Hinter der Maske - Die Autobiografie. Paul Stanley
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„Das ist mein größter Wunsch“, erklärte ich ihnen.
Ich sollte noch herausfinden, dass ich besser geeignet war, ein eigenes Team zu haben, als nur in einem zu spielen.
Meine Schwester (14) und ich (12) stehen vor unserem Wohnhaus in der 75th Road in Queens … und sind angezogen, als wollten wir bei den Sopranos mitspielen.
Am Morgen des 20. Januar 1965 erwachte ich voll Aufregung. Endlich meine E-Gitarre! „Sieh unter dem Bett nach“, sagte meine Mom. Ich schaute erwartungsvoll unters Bett. Dort sah ich einen Karton, der, von der Form her, etwas zu enthalten schien, das wie ein akustische Gitarre aussah.
In mir stieg Enttäuschung hoch.
Ich zog den Karton unter dem Bett hervor. Ohne jeden Zweifel, es war eine gebrauchte japanische Akustikgitarre, die mit Nylonsaiten bespannt und mit ein paar notdürftig geflickten Rissen übersät war. Ich war am Boden zerstört und schob die Kiste samt Gitarre zurück unters Bett. Ich wollte nicht darauf spielen.
Meine Eltern entstammten Familien, denen es sinnvoller erschien, Kinder am Boden zu halten, als ihnen Hochgefühle zu verschaffen. Das war ihr Erziehungsansatz. Sie schenkten mir aus Prinzip nicht das, was ich mir gewünscht hatte, obwohl es für sie nicht schwieriger gewesen wäre. Ich glaube, sie hatten verhindern wollen, dass mir die Erfüllung meines Wunsches zu Kopfe stieg.
Nachdem ich die Gitarre verschmäht hatte, begannen sie, mir Schuldgefühle einzureden – wobei sie ihre eigene Rolle in dieser riesengroßen Enttäuschung niemals anerkannt hätten.
Mein Freund von den Pfadfindern, Harold Schiff, bekam ein paar Wochen später eine E-Gitarre – eine hellblaue Fender Mustang mitsamt einem Perlmutt-Pickguard. Er gründete dann sofort eine Band. Und er wollte mich als Sänger!
Harolds Freunde Eric London und Jay Singer, die ich ein wenig vom Glee-Club und den Pfadfindern kannte, stiegen auch ein. Eric spielte Kontrabass im Schulorchester und zupfte nun dasselbe Instrument auch bei uns. Jay, der Klavierunterricht bekam, hatte seit Kurzem ein elektrisches Keyboard, eine Farfisa-Orgel. Harold holte noch einen weiteren Jungen dazu, den er aus dem Hebräischunterricht kannte. Er hieß Arvin Mirow und sollte Schlagzeug spielen. Auch ihn kannte ich aus dem Glee-Club. Dann schlug ich vor, dass wir noch Matt Rael, der Tür an Tür mit Eric wohnte, dazuholen sollten. Er wurde unser Leadgitarrist. Matt und ich waren die einzigen Jungs aus dieser Truppe, deren Eltern nicht irgendwelche Doktoren waren.
Anders als wir wohnten die Familien von Harold und Matt nicht in Apartments, sondern hatte eigene Häuser, die auch unterkellert waren. Matts älterer Bruder Jon hatte ebenfalls eine Band – seine Eltern waren sehr tolerant gegenüber dem Krach. Auch Harolds Mom war Lärm egal. Außerdem konnten wir den Keller der Schiffs alleine benutzen, sodass wir uns dort zuerst einquartierten. Der Kellerraum war fein eingerichtet – die Wände waren mit hübschen Holzpaneelen ausgekleidet, der Boden war mit Linoleum ausgelegt, und es gab sogar ein Fenster. Außerdem führte eine Tür hinaus zum Hinterhof.
Harold und Matt steckten ihre Gitarren im selben Verstärker an, und meine Stimme lief über den Amp, der auch Jay Singers Keyboard abnahm. Ich schlug, wenn ich sang, auch gegen ein Tamburin – etwas, was man oft im Fernsehen sah. Eric musste nur den Bass so laut wie möglich zupfen. Wir versuchten uns an Songs wie „Satisfaction“ von den Stones und anderen Songs von Bands der British Invasion, wie etwa den Kinks und den Yardbirds. Um größtmöglichen Nutzen aus Jays Farfisa zu ziehen, lernten wir auch „Liar, Liar“ von den Castaways.
