Die Bad Religion Story. Jim Ruland
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Während die Band musikalisch immer kompetenter wurde, entwickelte sich das Hell Hole zu einem Treffpunkt für die Punk-Freunde der Band aus dem Valley. Manchmal reisten sogar Kids aus Hollywood an, um den Proben der Band beizuwohnen. Die Kunde von Bad Religion verbreitete sich in den lokalen Punk-Zirkeln. Doch die Kids kamen nicht, um Party zu machen. Sie schneiten nach der Schule vorbei und blieben bis zur Essenszeit am Abend, wenn Gregs Mom von ihrem Job an der UCLA zurückkehrte.
Interessanterweise kam die Band nicht auf die Idee, sich nach einem Auftrittsort umzusehen, wo sie vor einem Live-Publikum auftreten konnte. Sie hatten bis jetzt gerade einmal sechs Songs im Repertoire. Da sie ihre Garagen-Sessions aufzeichneten, war ihnen bewusst, dass sie über ungefähr zehn Minuten Material verfügten. „Wir benutzten einen Ghettoblaster“, so Jay. „Mit dem nahmen wir alles auf. Das machte nicht viel her, aber ehrlich gesagt, so wussten wir zumindest, wie lange wir spielen konnten.“
Selbst mit Ansagen zwischen den Songs hätte ein Konzert nicht länger als 15 Minuten gedauert. Das reichte nicht aus. Stattdessen nahmen sie ein Demo auf.
Dafür begaben sie sich ins Studio 9, das sich im Hollywood & Western Building befand und auch schon einmal bessere Zeiten gesehen hatte. Während die Geschäfte im Erdgeschoss weiterhin geöffnet hatten, standen zahlreiche Büros im ersten, zweiten und dritten Stock leer. Viele Zimmer hatten keine Türen, Fenster keine Glasscheiben. Zahlreiche Hausbesetzer-Punks aus Hollywood fanden hier Unterschlupf und die Wände waren mit Graffiti übersät.
Inmitten dieses chaotischen Ambientes befand sich das Studio 9 – ein aus einem Zimmer bestehendes Aufnahmestudio mit einem primitiven Acht-Spur-Tonbandgerät. Dort aufzunehmen kostete 15 Dollar pro Stunde, inklusive Tontechniker. Greg erinnert sich an eine wüste Örtlichkeit. „Überall waren Graffiti“, so Greg. „Nicht nur im Studio, sondern einfach überall. Die Wände dieser leeren Räume waren vollständig besprüht.“
Namen unterschiedlicher Bands, die vorbeigekommen oder hier übernachtet hatten, zierten die Wände. Also beschlossen Bad Religion, es ihnen gleichzutun und auch ihre Spuren zu hinterlassen. „Wir sprayten überall Bad Religion hin“, erinnert sich Brett. „Das war schon einigermaßen dämlich.“
Auch Jay war mit von der Partie. „Wir gingen in einen der leerstehenden Räume und schmierten Bad Religion an die Wände. Es ist wohl nicht sonderlich clever, Bad Religion an die Wand zu malen, wenn deine Band tatsächlich so heißt.“
Die Session dauerte nicht allzu lange. Sie nahmen nur eine Handvoll Songs auf, aber es war auch das erste Mal, dass sie halbwegs professionell aufnahmen, was eine aufregende Erfahrung war. Als sie beim Abmischen saßen und sich das Tonband anhörten, sprang Brett vor Begeisterung aus seinem Sessel. Sein Fuß traf dabei auf die gläserne Tischplatte des Kaffeetisches, die dabei zu Bruch ging. „Sorry“, sagte Jay. „Wir werden auf jeden Fall dafür aufkommen.“
So aufregend die Session auch war, so brachte sie für Jay auch eine bittere Erkenntnis: „Au Backe! Ich bin ja schrecklich! Ich ließ überall Noten aus und kam mit dem Tempo nicht mit. Das war das erste Mal, dass ich hörte, wie mies ich war.“
Dennoch hielten sie nun ein fertiges Demo-Tape in Händen.
Später am Abend erhielt Brett einen Anruf vom Manager des Studios.
MANAGER: Hey, ihr habt überall Graffiti hingesprayt, nicht wahr?
BRETT: Yeah.
MANAGER: Nun, so geht das aber nicht. Das ist Vandalismus. Ihr müsst nochmal herkommen und alles wieder saubermachen.
BRETT: Echt jetzt? Weil, na ja, da waren doch schon überall Graffiti.
MANAGER: Wir wissen nicht, wer das war, aber euer Bandname stand noch nirgends, bevor ihr hier einmarschiert seid.
