Wie ein Regenbogen. Simon Wells

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Wie ein Regenbogen - Simon  Wells

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sie sich auf das „groovige“ Ambiente von Chelsea ein und seinen sozialen Mix aus abtrünnigen Aristokraten, wohlhabenden Beatniks und progressiv ausgerichteten Künstlern. Es war eine Beziehung, die sie den Rest ihres Lebens aufrechterhielt.

      Mit Anita unter einem Dach zu leben, schränkte Brians Solo-Ausflüge in die Londoner Clubszene erheblich ein. „Letztes Jahr, als er noch nicht mit ihr zusammen war, kam er fast jeden Abend hierher“, erinnerte sich eine Kellnerin des Scotch Of St James gegenüber dem Magazin Rave. „Jetzt kommt er kaum noch.“

      Brian hatte zwar viele Möglichkeiten, sich mit den Bandkollegen im Backstage-Bereich oder in lauten Clubs zu unterhalten, doch Freizeit abseits von Menschenmengen war eher selten. George Harrison und Jones waren musikalische Seelenverwandte, und eines Tages lud der Beatle Anita und Brian in sein Haus in Esher, Surrey, ein. Harrisons Partnerin Pattie Boyd wohnte mit ihm in dem niedrigen Bungalow und erlebte Anita daher aus nächster Nähe.

      „Sie war sehr ungewöhnlich“, beurteilte Pattie das Erscheinungsbild ihres Gastes. „Sie hatte so eine tiefe Stimme mit einem sexy Schweizer Akzent. Sie sah cool und selbstsicher aus, war sich ihrer Schönheit aber nicht bewusst. Sie schlenderte durch unser Haus, redete und wirkte durch und durch fantastisch – ich konnte meine Augen kaum von ihr losreißen. Ich fand sie atemberaubend, dieses Charisma, dieses Selbstvertrauen.“

      Doch abgesehen von Anitas coolem Äußeren erkannte Boyd auch, was die Dynamik der Jones/Pallenberg-Beziehung ausmachte.

      „Sie hatte die Beziehung unter Kontrolle – definitiv. Man merkte, dass sie machen konnte, was sie wollte. Eigentlich war sie auch ein bisschen unheimlich. Auf mich wirkte [Anita], als habe sie Geheimnisse, die sie nicht enthüllen wollte. Ich bin niemals einem jungen Mädchen mit solch einem Selbstvertrauen begegnet.“

      1965 wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Samenkörner für kreative Seelen wie Anita ausgesät und im Jahr 1966 begann die Saat aufzugehen. „Swinging London“, wie man es schnell mit einem Schlagwort einfing, wurde die angesagteste Stadt auf dem Planeten, eine Metropole, in der ein ausgewählter, aber ungemein talentierter Kreis von Künstlern und Denkern die Richtung eines neuen Lebensgefühls vorgab.

      Die Signale, die über die Antenne des „Swinging London“ gesendet wurden, machten schnell die Runde um den gesamten Globus. Bevor sich San Francisco 1967 den Status als coolste Stadt der Welt unter den Nagel riss, war London in der ersten Hälfte der Jahrs 1966 das kreative Herz der Welt. Die Jugendmode und Mode allgemein stellten den aufstrebendsten Markt der Welt dar, woraufhin die Leute aus allen Ecken der Nation in die Stadt strömten, um bei der Party mitzumachen. Auch fand in London im Sommer die Fußballweltmeisterschaft statt, was zu einem neuen Nationalstolz bei dem größten Teil der Bevölkerung führte. Der Union Jack, zuvor nur als konservatives und nationalistisches Symbol angesehen, entwickelte sich zu einem Modestatement. Viele bereicherten sich jedoch nur an den Rändern des Phänomens, wohingegen ein konzentrierter Kern der „Macher“ existierte.

      „Das glich einer Verschwörung von ungefähr tausend Protagonisten, die mitten in London lebten“, analysiert der angesehene Chronist des Stils Peter York heute. „Anita muss all diese Leute gekannt haben, denn in der Szene kannte jeder jeden. Die ganze Swinging-London-Szene beschränkte sich auf eine kleine Anzahl von Orten.“

      Eigenartigerweise war es ein amerikanisches Magazin, das sich als Erstes ausführlich mit dem verbreiteten Gefühl von Emanzipation, kultureller Freiheit und kindlichem Erstaunen auseinandersetzte, welches sich 1966 in Englands Hauptstadt ausbreitete.

      Die überschwängliche Coverstory im Magazin Time enthüllte der Welt das Phänomen, das für Anita und ihren Kreis schon seit einigen Monaten zur Realität geworden war. Der ausführliche Artikel versuchte eine Momentaufnahme davon zu machen, wie sich aus einem kreativen Abenteuer das nächste ergab – oftmals täglich ein neues. Die Szene hatte sich schon um einige Schritte weiter entwickelt, als das Magazin in den Handel kam, doch war die Story deutlich tiefgreifender, eindringlicher und ergiebiger als andere Berichte in dieser Zeit.

