen der Stones wegen Drogen hochgenommen wurde. Dieser Freund „ließ sich mit den Drogen-Leuten ein“, wie Sue heute erzählt, „und ich ließ mich mit ihm ein“. Sie hatte auch einen Kurzauftritt in Peter Whiteheads Filmmaterial, das er bei „The 14-Hour Technicolor Dream“ drehte. Ihr zufolge trägt sie darin „einen Bisammantel – und sonst nichts“, hält eine Narzisse und lächelt selig.
„Ich erinnere mich an Sue und Jock“, sagt Mick Rock. „Sue war dieses unglaublich hübsche Mädchen, das zu viel Acid eingeworfen hatte.“ Duggie erinnert sich hingegen, dass Sue eigentlich nicht wirklich verrückt war, sondern „möglicherweise nur ein wenig exzentrisch“. Zwar gibt sie zu, dass sie erstaunliche Mengen LSD konsumiert habe („Wir nahmen es ständig“), jedoch besteht Sue darauf, dass sie nie jemandem etwas in den Drink gekippt habe. „Warum hätte irgendjemand so etwas tun sollen?“, betont sie. „Wenn man damals Acid nahm, dann war das alles eine ernste Angelegenheit. Man lauschte den Klängen von Bach, sah sich Kenneth Angers aktuellsten Film an oder las im Tibetanischen Totenbuch.“
„Jemandem etwas unterzujubeln, war ein schreckliches Verbrechen“, gab Alistair Findley gegenüber Barretts Biografen Tim Willis zu Protokoll. „Das tat man einfach nicht.“
„Wenn sie wirklich allen etwas in die Drinks kippten“, fragt Duggie Fields, „warum dann eigentlich nicht auch mir? Das kam nämlich nie vor.“
Was auch immer seine späteren Probleme gewesen sein mögen, Syd war definitiv geistig auf der Höhe, als er begann, an Pink Floyds erstem Album zu arbeiten. Die Band fand sich zu diesem Zweck in den Abbey Road Studios ein, die dem EMI-Konzern gehörten. In dieser Einrichtung, die weltweit als eine der besten ihrer Art galt, herrschte Zucht und Ordnung: Techniker in weißen Labormäntelchen waren zur Stelle, um bei etwaigen Fehlfunktionen der Ausrüstung auszuhelfen, und Tape-Operators und Toningenieure erlernten dort die Kniffe ihrer Zunft – von der Positionierung der einzelnen Mikros bis hin zur korrekten Methode, ein Kabel aufzurollen. Am besten aber war wohl der inspirierende Mix von Musikern, der dort täglich aus und ein ging. Der damalige Tape-Operator und spätere Toningenieur Jeff Jarratt erinnert sich: „Du bist am Morgen zur Tür hereingekommen und hast den Komponisten und Dirigenten Otto Klemperer im Studio One vorgefunden. Die Beatles waren gleichzeitig im Studio Two und Pink Floyd belegten Studio Three.“
Getreu der Firmenlinie wurde Pink Floyd der A&R-Mann Norman Smith als Produzent zugeteilt. Er war ein adretter ehemaliger Angehöriger der Luftstreitkräfte sowie ein erfahrener Jazz-Musiker und half gelegentlich bei den Beatles als Toningenieur aus. „Er war ein Vertreter der alten Schule und hatte einen sehr trockenen Sinn für Humor“, erinnert sich Roger Waters. „Außerdem erweckte er stets den Eindruck, ein alter Entertainer zu sein. Ich mochte ihn wirklich sehr.“
Die Sessions für das Album, das schlussendlich The Piper at the Gates of Dawn heißen sollte, begannen