Rave On. Matthew Collin
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Als Kraftwerk 2016 als Headliner bei Movement auftraten, war es wie eine Heimkehr, was auch der in Detroit aufgewachsenen Journalistin Tamara Warren, die schon beim ersten Festival auf der Hart Plaza 16 Jahre zuvor dabei gewesen war, nicht entging. „Als der Beat zu ‚Trans-Europe Express‘ einsetzte, zitterte ich“, schrieb sie. „Auf dem Bildschirm konnte man sehen, wie eine Projektion einer fliegenden Untertasse auf unserem Techno-Boulevard landete. Für Detroit – und jeden, der sich für die Geschichte authentischer elektronischer Musik interessiert – schloss sich in diesem Moment ein Kreis.“22
Doch wie Warren ebenfalls notierte, spiegelte das vorwiegend weiße Publikum unweigerlich die zunehmend größer werdenden ethnischen und wirtschaftlichen Klüfte der Stadt wieder, in der 40 Prozent der großteils schwarzen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten. Für diejenigen, die der Ansicht waren, dass das Festival etwas von seinem Geist eingebüßt hatte, als letztlich doch Eintritt verlangt wurde und neugierige Mitbürger aller Alters- und Einkommensklassen nicht länger einfach so vorbeischneien konnten, um sich selbst ein Bild von Techno zu machen, gab es nach wie vor billigere Alternativen wie das preisgünstige Charivari Festival oder das völlig kostenlose, für Einheimische konzipierte TecTroit, das fünf Jahre lang existierte, bevor es schließlich ebenfalls finanziell ins Trudeln geriet.
Außerdem gab es noch das Backpack Festival, das John Collins von Underground Resistance zu veranstalten half. Bei diesem Dance-Music-Benefiz spendeten die Besucher Rucksäcke gefüllt mit Schulsachen, die im Anschluss daran an bedürftige Kinder verteilt wurden. „Das passt zur Philosophie von Underground Resistance“, erklärt Collins. „Die Initiatorin heißt Judy Shelton, die zu unserer Szene hier gehört. Sie hat gesehen, wie Kids zur Schule gingen und ihre Bücher in Papiertüten trugen. Mitten im Winter. Sie hatten nicht einmal Schultaschen. Die Underground-Techno-Szene unterstützte uns und Derrick May war unser erster Sponsor. Alle sind sie hier aufgetreten – Juan, Kevin, Eddie Fowlkes. Und sie alle haben es umsonst getan. Wenn man aus den Problemvierteln stammt und später erfolgreich wird, muss man der Stadt auch etwas zurückgeben und die Leute inspirieren, damit sie wissen: Hier kommen wir her. Ich habe früher nichts gehabt und ich habe es so weit geschafft – und ihr könnt das auch.“
Idealistischer Aktivismus ist ein wenig bekannter, aber dennoch signifikanter Aspekt der Detroiter Techno-Szene. In dem kleinen Zirkel von Produzenten und DJs, die es vorgezogen hatten, in der Stadt wohnen zu bleiben, schien sich ein aufrichtiges Gemeinschaftsgefühl entwickelt zu haben. Trotz all der bitteren und entzweienden Dispute persönlicher Natur, die sich einer kleinen Szene nun einmal unweigerlich abspielen, herrschte immer noch tiefempfundene Empathie gegenüber jenen vor, die inmitten dieser sehr amerikanischen urbanen Kernschmelze am meisten leiden mussten. Ihr Mitgefühl inspirierte sie, etwas dazu beizutragen, die Stadt zu einem besseren Ort zu machen – oder zumindest das kulturelle Leben dort zu erhalten, damit man mit Stolz von sich behaupten konnte: Ich stamme aus Detroit. Die Stadt ist bankrott? Na und! Wir werden unsere Schwierigkeiten nicht nur überleben, wir werden sie auch bravourös bewältigen! „Die Dinge mussten sich ändern, und das passiert jetzt auch. Man kann es spüren, man kann es sehen“, behauptet Collins. „Nachdem Detroit ganz unten angekommen war, gab es nur noch einen Weg – nach oben!“ Und er stand nicht allein da, an diesem Wochenende in Detroit.
In einem downtown gelegenen Café, das sie für einen Abend in Beschlag genommen hatten, um dort ihre wöchentlich im Internet übertragene Radioshow aufzuzeichnen, erklären mir Tom Linder (alias T. Linder) und Bill Stay (DJ Seoul) von Detroit Techno Militia, dass sich ihre Stadt zwar zu einem sozialen Experiment in Bezug auf postindustrielles Überleben entwickelt hätte, aber dass sie auch an ein mögliches Revival der Metropole glaubten. Musik – vielleicht sogar Techno – könnte dabei eine Rolle spielen, sie wiederzubeleben. Vielleicht, nur vielleicht …
„Es gibt eine Geisteshaltung, die Menschen das Beste aus dem Mist machen lässt, der ihnen gerade zur Verfügung steht. Wir hoffen, dass wir uns so wie Berlin nach dem Mauerfall auch wieder erholen können“, erklärte mir Linder, während nahezu geräuschlos Land Cruiser auf der halb verlassenen Straße vor dem Café vorbeifuhren.
„Man sagt uns, dass es vorbei ist. Es heißt, Detroit hätte keine Zukunft – also müssen wir diese Zukunft selbst gestalten“, betonte Stacy, während Schatten sein Gesicht einrahmten, geworfen von sich ringsum auftürmenden Blocks, erbaut von Firmenmagnaten einer florierenden Metropole, die so nicht mehr existiert. „So oder so ist das hier meine Stadt – und ich bleibe hier. Ich werde mich nirgendwohin verziehen und ich werde zum Wachstum dieser Stadt beitragen. Die Seele, die es hier gibt, wird niemals sterben.“ Daraufhin verwies er auf Detroits lateinisches Stadtmotto: Speramus meliora, resurget cineribus. In etwa: „Wir hoffen auf eine bessere Zukunft, die sich aus der Asche erhebt.“
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