Mafiatochter - Aufgewachsen unter Gangstern. Karen Gravano

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Mafiatochter - Aufgewachsen unter Gangstern - Karen Gravano

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mit einem Himmelbett, das mit total neuem Bettzeug im Prinzessinnenstil ausgestattet war. Um unser neues Heim zu etwas ganz Besonderem zu machen, mauerte mein Vater im Innenbereich Blumentröge aus Ziegelsteinen.

      Das erste Haus auf Staten Island lag am Leggett Place, etwa drei Meilen westlich von der Verrazano Bridge. Es war ein Neubaugebiet, in dem viele der geplanten Gebäude noch gar nicht existierten, umgeben von Farmland. Das Beste war aber, dass dort viele junge Familien mit Kindern lebten, die etwa in Gerards und meinem Alter waren. Wir machten alles gemeinsam. Gerard und ich schauten immer erst aus dem Fenster, um zu sehen, wer draußen war, bevor wir uns zu den vielen anderen Kindern gesellten, die dort spielten oder mit ihren Fahrrädern auf der Straße herumfuhren.

      Auch die Mütter gluckten zusammen und redeten über ihre Lieblingsthemen – aktuelle Ereignisse, Kindeserziehung oder Rezepte. Wenn jemand ins Haus ging, um das Abendessen zuzubereiten, schauten die anderen Mütter, ob nicht noch jemand zum Tratschen draußen war. Abends nach dem Essen besuchten wir uns gegenseitig in unseren Hobbykellern, bis es Zeit war, ins Bett zu gehen. Die meisten Leute in der Nachbarschaft waren Italiener. Viele von ihnen waren, genau wie wir, von Brooklyn nach Staten Island gezogen.

      Etwa ein Jahr nach dem Umzug zogen meine Tante Fran, Onkel Eddie, meine Kusinen Lilian und Rena sowie meine Vettern Bud und Jerry direkt gegenüber ein. Ich war hellauf begeistert. Papa sagte uns, er habe gewollt, dass seine Schwester hierher ziehe, damit wir näher beisammen lebten. Sogar meine Großeltern zogen bei ihnen ein, in eine kleine, separate Erdgeschosswohnung. Damals wusste ich noch nicht, dass Onkel Eddies Baufirma Pleite gegangen war. Meine Großeltern hatten ihr Haus in Ronkonkoma, also ihren Alterssitz, verkauft, um ihm finanziell aus der Patsche zu helfen. Es brachte meinen Vater fast um, dass sie ihr Haus verkaufen und in eine Einliegerwohnung ziehen mussten, um Eddie zu helfen. Fran gehörte zur Familie, also tat mein Vater, was er konnte, um seiner Schwester unter die Arme zu greifen. Er nahm einen Kredit in Höhe von dreißigtausend Dollar auf und half ihnen beim Umzug, beim Möbelkauf und der Regelung ihrer finanziellen Probleme. Mein Vater musste unser eigenes Bauprojekt auf Eis legen, und für eine geraume Zeit wurden auch keine neuen Möbel mehr angeschafft. Zum Glück waren die neuen Betten unter den ersten Dingen gewesen, die eingetroffen waren.

      Es gefiel mir, dass Eddie, Fran und die anderen Garafolas gegenüber wohnten. Wir besuchten uns immer gegenseitig. Endlich lebten »unsere Leute« im Viertel, und wir hatten viel Spaß miteinander. Anfangs hatte es meinen Vater traurig gestimmt, dass seine Eltern aufgrund von Eddies misslicher Lage zum Umzug gezwungen gewesen waren. Am Ende aber funktionierte alles ganz prächtig. Meine Großeltern schienen recht zufrieden zu sein. Nicht zuletzt war mein Vater das Baby meiner Großmutter, sodass die neue Nähe zu ihm ein Bonus für sie war. Als mein Großvater acht Monate später starb, war mein Vater sehr erleichtert, dass meine Großmutter nun so nahe bei uns wohnte und nicht allein in Ronkonkoma zurückgeblieben war.

