Pink Floyd. Mark Blake
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Obwohl sich auch Gilmours musikalische Ausbildung nun in vollem Gange befand, hatte sein formeller Bildungsweg bereits im Alter von fünf Jahren begonnen, als er ins Internat geschickt wurde. Doug Gilmour hatte beschlossen, einen sechsmonatigen Forschungsurlaub von der Cambridge University anzutreten und diesen mit Sylvia im Mittleren Westen der USA zu verbringen. Die Kinder wurden inzwischen nach Steeple Claydon in Buckinghamshire geschickt, wo sie das folgende Schuljahr verbringen sollten. „Meine Eltern liebten einander und genossen ihre gemeinsame Zeit, und wenn ich ehrlich bin, glaube ich, dass sie uns als eher unpraktisch empfanden“, erzählt Gilmour 2006 in Mojo. „Als wir noch sehr klein waren, machten wir noch zusammen Ferien, doch sobald wir alt genug waren, wurden wir bei den Pfadfindern oder so geparkt. Wir fuhren nie wieder gemeinsam in den Urlaub.“
Jahre später stieß Gilmour auf Briefe und ein Tagebuch aus jener Zeit, als er und seine Geschwister auch nach der Rückkehr der Eltern noch in Steeple Claydon blieben. „Damals kam einem das völlig normal vor. Erst später denkt man sich, dass das gar nicht so toll war.“
Im Alter von elf Jahren, als Barrett gerade an der County eingeschrieben wurde, landete Gilmour an der Perse School for Boys, die sich nur einen Steinwurf vom Haus der Barretts entfernt befand. Die Perse war eine gebührenpflichtige Grammar School, die auf die Einhaltung strikter Verhaltensregeln achtete. Unter ihren Alumni befanden sich Sir Peter Hall, der Gründer der Royal Shakespeare Company und Direktor des Royal National Theatres. Bis ins 17. Jahrhundert zurück waren ein Viertel der Schüler Internatszöglinge und jeder musste verpflichtend am Samstagmorgen dem Unterricht beiwohnen, was dazu beitrug, dass die Schule im Ruf stand, „eine eher versnobte Privatschule“ zu sein, wie es ein ehemaliger Schüler ausdrückte. Obwohl von Natur aus aufgeweckt, ließen Gilmours schulische Leistungen zu wünschen übrig. „Ich war faul“, gesteht er mittlerweile ein. Elvis mag zwar ein erster Einfluss gewesen sein, aber es waren zwei Gitarre spielende, Harmonien singende Geschwister und ihr erster großer Hit von 1957, „Bye Bye Love“, die eine entscheidende Rolle dabei hatten, dass Gilmour die Gitarre für sich entdeckte. „Ich liebte die Everly Brothers. Als ich 13 war, bekam der Nachbarsjunge eine Gitarre. Allerdings war er komplett unmusikalisch und hatte überhaupt kein Interesse daran. Deshalb borgte ich sie mir aus und gab sie nie wieder zurück. Ich fing an, darauf herumzuschrammeln, was meine Eltern ziemlich freute. Sie kauften mir daraufhin ein Pete-Seeger-Gitarrenbuch und eine dazugehörige Schallplatte. Diese ersten Lektionen waren einfach wunderbar.“
Auch Gilmours Freund Rado Klose ackerte sich fleißig durch Seegers Lehrbuch. Später sollte er unter seinem zweiten Vornamen, Bob, Mitglied bei den frühen Pink Floyd werden. „David und ich kannten uns praktisch von Geburt an“, sagt Klose. „Unsere Väter hatten sich kennengelernt, noch bevor sie überhaupt Familien gründeten. Ich weiß nicht mehr, ob David sich von mir etwas beibringen ließ, aber ich erinnere mich daran, wie wir beide die Platte von Pete Seeger und Radio Luxemburg hörten. Da waren Songs, die uns gefielen, und wir fragten uns, wie man sie spielte. Dann machten wir uns daran, es herauszufinden. Bei ‚Walk Don’t Run‘ von den Ventures war das etwa der Fall. David wusste sofort, wie der ging, während wir anderen länger dafür brauchten.“ Klose war ebenso Schüler an der County: „In diesem Alter ist die Schule der absolute Lebensmittelpunkt. Syd war eine Klasse unter mir und Roger eine über mir. Wir hatten alle einen ähnlichen Musikgeschmack. Eine Zeitlang fuhr ich voll auf Jazz ab – aber nur auf den Jazz aus der Zeit vor 1935! Dann Django Reinhardt. Roger stand auf Jimmy Dufree. Den Blues für mich zu entdecken, war wie ein Moment der Offenbarung. Ich erinnere mich daran, wie ich nach der Schule in den Plattenladen ging und eine LP von Leadbelly sah. Ich hatte keine Ahnung, wer er war, mir gefiel nur der Name. Der Verkäufer ließ mich in das Album reinhören. Es war wie die Essenz von allem, was ich an Musik mochte – nur in konzentrierter Form.“ Leadbelly wurde zu einem gemeinsamen Favoriten des Trios Klose, Gilmour und Waters.
