Wie ein Regenbogen. Simon Wells

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Wie ein Regenbogen - Simon  Wells

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populären Verkünder der transformierenden Möglichkeiten der Droge. Er selbst war durch den in den USA lebenden Briten Michael Hollingshead zuerst auf LSD gebracht worden. Dessen spektakuläre Rückkehr nach London im September 1965 wurde mit einem Sturm der Neugier begrüßt, besonders, da sein hochfliegendes Interesse darin bestand, die Welt „auf die Droge zu bringen“. Zu diesem Zweck betrieb Hollingshead das „World Psychedelic Centre“ von seiner Wohnung in der Pont Street im Stadtteil Belgravia aus. Trotz des verheißungsvollen Namens und der glamourösen Location waren die Räumlichkeiten nicht mehr als eine verkommene Kellerwohnung.

      Robert Fraser kannte LSD bereits aufgrund eines Erlebnisses in Rom im selben Jahr. Die Droge ließ ihn „so richtig abschweben“, woraufhin er sich mit einigen frühen Acid-Adepten schleunigst auf den Weg in das Psychedelic Centre in der Pont Street machte. Da Hollingshead sich in der Szene kaum auskannte, wurde Fraser einer der ersten LSD-Botschafter. Man sah ihn oft in der Stadt, einen Botschafterkoffer eng an den weißen Anzug gepresst und eine Sonnenbrille mit bunten Gläsern auf der Nase, wodurch er vielen wie ein psychedelischer Arzt erschien.

      Schnell verbreitete sich die Nachricht der psychisch enthüllenden und tief greifenden Möglichkeiten in der Regenbogenpresse, woraufhin LSD als gefährlich eingeschätzt wurde. Die positiven und negativen Aspekte wurden später von Musikern auf dem schrägen deutschen Plattenlabel Die Kosmischen Kuriere (oder auch The Cosmic Couriers) thematisiert. Unbeeindruckt von der Tatsache, dass sie Russisches Roulette mit ihrer psychischen Gesundheit spielten, waren Anita und Brian schnell dabei, einen Schluck aus Frasers Zauberbecher zu nehmen – angeblich in seiner Wohnung in der Mount Street. Im Glauben, LSD sei nur ein etwas stärkeres Marihuana, standen die beiden schnell unter einem Schock.

      Anita behauptet, dass Fraser der Erste gewesen sei, der Brian LSD gegeben habe; zuvor gab es allerdings noch zwei weitere mögliche Gelegenheiten – und zwar 1965 bei der US-Tour der Stones. Auf jeden Fall bot der erste gemeinsame Acid-Trip Anita einen Einblick in Jones’ innere Zerrissenheit.

      „Robert brachte mich auf Acid“, erzählte Anita 2001. „Er war der erste Bekannte in London, der LSD hatte. Ich war an Haschisch gewöhnt, doch dann warfen Brian und ich an einem Abend einen Trip ein und gingen nach Hause. Dort begannen die Halluzinationen.“

      „Das erste Mal, dass er Acid nahm“, erinnerte sich Anita später an Jones’ Trip, „sah er Kreaturen, die aus dem Boden kamen, von irgendwo unter dem Parkett. Er durchsuchte alle Schränke nach irgendwelchen Leuten: ‚Wo sind sie?‘“

      Für Menschen, die sich bereits auf der schmalen Grenzlinie zischen Realität und Fantasie bewegten, wirkte LSD als verbindendes Element zwischen beiden Wahrnehmungsebenen. Die Droge bestätigte und förderte Anitas Lebensgefühl und sie warf daraufhin mit Begeisterung LSD ein. Während für sie die bewusstseinerschütternde Erfahrung befreiend und lehrreich wurde, erzeugte sie bei Brians angeschlagenem Selbstvertrauen und fehlendem Selbstwertgefühl quälende Visionen. Die dämonenhaften Stimmen und das ungefilterte Erinnerungsvermögen verstärkten seine bereits vorhandene Paranoia.

      Trotz seiner vielschichtigen Reaktionen auf die Droge nahm Jones mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit weiterhin LSD. Anita hingegen entwickelte sich in London zu einem regelrechten Avatar der Droge. Für viele stellte LSD geradezu ein Sakrament dar, und so verbanden sich die gemeinsamen Acid-Trips von Anita und Brian auch mit Keith Richards’ Wunsch nach psychedelischen Erfahrungen. Richards schwamm auf der Acid-Welle mit; bald bildete sich ein Trip-Triumvirat. Eine egovermindernde Droge stieß bei einem Menschen wie Mick Jagger, bei dem Charakterzüge wie eine gewisse Affektiertheit und ein ausgeprägtes Konkurrenzverhalten dominierten, nicht gerade auf Begeisterung. Seine Ablehnung schwächte zeitweilig die eigentlich starke Beziehung zwischen ihm und Richards. Daraufhin entstand eine engere Freundschaft zwischen Keith, Brian und Anita.

