Vagos, Mongols und Outlaws. Kerrie Droban
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„Willste was?“ Eine der Schlampen kicherte wie blöd. Obwohl ich nun schon seit zwei Jahren clean war, verspürte ich noch die Gier nach dem Teufelszeug. Der Geruch schwebte in der Luft, so verführerisch wie Weihnachtsgebäck. Ich spürte das aufsteigende Verlangen, die Versuchung, die mich fast um den Verstand brachte. Der Rekorder presste sich wie ein Brandeisen an meine Haut. Aber solange die beiden hier rumhockten, würde Twist niemals was von dem Mord ausplaudern. Die zwei waren so voll, dass sie kaum mehr was registrierten – aber dennoch wäre es ihm zu heiß. Meine Augen tränten, und ich rang nach Luft. Am liebsten hätte ich mich verzogen. Undercover zu arbeiten, bedeutete improvisieren zu können. Bundesagenten nahmen an Schulungen teil und erlernten Strategien zur psychologisch geschickten Manipulation anderer, wann und wie man elektronisches Equipment einsetzte, welche Warnhinweise auf Gefahren hindeuten, wie man am besten die Provokation zu einer Straftat ignoriert und wann man sich selbst Drogen reinziehen musste, ganz einfach, um zu überleben. Doch als „kleiner“ Informant hatte ich keine reguläre Schulung durchlaufen. Ich verließ mich auf meinen Urinstinkt. Der Plan war simpel: Ich wollte Twist zur Mittagszeit besuchen, in der Hoffnung, dass er mir einen Happen anbieten würde. Möglicherweise hatte er das „Zeug“ versteckt und kredenzte es mir zum Nachtisch. Allerdings rechnete ich nicht mit Gästen.
„Nein, danke. Ich muss noch arbeiten“, schlug ich das Angebot der Braut aus. Als Psychos Prospect zu knechten, bedeutete gleichzeitig immer, eine gute Ausrede parat zu haben. Der Präsident erwartete von mir, jederzeit nüchtern zu erscheinen.
Twist schlug mir mit dem Handtuch gegen die Beine und legte mir unbeholfen einen Arm um die Schulter. Er hatte die ganze Nacht gesoffen und sich wahrscheinlich noch zusätzliche Drogen reingezogen. Er redete, als wäre er auf Natriumpentothal, dem Wahrheitsserum. Mir lief ein kalter Schauder den Rücken runter, als er sich zwischen die beiden abstoßenden Frauen quetschte und auf einen langen Nachmittag vorbereitete. Die .380er-Pistole lag auf seinem Schoß, ein AK-47-Sturmgewehr lehnte an der Tür zum Schlafzimmer, und Twist rauchte und prahlte von dem Arsenal, das noch in dem Wandschrank lagerte. Nach zwei Stunden dämlicher Gespräche stand ich auf, um die Fliege zu machen.
Twist brachte mich zum Wagen, und ich lud ihn beiläufig zu einem Bier ein, wobei mir klar war, dass er nicht kommen würde. Er lebte zurückgezogen, zufrieden damit, sich in seiner Höhle mit Drogen abzuschießen, viel zu paranoid und unruhig, um anderen zu vertrauen. Mir blieb nur noch ein Versuch: „Alles cool, oder was?“
Er warf mir einen kurzen Blick zu. Unter seinen Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet. Im grellen Sonnenlicht wirkte Twists Haut fettig und blass.
„Weißt du von was?“ Unruhig fuchtelte er mit den Händen rum.
„Man hört so dies und das.“ Ich spürte mein Herzklopfen bis in den Schädel hinein. Mir ging die Muffe, und ich schiss mir fast in die Hose. Twist war ein Psychopath, wie er im Buche stand.
„Was willst du wissen?“
„Da ist irgendeine Scheiße abgegangen.“ Ich hoffte, dass meine Stimme nicht vibrierte.
„Die haben nicht den geringsten Verdacht!“ Twist lachte dämonisch. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Ein Muskel zitterte an seinem Unterkiefer. Er nahm mich ins Visier, wie ein Insekt, das er gleich zu zerquetschen gedachte.
„Habt ihr da was vergessen?“, versuchte ich mehr aus ihm herauszulocken. Staub wehte über meine Schuhe.