Seitdem Roger zwölf war, hatte er regelmäßig Jazz-Konzerte im lokalen Corn Exchange besucht, doch anders als etwa Syds Mutter, hatte Mary Waters nicht viel für Musik übrig. „Sie behauptete, kein musikalisches Gehör zu haben“, erinnert sich ihr Sohn. „Sie machte sich nicht viel aus Kunst. Sie war ein sehr politischer Mensch. Politik stand bei ihr an erster Stelle. Auf jeden Fall wurde ich weder zuhause noch in der Schule ermutigt, mich mit Musik zu befassen.“
1961, dem Jahr, in dem Syd Barrett seinen Vater verlor, kam auch Gilmours Familienleben in eine beträchtliche Schieflage. Seinem Vater Doug Gilmour wurde im Rahmen des sogenannten „Brain Drain“, bei dem britische Akademiker mit hochdotierten Lehrposten ins Ausland gelockt wurden, eine Stelle an der New York University angeboten, wo er schließlich zum Professor für Genetik wurde. Er und Sylvia entschieden sich, für ein Jahr nach New York zu gehen. David Gilmours zehn Jahre alter Bruder Mark begleitete sie, während die anderen Geschwister in England blieben. Davids Schwester Catherine besuchte bereits die Universität. Dem 15-jährigen David wurde angeboten, seinen Eltern und seinem Bruder in die USA zu folgen, doch entschied er aufgrund der musikalischen Möglichkeiten, die er ihn Cambridge vorfand, in seiner angestammten Umgebung zu bleiben. Während dieser Zeit kam er bei einer Familie in Chesterton unter. Unbeaufsichtigt schlich sich Gilmour zu Konzerten, anstatt für seine O-Level-Prüfungen zu lernen.
Waters, Barrett und Gilmour hatten nun zwei Dinge gemeinsam: ihren schulischen Hintergrund sowie die Abwesenheit ihrer Väter. Auf sich selbst gestellt, schickten sie sich an, ihrer Zukunft als Pink Floyd entgegenzustreben.
Auch wenn Gilmour der erste der drei war, der sich für Rock’n’Roll begeisterte, so waren seine zukünftigen Partner auch ohne Elvis nicht untätig darin, gegen das restriktive Klima an der Schule aufzubegehren. Wenn etwa Waters’ akribisches Vorgehen gegen den Obstgarten seiner Schule mehr wie ein kunstvoller Streich als ein einfacher Vandalenakt erscheint, so darf einen dies nicht weiter wundern.
Als Universitätsstadt bot Cambridge auch einen fruchtbaren Boden für die neue Garde nonkonformistischer amerikanischer Autoren und Dichter der Beat Generation. Die betreffenden Schreiber – Allen Ginsberg, Jack Kerouac und William Burroughs – wehrten sich stets gegen diese Bezeichnung und protestierten: „Drei Freunde ergeben noch lange keine Generation.“ Trotzdem gab es zwischen ihnen ausreichend Gemeinsamkeiten in Bezug auf ihre Sichtweisen, um den Begriff zu rechtfertigen. Ginsbergs Geheul und andere Gedichte von 1956 sowie Burroughs’ 1959 erschienenem Roman Naked Lunch wurde große Aufmerksamkeit zuteil, nachdem sie in das Visier der Sittenwächter geraten waren. Und doch war es Kerouacs Roman Unterwegs – 1957 nach einem Gerichtsverfahren, in dessen Fokus Geheul gestanden hat, veröffentlicht –, der der Beat Generation zu größerer Bekanntheit verhalf. Die Geschichte eines poetischen Wandervogels, der mittels Güterzügen und anderer Mitfahrgelegenheiten durch die USA reist, Pillen einwirft und zu einem Soundtrack von Bebop-Jazz dem Gelegenheitssex frönt, wurde zur Pflichtlektüre für smarte Teenager, die in einer Universitätsstadt heranwuchsen.
Die ungezügelte Kreativität der Beats, ihre nonkonformistische Haltung und ihre Abenteuerlust sprachen sowohl Barrett als auch Waters an.