„Ich bin mir sicher, dass wir das nicht hätten tun müssen“, sagt Brett heute, „aber da wir nun einmal dumme Jungs waren, kehrten wir nach Hollywood zurück und übermalten unser Graffiti.“
Die Erfahrung motivierte die Band, sich erneut im Hell Hole einzufinden, um neues Material zu schreiben. Nachdem sie eine erste Erfahrung mit dem Aufnahmeprozess gemacht hatten, wollten sie eine richtige Platte aufnehmen – nur nicht im Studio 9. Sie hatten ein Punk-Tape in einem Punk-Studio eingespielt, aber jetzt wollten sie etwas produzieren, das auch tatsächlich gut klang. Dieses Verlangen, Musik zu kreieren, die nicht nur hart und schnell, sondern wohlklingend war, unterschied Bad Religion von ihren Zeitgenossen. Im Verlauf ihrer Karriere sollte ihr Streben nach einer perfekt tönenden Platte zwischen einem ästhetischen Grundsatz und blanker Obsession hin und her pendeln.
Mithilfe des Schlagzeuglehrers von Ziskrout fanden sie ein bescheidenes Studio, das sich in der Garage neben dem Haus eines Produzenten in Thousand Oaks befand, um dort die sechs Songs ihrer ersten EP aufzunehmen. Dieses Erlebnis versetzte Brett mitunter in Staunen. „Wir hatten keine Ahnung, was wir da machten“, gesteht er. „Wir hatten keine Vorstellung davon, wie man eine Platte aufnahm. Wir hatten bloß unsere Songs und wollten sie konservieren. Andere Bands produzierten Seven-Inch-Schallplatten. Wir wussten, dass das im Bereich des Möglichen war. Uns wäre nie in den Sinn gekommen, zuerst einmal Material für 30 Minuten zu schreiben und dann eine Show zu spielen.“
Jay lernte immer noch, wie er mit seiner Ausrüstung umgehen, beziehungsweise, was er lieber bleiben lassen sollte. „Mein kleiner Kurzhals-Jazz-Bass war im Sunburst-Design lackiert. Schwarz, orange, gelb. Ich wollte ihn aber ganz schwarz haben, weil das viel cooler ist. So begab ich mich in die Garage und fand eine Dose mit pechschwarzer Farbe. Ich besprühte zunächst die Rückseite der Bassgitarre, und es sah wie Gummi aus. Total cool eben. Also besprühte ich auch noch die Vorderseite sowie das Griffbrett, die Saiten und den Kopf. Ich hatte ja keine Ahnung, was ich da tat!“
„Das war unmittelbar, bevor wir ins Studio gingen“, fügt Greg hinzu. „So erhielten wir unseren einzigartigen Sound auf unserer ersten EP.“
In den Gold Star Studios in Hollywood, einem legendären unabhängigen Studio an der Ecke Santa Monica Boulevard und Vine Street, wurden ihre Aufnahmen gemastert. Das war ein Quantensprung im Vergleich zu Studio 9. Im Gold Star hatte einst Phil Spector sein Handwerk gelernt und die einmalige Akustik des Studios genutzt, um seine legendäre Wall of Sound hochzuziehen. Und die Ramones hatten ihr Album End of the Century, das im selben Jahr erschien, mithilfe von Spector im Gold Star aufgenommen.
Als Bad Religion nun mit ihren Aufnahmen im Studio eintrudelten, wurden sie von Johnette Napolitano begrüßt, die am Empfang arbeitete. Johnette war hilfsbereit und geizte nicht mit Ratschlägen. Da schadete es natürlich auch nicht, dass sie violett gefärbte Haare hatte und sich durch eine Affinität für Punk auszeichnete.
Als sie die Platte hörte, berichtet Jay, wurde sie sogar noch zuvorkommender: „Wenn ihr Jungs mal eine LP machen wollt, solltet ihr statt dem Tontechniker vom Studio meinen Freund als Produzenten anheuern.“ Johnettes Freund war ihr Bandkollege Jim Mankey, der zusammen mit seinem Bruder Earle zu den Gründungsmitgliedern der Sparks gehört hatte. Johnette und Jim spielten nun gemeinsam in einer Band namens Dream 6 und sollten später Concrete Blonde gründen.
Napolitanos Enthusiasmus verlieh der Band Auftrieb, doch für Brett stellte vor allem der Umstand, sich in einem professionellen Studio aufzuhalten, eine erleuchtende Erfahrung dar. „Als ich zum ersten Mal ein echtes Studio sah, verliebte ich mich. Nicht jeder reagiert so, aber als ich die Reihen von Knöpfen und Lichtern sah, drehte ich durch. Ich liebte es. Ich wusste, dass das genau das Richtige für mich war. Ich musste lernen, damit umzugehen!“
Er war bestrebt, von erfahreneren Musikern zu lernen, vor allem von jenen,