Hinter der Maske - Die Autobiografie. Paul Stanley

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Hinter der Maske - Die Autobiografie - Paul  Stanley

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je öfter wir miteinander spielten, desto besser wurde das Ganze. Gene und ich mochten dieselbe Musik und wir sangen gut zweistimmig miteinander. Ich beschloss, mit ihm zu arbeiten. Ich konnte nun einen größeren Zusammenhang erkennen, und bei all seinen Eigenarten – Teamwork war nicht gerade die größte Stärke des Einzelkinds Gene – waren wir beide intelligent genug, um zu wissen, wie man seinen Ehrgeiz richtig einsetzte. Immerhin würde es zu zweit viel einfacher werden, die Hindernisse zu überwinden.

      Nachdem wir eine Weile gemeinsam geprobt hatten, schloss sich Steve Coronel uns an. Langsam wurden wir zu etwas, das sich immer mehr wie eine echte Band anfühlte.

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      Im Juni 1970 machte ich meinen Highschool-Abschluss an der Music & Art, wobei ich einer der schlechtesten Schüler meiner Klasse war. Ich war eigentlich ziemlich überrascht, die Schule überhaupt geschafft zu haben, da ich ja so selten im Unterricht aufgekreuzt war.

      Der Schulabschluss war ein zweischneidiges Schwert. Ich war zwar einerseits froh, die Schule endlich hinter mir lassen zu können, aber andererseits ging mir der Arsch auf Grundeis, weil ich nun zum Militär hätte eingezogen werden können. Der Vietnamkrieg war ja in vollem Gange und das Letzte, was ich wollte, war, dorthin verfrachtet zu werden. Ein Trip nach Vietnam musste genauso wenig sein wie ein Trip auf LSD.

      Im Laufe der Jahre, in denen ich meine Hypochondrie kultiviert hatte, war es mir gelungen, eine beachtliche Sammlung an medizinischen Attesten, die ich den Ärzten aus den Rippen geleiert hatte, anzuhäufen. Hauptsächlich ging es dabei um Rückenschmerzen und ähnliche Dinge. Eines Tages fuhr ich in die Whitehall Street in Lower Manhattan, um mich mustern zu lassen. Sie warfen ein paar schnelle Blicke auf meine medizinischen Unterlagen und entließen mich sogleich wieder. Alle meine Ängste – ich hatte mir jahrelang vor Vietnam fast in die Hose gemacht – waren umsonst gewesen. Ich überbrachte meinen Eltern die tollen Neuigkeiten und erzählte ihnen, wie ich meine ärztlichen Beglaubigungen benutzt hatte, um zu beweisen, dass ich untauglich war. Sie sahen einander ein wenig ratlos an. Dann fragten sie: „Wusstest du denn nicht, dass du gar nicht eingezogen werden kannst?“

      „Warum?“, fragte ich zurück.

      „Nun, du bist schließlich taub auf einem Ohr.“

      Ach, so war das also.

      Halb unter Schock dachte ich an die unzähligen Male, die ich das Thema einer möglichen Einberufung zum aktiven Dienst während meiner Schulzeit angeschnitten hatte. Jeder junge Mann, der sich dem Mindestalter näherte, machte sich schließlich darüber seine Gedanken. Ich für meinen Teil hatte meinen Eltern bei etlichen Gelegenheiten meine diesbezüglichen Sorgen mehr als klar gemacht. Das wäre ihre Gelegenheit gewesen, mir zumindest eine meiner Ängste zu nehmen, da sie ja Bescheid darüber wussten, dass ich für den Militärdienst ungeeignet war.

      „Warum habt ihr mir das nicht früher gesagt?“, fragte ich sie.

      Sie sahen sich gegenseitig an, drehten sich wieder zu mir und zuckten mit den Schultern. Wieder einmal zehn Punkte für meine lieben Eltern.

