Pink Floyd. Mark Blake
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„Heutzutage würde eine Siebzigerjahre-Disco im Vergleich dazu schon hochentwickelt wirken“, meint Mick Farren, der damals für International Times schrieb und mit seiner eigenen Band, The Social Deviants, als Sänger aktiv war. „Aber damals war das Ambiente einfach atemberaubend.“
„Du warfst dir einen Trip ein und erschienst einfach schon sternhagelvoll“, sagt Jenny Fabian. „Es war, als ob man sich in eine unterirdische Traumwelt begeben würde. Die Leute schweiften mit diesem beseelten Blick in den Augen umher oder legten sich auf den Holzboden. Ich lag selbst oft genug da, um ganz in den Schwarz-Weiß-Filmen, die zwischen der Musik liefen, aufzugehen. Das Ganze war auch irgendwie regressiv: Wenn du pinkeln musstest, dann lag am anderen Ende dieses Saals der Träume ein verschlungener Korridor, der zwar hell beleuchtet, aber schwarz angestrichen war. Und von den Wänden tropfte das Kondenswasser. Am Ende des Ganges befand sich schließlich die Damentoilette, wo ich in den Spiegel sah und mich über den Anblick wunderte … Es war jedenfalls immer eine große Erleichterung, in die Gebärmutter dieser Fantasiewelt zurückzukehren.“
Neben der Live-Musik wurden im Club auch Performance-Kunst und Avantgarde-Filme gezeigt. Aber im Laufe der Zeit waren es doch die Live-Bands, die den Reiz des UFO ausmachten. Trotz der gebärmutterartigen Atmosphäre entwickelte sich eine Rivalität zwischen den Anhängern der jeweiligen Bands, wenn nicht sogar zwischen den Bands selbst. „Pink Floyd waren ein sehr abgefahrener, äußerst drogenschwangerer, aber auch sehr weißer Rock. Sie waren für Leute, die Tolkien mochten oder nach Ufos Ausschau hielten“, sagt ein The-Soft-Machine-Fan. „The Soft Machine waren hingegen eher auf eine europäische Art und Weise avantgardistisch. Sie konnten bei Jazz-Festivals in Frankreich auftreten. Ihr Publikum wirkte sozial engagierter, interessierte sich für die Bürgerrechte der Schwarzen und die Revolution der Arbeiterklasse.“ Für manche ging es wiederum mehr um musikalische und visuelle Vorzüge. „Unter meinen Freunden wurde immer gestritten, wer nun besser wäre“, sagt John Leckie. „Wir diskutierten ständig darüber, wer die Grenzen mehr verschieben würde. The Soft Machine konnten sicher besser spielen. Aber Pink Floyd waren abstrakter und hatten außerdem Syd.“
Sogar innerhalb ihrer eigenen Entourage war nicht jeder von der musikalischen Qualität Pink Floyds überzeugt. „Um absolut ehrlich zu sein, ich war nie ein Fan von ihnen“, lacht John Whiteley. „Ich half zwar im UFO bei der Beleuchtung aus, aber ich kann mich auch noch erinnern, dass Syd, während er spielte, den anderen die jeweiligen Akkorde zurufen musste.“
Dennoch erinnert sich etwa der Drummer von The Soft Machine, Robert Wyatt, noch voller Zuneigung an die einstigen Rivalen: „Pink Floyd hatte eine gewisse Leichtigkeit an sich, die mir gut gefiel. Unser Equipment gab ständig seinen Geist auf und Pink Floyd ließen uns dann ihres verwenden, was damals unter Rockbands nicht so üblich war. Die meisten von ihnen hatten sich in ihre Kokons eingesponnen. Ich hörte immer noch John Coltrane und kaufte mir keine Rock-Platten. Aber ich war begeistert, als ich Pink Floyd sah – wie sie sich Zeit dabei ließen, von einer Note zur nächsten überzugehen. Ich hätte das so nicht gekonnt, aber Pink Floyd hatten immer alles unter Kontrolle.“
Da beide Bands die Musik performen durften, die sie spielen wollten, und dies außerdem auch so lange, wie sie wollten, traten Pink Floyd und The Soft Machine oft vor Leuten auf, die – wie es Wyatt ausdrückt – „keine Ahnung mehr hatten, welches Jahr gerade war, geschweige denn, wie spät es war“. Das beeinträchtigte Zeitgefühl, das zu einem Trip dazugehörte, machte Pink Floyd zum idealen Soundtrack für das LSD-Erlebnis. Vor ihren Auftritten im UFO bat ihre Crew das Publikum stets, den Bereich direkt vor den Lautsprechern zu räumen. Wie Miles es später einmal im New Musical Express schrieb: „Ursprünglich ging es dabei darum zu verhindern, dass benebelte Hippies sich ihre Trommelfelle ruinierten, aber irgendwann wurde es zu einem kuriosen Ritual in der Art einer Zen-Zeremonie: die Räumung des Raumes, damit Pink Floyds mysteriöse Musik hervorsprudeln konnte.“
Auf der Bühne spielten sie im Licht selbstgebauter Scheinwerfer und Projektionen, die im Hintergrund verschwammen und das mystische Ambiente noch verstärkten. Syds abstrakte Gitarrenriffs rangen mit Richard Wrights unheimlich klingenden Keyboards. Roger Waters, schlaksig und distanziert, lieferte mit seinem pulsierenden Bass-Spiel das Fundament für das klangliche Spektakel und mitunter, wenn es die Stimmung erforderte, auch unheilig anmutendes Geschrei. Eines Abends, so erinnert sich Joe Boyd, sah er, wie Pete Townshend, der sich auf einem Trip befand, neben der Bühne kauerte, auf Waters zeigte und behauptete, der Bassist würde ihn verschlucken.
