Wie ein Regenbogen. Simon Wells
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„Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, wann ich Anita das erste Mal traf“, erzählte der Stones-Manager Andrew Oldham dem Autor 2018, „doch ich spürte eine Kraft, eine Energie, die nicht nur Brian (und später Keith) berührte, sondern den gesamten Weg der Rolling Stones beeinflusste. Ich wollte diese Stärke nicht näher ergründen, es war mir schlichtweg egal, doch ich wusste, dass Anita zu den Hauptautorinnen der kommenden Kapitel der [Stones-Geschichte] zählen würde“.
Dank der Beziehung mit Brian (und der Tatsache, dass ihre Anwesenheit bei der Presse bislang größtenteils unbemerkt blieb) fand Anita genügend Freiräume, um eine Party in angesehener Gesellschaft steigen zu lassen. Ready Steady Go!, die heiße TV-Show mit den energiegeladenen Auftritten, gehörte zu einer der Gelegenheiten, bei denen sie mit einem eingeladenen Publikum das Tanzparkett „polierte“. Am 29. Oktober 1965 waren die Stones der Hauptact, doch auch The Animals traten auf, The Searchers und Chris Farlowe. Trotz der erhofften Anonymität war ein Fotograf von der Paris Match bei der Übertragung anwesend, der eine Reihe von Aufnahmen von der ekstatisch tanzenden Anita schoss. Aufgekratzt, grell und unbekümmert dominiert Anita die Menge der Gäste, die eine Party vortäuschen.
Ein weiterer kurzer Augenblick von Anita im Party-Modus in der damaligen Zeit wird in der Rediffusion-Doku Go, Go, Go, Said The Bird festgehalten, einer der scheinbar endlos vielen Filme, die versuchen, das Swinging-London-Phänomen zu erklären. Während des Programms wird Anitas Präsenz in London erstmalig von einer Filmkamera eingefangen.
Einige Personen lernten sie damals näher kennen wie der Musikverleger Tony King, der 2005 dem Autor Andy Neill berichtet: „In konventioneller Hinsicht war Anita nicht schön, doch sie raubte einem den Atem. Ich begegnete ihr zuerst [1965] mit Andrew [Oldham] und [seiner Frau] Sheila im Scotch Of St James. Später traf ich sie im Chez Castel, wo sie zu mir rüberkam und sich vorstellte. Sie erzählte mir, dass sie mit Brian ging. Sie und Brian waren ein fantastisch aussehendes Paar.“
Trotz des vollen Terminplans verbrachten die beiden so viel Zeit wie möglich zusammen. Die räumliche Entfernung stellte niemals ein Hindernis dar, denn ihre Leidenschaft war offenkundig. Bei einem Job in Paris Ende 1965 traf Anita wieder Deborah Dixon und Donald Cammell. Während des Aufenthalts in Montparnasse sah sie Donalds Bruder David (späterer Produzent von Performance). Donald hatte schon überschwänglich über das bevorstehende Treffen gesprochen, und David zeigte sich tief beeindruckt, als er sie das erste Mal sah.
„Ich wohnte bei meinem Bruder und Deborah in ihrem Studio“, erinnert sich David Cammell heute. „Anita hielt sich da auf und wollte nach London reisen. Ich war mit meinem Lotus Elan in Marokko gewesen und sie fragte: ‚Kannst du mich mit nach London nehmen?‘ Ich antwortete: ‚Klar.‘ Ich hatte in Marokko ein wunderschönes Tongefäß erstanden. Da der Lotus ein Zweisitzer war, musste ich nun eine Entscheidung treffen. Ich opferte also das Gefäß und Anita nahm den Platz ein. Sie setzte sich rein und schon ging es los.“
Cammell, der wie ein Wahnsinniger durch die ländlichen Regionen Frankreichs fuhr, um die Fähre rechtzeitig zu erreichen, zeigte sich von Anitas Intellekt und ihrem enzyklopädischen Wissen beeindruckt.
„Das war außergewöhnlich“, berichtet er. „Sie konnte jedes Thema mit einer langen Ausführung beantworten. Als ich sie mit nach London nahm, dachte ich, dass eine gemeinsame Nacht ganz schön sein könne! Dann hielten wir beim Scotch Of St James, und ich erfuhr, dass sie dort mit Brian Jones verabredet war.“
Als die US-Tour 1965 kurz unterbrochen wurde, kam Anita auf die Idee, in die Staaten zu fliegen, um mit Brian einen Kurzurlaub in Miami einzulegen. Doch wenige Tage vor dem Termin musste ihre Arbeitserlaubnis für Großbritannien erneuert werden. Sie brach ihre Arbeit in London ab und flog direkt nach Paris, um möglichen Problemen mit den Behörden aus dem Weg zu gehen. Von Frankreich aus telefonierte sie täglich mit Brian, bevor sie endlich einen Flieger nach Florida bestieg.