      Es stimmte, dass ich die Richtung, aus der ein Geräusch kam, nicht bestimmen konnte, aber ich hatte nie zwei und zwei zusammengezählt. Auch sonst war mir nie jemand dabei behilflich gewesen, diese simple Rechnung aufzustellen.

      Damals beschloss der Staat New York, jedem seiner Einwohner den Zugang zum College zu ermöglichen, und trotz all meines Wagemuts, es in der Musikwelt schaffen zu wollen, bewarb ich mich zusätzlich noch für das städtische College-System. Vielleicht würde sich durch diese neue Möglichkeit ein Sicherheitsnetz aufspannen, das ich noch benötigen könnte.

      Da ich keinen der Eignungstests absolviert und die Highschool mit entsetzlichen Noten abgeschlossen hatte, wurde ich an das Bronx Community College geschickt. Mir wurde ein Studentendarlehen gewährt, welches ich umgehend dafür verwendete, mir einen gebrauchten blauen Plymouth Fury zu kaufen, um meinen Rambler, der mir irgendwann liegengeblieben war, zu ersetzen.

      Als ich in der ersten Woche zu den Vorlesungen erschien, fand ich nicht, dass viele der Anwesenden aussahen, als ob sie das Zeug zum Studieren hätten. Sie dachten sich dasselbe wahrscheinlich über mich.

      Obwohl es eine Luftveränderung darstellte, stellte sich das College schon bald als Fortsetzung all dessen heraus, was ich an der Schule gehasst hatte. Ich hatte immer noch dasselbe grundlegende Problem: Ich konnte nicht gut genug hören, um dem Geschehen folgen zu können. Und es war auch nicht so, als hätte mich der Unterricht bloß eine Stunde oder so am Tag in Anspruch genommen. Ich musste praktisch den ganzen Tag dort bleiben. Um das Ganze noch abzurunden, gab es zusätzlich noch Aufgaben zu erledigen. Als ich an all die Zeit dachte, die ich für das College aufwenden müsste, begann ich die Sache als eher hinderlich wahrzunehmen. Ich war bereit, Zeit in meine eigentlichen Ziele zu investieren, aber das hier war mir dabei nicht gerade hilfreich. Es war sogar eher eine massive Ablenkung. Und wofür? Ich würde nie in einem schulischen Ambiente auftrumpfen können. Es war die reinste Zeitverschwendung, und Zeit war, so führte ich mir vor Augen, das Kostbarste, das ich besaß.

      Das ist doch nur wieder derselbe alte Mist. Ich gehöre nicht hierher.

      Das hier ist nichts für mich.

      Dann dachte ich an die neue Band und führte mir den Umstand vor Augen, dass ich nun nicht mehr auf mich allein gestellt war. Ich dachte über die Ideen nach, die ich mit Gene diskutiert hatte, wie etwa einen Vollzeit-Proberaum zu mieten. Klar, Gene war als Einzelkind aufgewachsen. Seine Mutter hatte ihm eingetrichtert, dass er Gottes Geschenk an die Welt wäre, und er hatte es bereitwillig geglaubt. Sicherlich hatte er seine Schrullen, aber andererseits stimmte wiederum die Chemie zwischen uns. Zusammen waren wir viel stärker, als es jeder für sich allein gewesen wäre. Wir hatten einen Schlachtplan.

      Das hier ist nichts für mich.

      Sich selbst keinen Plan B offenzulassen birgt seine Gefahren. Jedoch lenkte mich das College von meinem Ziel ab. Für eine Band hieß das Ziel, Erfolg zu haben. Man musste 24 Stunden am Tag dafür leben, nicht nur am Abend oder an den Wochenenden. Meine Zeit am Bronx Community College zu verschwenden, hieß, das zu sabotieren, was ich mir vorgenommen hatte. Ich hatte nun meinen Plymouth, was bedeutete, dass ich jederzeit zu den Proben fahren konnte.

      Das hier ist nichts für mich.

      Nach der ersten Vorlesungswoche verabschiedete ich mich für immer.

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