Hinter der Maske - Die Autobiografie. Paul Stanley

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Hinter der Maske - Die Autobiografie - Paul  Stanley

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the firehouse

      ’Cause she sets my soul afire

      Ich nannte den Song „Firehouse“. Das war ein echter Fortschritt für mich. Mit jedem neuen Song wurde meine Zielstrebigkeit stärker. Ich hatte zwar vielleicht kein Sozialleben, aber ich hatte Musik und einen Traum.

      So viele Menschen sind unglücklich. Sie brauchen jemanden, der sie unterhält. Vielleicht könnte ich das ja machen?

      Eines Tages in der Highschool nahm mich ein Lehrer beiseite. „Warum kommst du nicht in den Unterricht? Warum passt du dich nicht an?“, fragte er mich.

      „Weil ich ein Rockstar werde“, verkündete ich kühn.

      Der Kerl sah mich an, und sein Gesichtsausdruck gab mir einen klaren Einblick in seine Gedankenwelt: Du armer Narr. Dann rang er sich zu einem schwachen Lächeln durch und sagte: „Viele Leute wollen Rockstars werden.“

      „Yeah“, antwortete ich, „aber ich werde einer sein.“

      Abgesehen von meiner Band, den Post War Baby Boom, hatte ich nicht viel in meinem Leben – nur meine Gitarre, meine Stereoanlage und – in zunehmendem Ausmaß – Konzerte. Ich beneidete die Kids, die in ihren Freundeskreisen verkehrten und sich am Wochenende trafen, denn ich hatte nichts dergleichen. Ich kriegte auch nicht heraus, wie man solche Dinge bewerkstelligte. Also ging ich zumeist allein auf die Konzerte. Es war etwas, das mich erfüllte.

      1968 sah ich Jimi Hendrix live in einer kleinen Location am Hunter College auf der Upper East Side in Manhattan. Ich sah The Who, die Yardbirds und Traffic. Außerdem noch Otis Redding und Solomon Burke. Dann noch einmal Hendrix. Buchstäblich jedes Wochenende traten viele Bands nacheinander im Fillmore East oder dem Village Theater auf, was es mir ermöglichte, drei Bands für drei oder vier Dollar zu bestaunen. Ich badete förmlich in Musik an diesen Wochenenden.

      Die britischen Bands umgab eine verruchte Eleganz: Sie hatten tolle Frisuren, trugen Samt und Seide und waren nicht nur in Bezug auf ihre musikalische Ausrichtung, sondern auch in puncto Auftreten und Präsentation sehr stimmig. Sie bestanden aus individuellen Persönlichkeiten, aber vertraten auch eine gemeinsame Identität als Band. Die Mitglieder der einzelnen Gruppen waren auf eine Art stylish, in der sie sich gegenseitig gut ergänzten. Sie verkörperten außerdem eine Sexualität, die den amerikanischen Gruppen dieser Zeit fehlte.

      Ich sah mir auch viele amerikanische Bands an – Jefferson Airplane, Grateful Dead, Moby Grape und Quicksilver Messenger Service, um nur ein paar zu nennen. Die meisten Leute in diesen Bands sahen aus wie Penner, die gerade erst aus dem Bett gerollt waren – alleine aus dem Bett gerollt waren. Ein fetter Typ mit Zöpfen war nichts, was mich positiv angesprochen hätte. Wenn ich eine Band mit einem bärtigen Kerl nur sah, dachte ich mir: Was hat Sigmund Freud in einer Rockband verloren? Ich glaube, dass die ursprüngliche Idee für die Lightshows, die diese Bands auf der Bühne einsetzten, daher stammte, dass man die Aufmerksamkeit auf die wabernden und pulsierenden Farben auf der Leinwand hinter der Bühne und weg von den ungepflegten Chaoten lenken wollte, die aussahen, als hätten sie gerade noch auf der Straße ein paar Kröten geschnorrt. Die meisten amerikanischen Bands sahen aus wie die wöchentliche Zusammenkunft eines Kommunen-Rats. Es sprach mich einfach nicht an. Wenn man sich ihrer Optik in Kombination mit ihrem Sound aussetzte, war es alles andere als eine Überraschung, dass Leute auf ihren Konzerten LSD einwarfen.

      Ich wusste jedoch, dass LSD nichts für mich war. Auf Konzerten sah ich Leute, die dieses Zeugs genommen hatten, durchdrehen. Ich bekam auch mit, dass ein Junge aus meiner Nachbarschaft deswegen eingeliefert werden musste. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich ein Vorzeigeanwärter für einen Flug über das Kuckucksnest war, und da wollte ich die Kontrolle lieber nicht aus der Hand geben. Ich hatte bereits genügend Probleme und hatte außerdem gesehen, was die Drogen bei meiner Schwester angerichtet hatten. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass ein derartiger Kontrollverlust mich auf einen sehr, sehr schlechten Weg bringen würde.