Ich liebte es von Anfang an. Obwohl alle Kids damals vage davon träumten, Rockmusiker zu sein – die Beatles und die Stones standen Pate für diesen Wunsch –, so hatten doch ihre Eltern ihren Lebensweg bereits vorausgeplant. Diese Kinder sollten Zahn- oder Augenärzte werden, so wie ihre Eltern auch. Eine Band war nicht mehr als ein Jux für sie.
Aber ich wurde nicht müde zu betonen: „Ich werde ein Rockstar!“
Matt Rael und ich begannen, regelmäßig im Haus seiner Familie abzuhängen. Wir übten teils selbst, teils waren wir bei den Proben der Band seines Bruders Jon dabei. Matt und ich machten so oft Musik bei ihm zu Hause, dass seine Mom einen Deal mit uns aushandelte: Wenn wir ein altes Bücherregal, das sie in Upstate New York gekauft hatte, etwas aufpolierten, dürften auch wir ihren Keller offiziell als Proberaum benutzen. Wir ließen uns nicht zweimal bitten, kratzten die alte weiße Farbe von dem Möbelstück und übten weiter in ihrem Keller.
Matts Eltern waren so etwas wie Ur-Hippies. Seine Mom hatte sogar auf den ersten Aufnahmen der Weavers mitgesungen und war mit Pete Seeger befreundet. Sie hatte auch auf Woody Guthries Kinder aufgepasst. Zur Zeit, als ich Matts Eltern kennenlernte, buchte seine Mom immer noch prominente Folk- und Bluesmusiker für Musikfeste in Manhattan, darunter Leute wie Sonny Terry, Brownie McGhee und Leadbelly. Und natürlich auch Pete Seeger.
Ich hörte wie besessen Radio und kannte die aktuellen Hits, aber bei Matt kam ich in Kontakt mit der unglaublichen Folksammlung seiner Eltern. Sie hatten tonnenweise Country-Blues und ganz alte, traditionelle Sachen sowie zeitgenössischen Folk, etwa von Bob Dylan, Eric Andersen, Tom Rush, Phil Ochs, Buffy St. Marie und Judy Collins. Schließlich kramte ich meine Akustikgitarre doch wieder unter dem Bett hervor und Matt brachte mir ein paar Akkorde bei. Dann nahm ich auch ein paar Stunden bei einer Frau, die in einer Lokalzeitung inseriert hatte. Der erste Song, den ich spielen konnte, hieß „Down in the Valley“. Bald schon hatte ich eine Mundharmonika um den Hals und versuchte, die Folkmusic, die ich bei Matt zu Hause gehört hatte, zu imitieren.
Auch die Band probte weiterhin, und im Sommer 1965 hatten wir unseren ersten Auftritt. In diesem Jahr wurde ein neuer Bürgermeister gewählt, und John Lindsays Wahlkampfteam hatte ein Büro bei uns in der Nachbarschaft eröffnet. Es war in einem Laden untergebracht und war nichts außer einem hell erleuchteten Raum.
Harold half freiwillig im Wahlkampf aus und teilte Flugzettel aus – ich glaube, er hielt das für eine reife und coole Tätigkeit.
Eines Tages sprach einer der Typen, der das Wahlkampfbüro leitete, davon, ein Fest zu veranstalten. Er erwähnte auch, dass man dafür ein Unterhaltungsprogramm auf die Beine stellen müsste. Obwohl er sich dabei nicht unbedingt auf Harold bezog, machte dieser sich nun bemerkbar und verkündete: „Ähm, ich hätte da eine Band.“
Sie luden uns auch tatsächlich ein, bei dieser Veranstaltung aufzutreten. Ich nehme an, dass es sich für die Demokraten ganz gut machte, ein paar Kids aus der Nachbarschaft spielen zu lassen. Wir bekamen keine Gage und es kamen auch nicht viele Leute vorbei, aber es war ein Gig. Mein erster Gig!
Hin und wieder, wenn wir probten, brachte mir Harold Barré-Akkorde auf seiner Fender Mustang bei. Die Grundlagen waren ziemlich einfach, aber wenn ich gewusst hätte, wie lange ich brauchen würde, um ein einigermaßen annehmbarer Gitarrist