Rave On. Matthew Collin

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Rave On - Matthew Collin

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MCs, die sich aus dem Autoradio in den Innenraum des Wagens ergossen. „Do you want to fuck?“, fragt einer von ihnen rüde – als ob er noch einen Termin hätte und rasch zur Sache kommen müsste, um nicht in Zeitnot zu geraten. „Dirty fucker“, knurrt ein anderer. „Jump on this dick!“

      Außerhalb der USA wurden Detroiter Techno-DJs – von Veteranen der alten Schule wie dem über 50 Jahre alten Delano Smith bis hin zu neuen Talenten wie dem noch nicht 30-jährigen Kyle Hall – immer noch frenetisch abgefeiert, ganz egal, wo auf der Welt sie gerade auftraten. Und trotz seines „Ruhestands“ bezüglich neuer Studioaufnahmen hatte sich Derrick Mays Backkatalog auch weiterhin als reichhaltiger Quell großer Freude erwiesen, auf den er immer noch gerne zurückgriff. 2014 begab er sich zusammen mit den mazedonischen Philharmonikern auf eine Tournee, in deren Rahmen er orchestrale Versionen seiner Transmat-Klassiker zum Besten gab. Jeff Mills brachte ein ähnliches Projekt mit den Philharmonikern aus Montpellier an den Start. Obwohl dieser musikalische Transfer von den Clubs in die Konzerthallen so gewirkt haben mag, als ob der Detroiter Techno sein Dancefloor-Mojo gegen hochkulturelle Anerkennung eingetauscht hätte, brachte die Stadt nach wie vor bahnbrechende Akteure hervor, die fortlaufend neu definierten, was diese Musik alles sein konnte.

      Randvoll beladen mit Detroiter Mythologie, schafften es der funkige Minimalismus und die pervertierten Disco-Schnitttechniken des in Chicago aufgewachsenen Theo Parrish, der spätabendliche, halbseidene Groove eines Moodymann, die ungezähmte Anrüchigkeit und die durchgeknallte Psychedelia eines Omar S sowie die schrägen Epen Stacey Pullens alle, dem Genre im Verlauf der Jahrzehnte neue faszinierende Formen zu verpassen. Hier handelte es sich außerdem um einen Haufen eigensinniger Nonkonformisten, die, ganz in der freiheitsliebenden Tradition der Stadt, ihre Musik in der Regel lieber auf ihren eigenen Labeln veröffentlichten, um jegliche Einmischung von außen zu vermeiden. Auch Interviews, in denen sie sich selbst erklärten, blieben Mangelware – doch sobald sie einmal sprachen, gaben sie sich oft so direkt wie etwa Mad Mike Banks. Die meisten von ihnen galten als resolute Verfechter ihrer Heimatstadt. „Detroit ist eine sterbende Stadt, aber ich werde mit diesem Motherfucker zusammen draufgehen“, insistierte Moodymann alias Kenny Dixon Jr. „Ohne Detroit wäre ich nämlich nicht der Motherfucker, der ich heute bin. Ich lasse mein Baby also nicht im Stich, sondern bleibe hier.“21

      Einer der Jüngsten unter ihnen, Kyle Hall, erblickte 1991 – dem Jahr, in dem „Riot“ von UR erschien – das Licht der Welt. Seit seiner Pubertät bediente sich Hall schon bei Elementen von House und Techno, um ihnen neue, originelle Formen zu verleihen. Das war noch bevor er je einen Rave besucht hatte. Als er endlich alt genug war, um Einlass zu finden, lag die Detroiter Szene ihm bereits zu Füßen. „Der ganze ‚War on Drugs‘ hat die Clubkultur praktisch gekillt. Deshalb hatte meine Generation kaum Gelegenheit, diese Erfahrung zu machen“, erklärt er. „Die Regierung ging so rigoros vor, dass alles mehr oder weniger illegal war, als ich erst mal volljährig war.“ Sein erstes Album The Boat Party erschien 2013 und steckte in einem markant spöttischen Cover, das Hall zeigte, wie er auf einem Motorboot saß, das inmitten einer desolaten, verschneiten urbanen Wüste gestrandet schien. Das Foto wirkte wie eine beabsichtigte Umkehrung des Playboy-Images à la Duran Duran, das DJs vermittelten, die auf Eintagesausflügen im Mittelmeer und der Adria den Ton angaben – ein Seitenhieb auf den in seinen Augen so dekadenten Mainstream. „Damals gab es in Europa, in Kroatien und so, viele Partys auf Booten, wo DJs auftraten“, erzählt Hall. „Es war, als ob sich Dance-Music zu einem Luxusartikel entwickelte, zu einer elitären Aktivität, aber gleichzeitig wurden DJs engagiert, die mit Benachteiligung und Rassismus zu kämpfen hatten und aus entrechteten Städten stammten. Diese Typen wurden angeheuert, damit sie einer bestimmten Klientel dienten, von denen wiederum keiner wirklich mit diesen Problemen vertraut war. Sie befanden sich in einer privilegierten Position. Deshalb sah ich darin ein ironisches Statement: Hier habt ihr eure Bootsparty!“