      Die britischen Bands wurden zu einer Art Schablone für die Richtung, in die ich mich hinbewegen wollte. Und diese Blaupause wurde im folgenden Jahr immer umfangreicher, als ich Bands wie Humble Pie, Slade und Grand Funk Railroad sah, die eine nahezu kirchliche Stimmung verbreiteten und eine Art religiöse Verbindung zu ihrem Publikum aufbauten. Ein Frontmann wie etwa Steve Marriott von Humble Pie war der Anführer einer Kongregation, die die Frohe Botschaft des Rock ’n’ Roll verkündete.

      Ja, ich glaube!

      Obwohl ich die Musik durch meine Venen pulsieren fühlen konnte, musste ich natürlich auch an Geld kommen, um mir Konzertkarten, Gitarrensaiten und importierte englische Musikmagazine wie den Melody Maker, New Musical Express und Sounds, die an bestimmten Zeitungsständen im Greenwich Village erhältlich waren, leisten zu können. Aber Jobs waren rar gesät. Deshalb schlug ich sofort zu, als mir ein Cousin meiner Mutter eine Stelle in seiner Sinclair-Tankstelle, nicht weit vom Palisades Parkway, anbot.

      Gleich darauf kaufte ich ihm einen klapprigen Rambler ab, damit ich nach der Schule zu meinem Job fahren konnte. Ich musste dann von Harlem, wo sich die Music & Art befand, über die George-Washington-Bridge bis nach Orangeburg, New York, fahren, wo die Tankstelle lag, und meine Schicht runterreißen, um im Anschluss nach Hause nach Queens zu fahren.

      Es war eine harte Arbeit, zum einen wegen der Distanzen, die ich hinter mich bringen musste, zum anderen, weil ich absolut keine Ahnung von Autos hatte. Ich war der ungeschickteste Mensch der Welt. An einem meiner ersten Arbeitstage hielt eine Karre bei uns und der Fahrer befahl mir, den Ölstand zu checken. Also öffnete ich die Motorhaube und zog den Messstab heraus – das konnte ich immerhin. Ich wusste außerdem sogar, wie man davon ablas.

      „Sie sind schon etwas knapp.“

      „Okay“, sagte er, „dann füll mir etwas nach.“

      „Klar“, antwortete ich und machte mich an die Arbeit.

      Nach ein paar Minuten erkundigte sich der Fahrer bei mir: „Hey, Junge, warum dauert das denn so lange?“ Nun, ich hatte einen Trichter in das Loch für den Messstab gesteckt und versuchte, Öl in diese Öffnung zu kippen. Ich wusste nicht, dass es dafür einen Einfüllstutzen gab.

      Trotz meiner anfänglichen Schwierigkeiten machte ich mich eine Weile lang ganz gut in meinem Job. Es gab sogar eine attraktive Mitarbeiterin, deren Overall sich ebenso schnell ausziehen ließ wie meiner.

      Schließlich – es war an einem Wochenende – veröffentlichte eine lokale Zeitung, die so um die fünf Cent das Stück kostete, in ihrer Ausgabe eine Werbung für Sinclair mitsamt einem Benzingutschein im Wert von einem Dollar. Leser konnten ihn beim Tanken bei uns einlösen und so einen Dollar sparen. Dann wiederum sollten die einzelnen Sinclair-Filialen die Gutscheine einschicken, um das Geld von der Zentrale zurückzubekommen. Der Cousin meiner Mutter wies mich an, so viele Exemplare dieser Zeitung wie nur möglich zu kaufen. Ich sollte sie dann in einem geliehenen Wagen zur Tankstelle transportieren und die Gutscheine ausschneiden. Er plante, sie bei der Firmenleitung gegen Geld einzutauschen, ohne auch nur einen Tropfen Benzin in Kundenautos gepumpt zu haben. Das Geld für alle Zeitungen, für die ich jeweils fünf Cent hatte abdrücken müssen, wollte er mir erstatten sowie mir, als Ausgleich für meine Bemühungen, einen Anteil von der Kohle zukommen lassen, die er sich von der Firma Sinclair erwartete. Ich brachte ihm viele Wagenladungen mit Zeitungen und er verdiente Tausende Dollars, aber gab mir nie mein Geld zurück, ganz zu schweigen von einem Anteil an seiner Beute. Von einem Familienmitglied über den Tisch gezogen! Ich kündigte.

      Danach besorgte ich mir einen Job in einem noblen Feinkostladen namens Charles and Company. Er war auf kalte Platten, Käse und in Dosen abgepackte Köstlichkeiten spezialisiert und betrieb Filialen in ganz New York.

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