„Soweit ich mich erinnere“, erzählte Anita, „zahlte ich mein Ticket selbst, holte sie ein, aß mit den Roadies und dann ging’s direkt ins Hotel. Das war damals so – nichts organisiert. Auch die Pässe und dieser ganze Mist. Das waren noch die Zeiten, in denen sie ein Hotelzimmer total verwüsteten – voll auf Adrenalin, das beim Verlassen der Bühne immer noch in ihnen pulsierte.“
Besessene Fans fanden schnell heraus, dass Anita mehr war als nur das obligatorische Groupie. Der daraus entstehende Frust und die Eifersucht richtete sich oft gegen sie. „Das war sehr beängstigend“, erläuterte sie in dem Buch The Early Stones von Michael Cooper und Terry Southern. „Die haben mir die Klamotten zerrissen, mich ständig zu Boden gestoßen – mich getreten, mich hingeworfen, damit ich ihnen nicht im Weg stand. Totaler Neid und Misshandlung, verbal und körperlich.“
Doch Gefahr und Gewalt ging nicht nur von den Fans aus. Es war Anitas erste Fahrt in der Achterbahn des Tourlebens, die gemeinsame Zeit mit Brian wurde oft unterbrochen und gelegentlich gab es aufsehenerregende Vorkommnisse. Ronnie Schneider, der Tourmanager während der Konzertreise, war Zeuge vieler der frühen Zusammenstöße und zeichnet ein lebhaftes Bild von der explosiven Chemie zwischen Jones und Pallenberg.
Schneider erinnert sich heute: „Als ich das erste Mal mit Anita Kontakt hatte, war ich wegen eines Anrufs von der Rezeption zu Brians Zimmer gegangen. Es sollte dort sehr laut geworden sein. Als ich hinkam, erfuhr ich nur, dass sie sich über irgendetwas gestritten hatten. Anita meinte hinterher, sie sei von Brian unfair behandelt worden, aber ich würde mal meinen, dass die beiden sich gegenseitig nichts geschenkt hatten.“
Spannungen gab es nicht nur hinter geschlossenen Türen. Anita zeigte einen damals seltenen Widerwillen gegen das von Musiker-Partnerinnen erwartete Verhalten und hielt während der US-Tour unübersehbar die Fahne des Feminismus hoch.
„Wir verbrachten einen freien Tag in Miami“, berichtet Ronnie Schneider. „Damals wohnten wir im Hotel Fountainebleau. Wir hatten alle diese Speedboote, mit denen wir über das Wasser rasten. Plötzlich sah ich Anita, die direkt auf andere zufuhr, dann auf mein Boot und voll reinknallte.“
Nach der Episode in Miami kehrte sie kurz nach Paris zurück, bevor sie wieder nach Los Angeles flog, um beim Ende der Tour dabeizusein und etwas Zeit mit Brian zu genießen. Der Stones-Tross reiste mit einigen Agenten der mächtigen Agentur GMC, und Anita lernte den für die Band zuständigen Repräsentanten Michael Gruber kennen.
„Sie war ein freigeistiges, wunderbares Mädchen“, berichtet Gruber heute. „Sie zeigte sich an allem interessiert und war eine witzige Person, die man gern um sich hatte. [Anita] sorgte für den zündenden Funken. Manchmal waren Brian oder Keith niedergeschlagen und in sich versunken, und dann ging Anita hin und sagte so was wie: ‚Hört doch mit dem Scheiß auf, kommt aus dem Arsch und lasst uns loslegen.‘“
Da die Band nach dem Ende der Tournee noch einige Aufnahmen machen sollte, wurde Gruber als ihr Agent beauftragt, für die passende Unterbringung zu sorgen.
Gruber: „Ich erinnere mich noch an das Einchecken im Hotel Bel-Air. Ich musste die Buchung unter falschen Namen machen, sonst hätte man uns da nie reingelassen. Normalerweise wohnten wir im Beverly Wilshire, doch Mick wollte unbedingt ins Bel-Air, weil es über große Gärten verfügte und Bungalows für die Unterbringung der Gäste. Ungefähr eine Stunde nach der Ankunft meinte Anita zu mir: ‚Michael, wir wollen die Möbel aus dem Raum haben – wie bleiben