      LSD polarisierte die Szene mehr als jede andere Droge. Menschen mit einer ausgeglichenen, „stahlharten“ Psyche begaben sich auf die Acid-Achterbahnfahrt und sahen ihre Initiation als eine Art Ritterschlag, während andere sich zutiefst ängstigten. Für längere Zeit war der Zutritt zum „psychedelischen Elfenbeinturm“, den Anita und ihre Freunde bewohnten, nur denen möglich, die jemanden kannten, der bereits entsprechende Erfahrungen gemacht hatte. Zu den zahlreichen Slogans, die 1966 in London die Runde machten, zählte auch „You’re not hip till you trip“. Das spielte auf die psychedelischen Erfahrungen an, die jemand gemacht haben musste, um in den „goldenen Zirkel“ aufgenommen zu werden.

      Eine neues königliches Paar – Brian und Anita – zog von nun an durch die Clubs, die wie Pilze aus dem Boden schossen. Eher seriöse Establishments mit einer gehobeneren Kundschaft, die sich durch Beruf und gesellschaftliche Schichtzugehörigkeit definierte, grenzten sich davon ab, doch exklusive Clubs wie das Ad-Lib, der Scotch Of St James und das Speakeasy wurden ins Leben gerufen, um die Protagonisten aus dem Entertainment zu beherbergen, darunter natürlich auch die Pop-Aristokratie.

      „Man sah sie in den verschiedenen Clubs der Stadt“, erinnert sich der ehemalige Beatles-Mitarbeiter Tony Bramwell. „Sie torkelten durch das Speakeasy und wurden beinahe rausgeworfen, weil ihr Verhalten auf Empörung stieß. Doch man konnte keinem Rolling Stone die Tür weisen, und so blieb der Bedienung nichts anderes übrig, als sie freundlich zu bitten, sich etwas ruhiger zu verhalten. Brian war meist völlig neben der Spur, doch Anita stand auf dem Parkett und tanzte wild und ungeniert.“

      Oft beschränkte sich die gefährliche Abenteuerlust des Pärchens nicht nur auf die Erweiterung ihres Bewusstseins. In sexueller Hinsicht half LSD dabei, das überkommene geschlechtsspezifische Rollenverhalten zwischen Brian und Anita zu verändern. Jones war daran gewöhnt, dass Männer ihre weibliche Beute dominierten. Kam es zum Zeitvertreib mit intimen Spielchen, bestand jedoch Anita darauf, die Führungsrolle zu übernehmen. Durch ihre ausgeprägte Dominanz erforschte sie zahlreiche Ecken und Nischen des Rollentauschs der Geschlechter.

      Außerhalb des Schafzimmers zeigte sich in der Öffentlichkeit Pallenbergs ausgeprägte Loyalität gegenüber Brian – die aber manchmal auch bis an eine rasende Eifersucht heranreichte. An einem Abend unterhielt er sich im angesagten Scotch Of St James mit Ronni, einem Model und der Freundin des Musikers Zoot Money. Anita bemerkte das Gespräch, steigerte sich in einen Wutanfall und giftete: „Ich will nicht, dass du dich mit der Schlampe unterhältst.“ Dann drehte sie sich zu Ronni und schlug sie.

      Der flüchtige Hauch der Boheme, der die frühsten Tage des Paares kennzeichnete, wurde nun von einer eher gewalttätigen Stimmung verdrängt. Oftmals musste Anita Jones’ Wutausbrüche ertragen und war die Unterlegene. „An einem Tag kam ich zur Wohnung in Chelsea und fand Anita vor, mit blauen Flecken auf dem ganzen Gesicht“, berichtete der Stones-Laufbursche Tony Sanchez. „Es war offensichtlich, dass er sie brutal geschlagen hatte. Als ich sie fragte, was denn geschehen sei, meinte sie; ‚Das geht dich nichts an.‘“

      Nach einem besonders brutalen Zwischenfall flüchtete Anita ins Haus einer Freundin, um sich verarzten zu lassen. Früher hatte sie aus Rache schon mal Brians Scalextric-Bahn zerstört oder seine Modelleisenbahnen in der Elm Park Lane verbrannt, aber in diesem Fall war Anita auf eine andere Form der Vergeltung aus. „Ich saß da, in Tränen aufgelöst, und war stinksauer. Meine Wunden wurden behandelt und ich fühlte mich schrecklich“, erzählte sie dem Autor A. E. Hotchner. „Ich beschloss, eine Wachsfigur von Brian anzufertigen und sie mit einer Nadel zu malträtieren. Ich knetete mit Kerzenwachs eine symbolische Puppe, flüsterte bestimmte Worte, schloss die Augen und stach mit einer Nadel in die Wachsfigur. Ich hatte den Magen durchdrungen … Am nächsten Morgen kehrte ich in die gemeinsame Wohnung zurück und fand ihn unter extremen Bauchschmerzen leidend vor. Er war die ganze Nacht wach gewesen und hatte regelrechte Qualen durchlitten. Überall standen Flaschen mit gelöstem Magnesium und anderen Medikamenten. Er brauchte ein oder zwei Tage, um wieder gesund zu werden.“

      Marianne Faithfulls Mann, der Galeriebesitzer John Dunbar, konnte aber auch berichten, dass Anita nicht immer die Opferrolle bei der zunehmenden

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