„Nichts.“ Twist schaute über meine Schulter auf die menschenleere Straße. „Überhaupt nichts. Wir trugen Handschuhe, Hemden mit langen Ärmeln und Sonnenbrillen. Hey Bruder, das war nicht mein erstes Rodeo. Du weiß, was ich meine?!“ Er machte eine abfällige Handbewegung. Plötzlich spielte er mir die Szene vor, formte die Finger zu einer Pistole, drehte sich zu mir und flüsterte: „Wenn ich mich ums Geschäftliche kümmere, funktioniere ich wie eine gut geölte Maschine.“ Er hielt die Finger an meine Schläfe. „Peng!“
„Nur ein Schuss?“ Vor Aufregung war ich ganz heiser. Hoffentlich konnte der Rekorder seinen Flüsterton gut aufzeichnen. Vielleicht gab es noch Hinweise, von denen die Cops nichts wussten.
„Ja!“ Er pausierte kurz. „Ich habe ihn ein Mal getroffen. Die Kugel ging glatt durchs Herz und traf seine Freundin in den Arm.“
„Sauber. Guter Job.“ Ich nickte. In dem Moment hätte ich verschwinden, dem ATF das aufgenommene Schuldeingeständnis überreichen und die Ermittlung für abgeschlossen erklären können.
Ich hatte für die Behörden den Beweis erbracht, dass die Vagos Drogen und illegale Waffen besaßen und damit handelten – und darüber hinaus nachgewiesen, dass sie für Morde verantwortlich waren, ein brutales Merkmal der Biker-Gangs. Doch mich erfüllte eine Art Verlangen, ein Wunsch, der Gesellschaft zu dienen. Jetzt ging es um mehr als meine Sicherheit, jetzt ging es um Gerechtigkeit.
In den Tagen nach dem Mord verschwand Rhino. Er tauchte erst zwei Wochen später wieder auf und bedrängte mich mit einer verzweifelten Bitte: „Versteck mich.“ Panik brachte seine Stimme zum Kippen, und als ich zögerte, erklärte er mir die näheren Umstände. Ursprünglich war er zu seiner Mutter geflohen, da er glaubte, dort einen sicheren Hafen zu finden. Doch als zwei Detectives von der Mordkommission dort klingelten, um sich mit ihm über Twist zu unterhalten, verzog sich Rhino ins nächstgelegenen Versteck – und das war bei mir. Für ihn schien ich ein sicherer Anlaufpunkt zu sein – keine Überwachung, keine abgefuckten Junkies, keine offensichtlichen Verräter. Um 2 Uhr morgens saß meine Freundin also hellwach auf der Bettkante, zog sich einen kleinen Hautfetzen vom Daumen und beobachtete Rhino, der wie ein panisches Tier durch die Bude rannte, die Jalousien runterzog und uns in ein düsteres Zwielicht hüllte. Ich hatte mich nicht von Joanna getrennt – hoffentlich war das kein Fehler gewesen.
Rhino musterte mich intensiv. In der Dunkelheit vergingen die Stunden zäh. Keiner sprach ein Wort. Momentan hatte ich die Verbindung zu Koz und der Außenwelt verloren und brauchte dringend einen Plan. Mein Apartment war nicht verwanzt. Das ATF hatte sich dagegen entschieden, da mich keine lohnenswerten Zielpersonen besuchten. Wer hätte ahnen können, dass ich den Mitverschwörer eines Mordes beherbergen würde? Gelegentlich stellte ich den Rekorder an, weil ich darauf hoffte, dass Rhino etwas rausrutschte und ich vielleicht ein Geständnis aufzeichnen könnte. Doch er sprach kein Sterbenswort. Gemäß Gangster-Kodex wurden heikle Gespräche nur auf der Straße oder bei einer Autofahrt geführt, wo die Wahrscheinlichkeit einer ungewollten Aufnahme am geringsten war. Die Entscheidung, einen Rekorder bei mir zu tragen, fiel mir schwer, denn das Risiko war nicht einzuschätzen. Ich ließ mich von meiner Intuition leiten. Falls mich ein merkwürdiges Gefühl überkam, hörte ich einfach nur zu und ließ das Teil zu Hause. Doch meist versteckte ich das kleine Ding in der Unterhose.
„Wird er plaudern?“, hatte mich Koz gefragt.
„Du meinst, uns Twist auf dem Silbertablett liefern?“ Mittlerweile duzten wir uns.
„Wenn wir ihm einen Deal anbieten?“
Auf gar keinen Fall! Viel zu riskant. Bei dem Gedanken, einen der eigenen Leute zu verpfeifen, würde Rhino möglicherweise zurückschrecken, und das hätte die komplette Ermittlung gefährden können.
„Lass uns fahren!“ Rhinos Augen wirken wie kleine Schlitze, denn es war frühmorgens. „Bring mich zum 7-Eleven.“ Er hatte sich da mit einem Mädchen verabredet, bei dem er sich eine Weile verkriechen wollte. Draußen blieb er kurz auf dem Gehweg stehen, steckte die Hände in die Hosentaschen und blickte über