      Noch als Teenager fand Hall in Omar S einen Mentor, der seine frühen Tracks auf seinem Label FXHE herausbrachte. Außerdem kooperierte er mit dem Techno-Pionier Anthony Shakir, der einer Generation entstammte, die doppelt so alt wie er war. Doch betont er auch, dass er sich nicht durch die ästhetischen Parameter des Detroiter Erbes einschränken lassen möchte: „Jeder, der sich über seine Herkunft Gedanken macht, empfindet Stolz darüber, was er ist – ein Gefühl der Orientierung. Allerdings kann sich das nicht nur motivierend, sondern auch beschränkend auswirken.“

      Eins der Ideale, das er sich voll und ganz aneignete, war Detroits Tradition der Autarkie. So wie viele andere Produzenten aus der Stadt – angefangen bei Atkins (Metroplex), May (Transmat) und Saunderson (KMS) in den späten Achtzigern – gründete er mit Wild Oats sein eigenes Label, auf dem er seine Musik auf die Art und Weise veröffentlichen wollte, die ihm richtig erschien. „In Detroit hat immer schon ein besonderer Unternehmergeist unter den Schwarzen geherrscht“, erklärt er. „Dass dort keine Leute für dich da sind, um Dinge zu erledigen, fördert eine andere Art von Mentalität. Wenn man will, dass etwas erledigt wird, muss man sich eben selbst darum kümmern.“

      „Es gibt ein Detroit, das man nicht in den Nachrichten zu sehen bekommt.“

      John Collins, Underground Resistance

      Die Premiere des Detroit Electronic Music Festival im Jahr 2000 sollte dem Ziel dienen, dieser Art von Musik in ihrer Heimatstadt eine Plattform zu bieten, erinnert sich Rita Sayegh, die zu den Filmemachern zählt, die an jenem unveröffentlichten Dokumentarfilm über diese Veranstaltung, The Drive Home, arbeiteten. „Als das Festival anfing, Gestalt anzunehmen, begriffen wir, was dies für ein großer Augenblick für Detroit und Techno wäre“, erzählt Sayegh, die als Designerin auch schon Craig, Hawtin und Mills mit Artwork versorgt hat.

      „Nachdem die Stadt den Lagerhallen-Partys einen Riegel vorschob, alle Leute dingfest machte und quasi einen Schlussstrich zog, gab es eine Zeitlang keinen Ort, an dem man etwas hätte unternehmen können“, wirft Timothy Aten ein, der ebenfalls als Filmemacher bei besagtem Projekt involviert war. „Das Festival ermöglichte ihnen daher, endlich wieder zusammenzukommen und die Musik zu feiern, draußen unter freiem Himmel.“

      „Es war überwältigend“, sagt Sayegh. „Als das Festival stattfand, herrschte ein Gefühl der Verbundenheit und Nähe – ein so großes, positives Gefühl, basierend auf dieser total idealistischen Vorstellung und angetrieben von dieser kleinen, eingeschworenen Gruppe kreativer Menschen. Und Derrick May hatte einen bestimmten Ausdruck in den Augen – ich bin mir sicher, dass er schon überall auf der Welt aufgetreten ist, aber während seines Auftritts sah er auf und wirkte dabei, als könne er das alles gar nicht glauben. Als könnte er nicht fassen, dass das in Detroit passierte.“

      Doch die jährliche Veranstaltung bei freiem Eintritt, um deren Programm sich später May kümmerte, bevor ihn wiederum Saunderson beerbte, stand stets an der Kippe zum finanziellen Kollaps. Einmal musste May zehntausende Dollar aus seiner eigenen Tasche investieren, um den finanziellen Engpass zu kompensieren, der dadurch entstanden war, dass die Stadtverwaltung dem Festival ihre Unterstützung entzog. Daraufhin mussten einige Kreditgeber mehrere Monate lang auf ihr Geld warten und drohten zornig damit, ihn zu verklagen. Er wandte sich sogar an die Festivalbesucher, damit sie ihm zusätzlich ein wenig Kohle spendierten, um die Party am Laufen zu halten.

      „Die Stadt hat mir kein Geld gegeben und ich durfte keinen Eintritt verlangen“, erinnert sich May. „Das Festival war in vollem Gange, als ich realisierte, dass ich nicht genug Geld hatte, um die Rechnungen zu bezahlen. Also stieg ich mit einem anderen Typen und einer großen Abfalltonne in einen Golfwagen. Wir schrien: ‚Gebt uns euer Geld! Das Festival muss abgebrochen werden, wenn ihr uns kein Geld gebt!‘ Wir sammelten ungefähr 20.000 Dollar. Das reichte zwar nicht aus, aber zumindest spendeten die Leute etwas.“

      Letztendlich wurde der dreitägige Event, der fortan Movement heißen sollte, 2006 von einer Gruppe lokaler Veranstalter namens Paxahau übernommen, die schon in den Neunzigern mitgeholfen hatten, Raves in der Packard Plant zu organisieren. Paxahau stellte die Organisation auf professionelle Füße und fing an,

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