      „Tausende Schallplatten drehen sich in einem immer größer werdenden Orbit von Diskotheken“, hieß es in der Reportage. „Aus eleganten Gaststätten sind Spielhallen geworden. In einer einst grauen Welt verblassender Pracht erblüht im Londoner Leben alles Neue, zuvor nie Dagewesene und Ausgefallene … Die Rolling Stones, deren Musik momentan ‚in‘ ist, regieren als Nachkommen des Königshauses.“

      In dem leidenschaftlichen, farbig bebilderten Artikel fanden sich auch Fotos von Anitas Freunden, darunter Jane Ormsby-Gore und Michael Rainey, und ein kurzweiliges Interview mit ihrem Freund und Förderer Robert Fraser, der London zu Recht als das Zentrum des kreativen Bewusstseins der Welt bezeichnete.

      „London hat etwas, das New York einst hatte“, meinte Fraser gegenüber Time. „Jeder will hier sein. Es existiert kein [vergleichbarer] anderer Ort. Paris ist wie versteinert. Es gibt etwas Undefinierbares in London, das die Menschen dazu bringt, hier sein zu wollen.“

      Während Time richtigerweise Fraser als einen Mann im Zentrum des Geschehens identifizierte, unterschlug das Magazin aber Anita als seine enge Freundin und Stein des Anstoßes. „Groovy Bobs“ grandiose Statur und seine Omnipräsenz erhöhten seine Bedeutung, während Anita zweifellos das feminine Herz der Bewegung repräsentierte. Da alles mit einer blitzartigen Geschwindigkeit ablief, dauerte es noch Jahre, bis Anitas Rolle im großen Zusammenhang richtig eingeschätzt wurde. In seiner Biografie Life hob Keith Richards das Paar [Fraser und Pallenberg] als einen wichtigen Teil der Bewegung hervor und beschrieb sie als einen „Baum, aus dem Londons hippe Szene hervorging“. Dennoch war Anita darauf bedacht, Fraser in der Retrospektive als Impulsgeber all dessen darzustellen, was sich entfalten sollte.

      „Robert war allem, was da vor sich ging, weit voraus. Ich verbrachte sechs Monate in New York und war bestens über die Kunstszene informiert. Roberts Gesellschaft empfand ich als höchst angenehm. Wir teilten dieselben Interessen in der Kunst, denn ich stand total auf die Pop-Art. Er war unglaublich authentisch – jung, forsch und charmant und besaß eine eigene Galerie. Er hatte alles.“

      Fraser und Pallenbergs Leitfiguren-Status überführte den luftigen und verträumten Idealismus der Bewegung in die Realität.

      „Es war eine Zeit der Träume und Fantasien“, erklärte Anita später. „Einige halfen dabei, sie zu verwirklichen, andere versumpften in der Fantasie. Doch alles lag dir zu Füßen. Ob die Drogen damit etwas zu tun hatten – ich weiß es nicht. Wir waren alle noch so jung.“

      „Man muss die Winzigkeit der Welt verstehen, in der sie alle lebten“, erklärt Gered Mankowitz. „Es waren Cliquen, man orientierte sich an der Kunst, es war trendy und es war eine kleine Welt, bei der die Drogen im Zentrum standen. Der experimentelle Lifestyle bedingte die Drogen als Zentrum.“

      Obwohl es damals niemand aussprach, waren die psychedelischen Drogen der Sprengsatz, der das Swinging London zur Explosion brachte. Während Marihuana im Laufe der Jahre bei Künstlern zu den „Grundnahrungsmitteln“ gehörte, mussten Halluzinogene erst in die kreative Oberfläche der Stadt eindringen. 1966 induzierte eine Droge, bekannt unter dem chemischen Namen Lysergsäurediethylamid, einen lebensverändernden Effekt bei allen, die sie einnahmen. Die Geschichtsschreibung erklärte das Jahr 1967 zu dem Zeitraum, in dem LSD von größtem Einfluss war, doch hatte das Auftauchen der Droge im Jahr 1966 in London weitaus gravierendere Auswirkungen.

      Schnell begannen Freizeitchemiker und Gartenlauben-Pharmazeuten aus dem Trend Kapital zu schlagen, doch LSD konnte vor dem Jahr 1965 nur in Laboratorien oder Kliniken „erfahren“ werden. In Zusammenhang mit der Psychotherapie eingesetzt, war die Droge nur mit besonderer Genehmigung bei einschlägigen Institutionen erhältlich. Doch als Berichte der geradezu „kosmischen“ Effekte aus den Behandlungszimmern sickerten, war die Künstlergemeinschaft

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