„Ich war drei Mal im UFO auf LSD“, erinnert sich Townshend. „Ich hielt Roger für sehr attraktiv und sehr beängstigend. Ich hatte echt Angst davor, dass er mir meine Freundin ausspannen würde, während ich auf LSD war. Schließlich gab er sogar offen zu, dass sie ihm gefiel.“ Die fragliche Freundin war Karen Astley, Townshends zukünftige Ehefrau, eine bildhübsche Kunststudentin, die bereits auf dem Plakat zur Eröffnung des Clubs zu bewundern gewesen war. Sie zog routinemäßig die Aufmerksamkeit im UFO auf sich, da sie, wie der Gitarrist von The Who es ausdrückt, „in einem Kleid tanzte, das aussah, als wäre es aus Kuchenpapier“.
Zoff gab es nur selten im UFO. Mitunter störten sich Mods, die vorbeischneiten, an den offen gezeigten Love-and-Peace-Schwingungen, obwohl viele von ihnen selbst letzten Endes LSD einwarfen, um sich dem bunten Treiben anzuschließen. Gelegentlich konnten Biker auf Acid gegenüber den weiblichen Besuchern ihre Hände nicht in Zaum halten. Auch kam es zu Störungen der öffentlichen Ruhe, wenn die schönen Menschen mitsamt ihren klingelnden Hippie-Glöcklein und Kaftanen in den frühen Morgenstunden auf die Tottenham Court Road gespült wurden und das Interesse patrouillierender Ordnungshüter auf sich zogen.
Sam Hutt, Londons erster „Alternativmediziner“, der später zum Country-Sänger Hank Wangford mutieren sollte, war ein Stammgast im UFO und staunt immer noch, mit wie viel die Clubbesucher letzten Endes durchkamen: „Der Ire, dem der Laden gehörte, war unglaublich pragmatisch. Er drückte buchstäblich beide Augen zu, was sehr irisch war. Für ihn unterschied sich das Ganze nicht von einem Pub, das etwas länger offenließ.“
„Ihr dürft nicht vergessen, dass dies ein gemieteter Festsaal war, in dem sonst irische Showbands auftraten“, ergänzt Mick Farren. Damals musste man die Polizei eben irgendwie besänftigen. „Sogar wenn alles ganz normal ablief und ohne Hippies einmal pro Woche.“ Eine Kiste mit Whiskey zu Weihnachten war allerdings eine wirkungsvolle Methode, um sich Ruhe zu verschaffen.
Im Januar 1967 kreuzten Barretts Wege erneut jene von Peter Whitehead, der mittlerweile Filme drehte, bei denen ihm Barretts Ausstellungspartner Anthony Stern assistierte. Wholly Communion, ein Film über eine Dichterlesung in der Royal Albert Hall im Jahr 1965, in dem unter anderem Allen Ginsberg zu sehen war, sowie Charlie is My Darling, eine Dokumentation über eine Tour der Rolling Stones aus dem darauffolgenden Jahr, sollten Whitehead als Chronist der sogenannten Gegenkultur etablieren. Andrew King beschrieb ihn später als „Mr. Trendy“, obwohl Peter insistiert: „Ich mochte Pop nicht wirklich und war zuvor auch noch nie in meinem Leben auf einem Popkonzert gewesen.“ Whitehead steckte gerade mitten in der Arbeit an einem anderen Film, Tonite Let’s All Make Love in London, bei dem er Segmente von Interviews mit Mick Jagger, Julie Christie, Michael Caine, David Hockney und anderen zu einer Zeitkapsel zusammenschnitt, welche die Pop- und Filmstars und Künstler der Ära dokumentieren sollte. Was der Film noch brauchte, war ein passender Soundtrack, der am Puls der Zeit lag. „Auf keinen Fall wollte ich die verdammten Rolling Stones dafür verwenden“, erklärt Whitehead. „Anthony wusste, dass mir The Soft Machine gefiel. Er erzählte mir davon, dass Syd bei Pink Floyd war und sie etwas Ähnliches machten.“
Peter begab sich daraufhin in den UFO-Club und traf hinter der Bühne auf Syd („Er war schon ein wenig bedient“), obwohl seine Aufmerksamkeit zunächst mehr Barretts Begleitung, einem hübschen Mädchen aus Cambridge namens Jenny Spires, galt. „Jenny war das erste Mädchen, das den Vibe im UFO total personifizierte“, meint Anthony Stern. „Sie