      Mein Bruder Gerard aß für sein Leben gern, also war es perfekt für ihn, dass er Verwandte in der Nachbarschaft hatte, die ihm gerne etwas auftischten. Er ging zum Essen erst zu seiner Oma, dann zu Tante Fran, dann kam er nach Hause und aß dort noch einmal. Allen erzählte er, er habe noch nichts gegessen, sodass er insgesamt drei Mahlzeiten bekam. Manchmal stahl er von einer hinter dem Neubaugebiet gelegenen großen Farm einen großen Kürbis oder eine Tomate, die meine Großmutter in die Soße geben konnte. Einmal setzte der Bauer Gerard bis nach Hause nach und rief ihm hinterher, er solle das gestohlene Gemüse wieder hergeben. Auch Großmutter war draußen und herrschte den Bauern an: »Lassen Sie die Finger von meinem Enkel!« »Er hat mein Gemüse gestohlen!«, schrie der Kerl zurück. Meine Großmutter blieb jedoch hartnäckig, und sowohl der Kürbis als auch die Tomate landeten in ihrer Soße. Sie war köstlich!

      Wir alle mochten Oma Kay. Dass sie auf der anderen Straßenseite lebte, machte es einfacher, sie zu besuchen. Sie machte die beste Soße der ganzen Welt. Ich war dreizehn, als sie starb. Seit dem Tod meines Großvaters war sie nicht mehr ganz dieselbe gewesen. Sie war sehr traurig und wurde krank. Sie war es auch gewesen, die meinen Spitznamen »K.G.« erfunden hatte. Zu meinem dreizehnten Geburtstag hatte sie mir eine Halskette mit meinen diamantbesetzten Initialen geschenkt. Alle bekamen diese diamantenen Initialen zu ihrem sechzehnten Geburtstag, aber ich bekam meine schon mit dreizehn. Sie kaufte auch mein gesamtes Porzellan und mein Silberbesteck mit eingravierten Initialen, das ich einmal zur Hochzeit erhalten sollte. Sie muss gespürt haben, dass sie keine drei Jahre mehr zu leben hatte. Am Abend vor ihrem Tod gingen wir alle ins Krankenhaus und verabschiedeten uns. Am nächsten Morgen war sie einer Herzattacke erlegen. Papa war traurig, ließ sich aber nicht hängen.

      Toniann war meine beste Freundin am Leggett Place. Sie lebte zwei Häuser weiter und war zwei Jahre älter als ich, was jedoch keinen von uns beiden störte. Wir waren etwa in derselben Altersgruppe und besuchten dieselbe öffentliche Schule. Ihre Eltern arbeiteten beide. Ihr Vater war ein gewöhnlicher Arbeitnehmer, der von neun bis fünf weg war, und ihre Mutter Friseurin. Wir übernachteten regelmäßig zusammen. Im Verlauf unserer Teenagerjahre verloren wir jedoch den Kontakt.

      Ich wurde zu einem »schlechten« Mädchen, stahl mich aus dem Haus und ging in Nachtclubs, als ich vierzehn war. Sie machte solche Sachen nicht, also traf sie sich mit den guten Mädchen, während ich mich mit jenen umgab, die gern Schwierigkeiten machten.

      Ich erinnere mich daran, wie mich Toniann einmal so aufbrachte, dass ich fast weinte. Alle Italiener nahmen es sehr wichtig mit ihrem Essen, und auch wir Gravanos bildeten da keine Ausnahme. Toniann bat mich, das Wort »Ricotta« zu sagen. Ich dachte mir nichts dabei, also sagte ich das Wort genauso, wie sie es gesagt hatte: »Ricotta«. Sie erwiderte dies mit verletzendem Spott: »Da sieh mal an, du bist ja gar keine Italienerin! Die Italiener sagen Ri-koh-da.« Ich war verwirrt. Ich wusste zwar, dass ich italienischer Abstammung war, begriff aber überhaupt nicht, warum sie mich provozierte. Also verteidigte ich mich. »Du sagtest, ich solle ›Ricotta‹ sagen, da habe ich eben ›Ricotta‹ gesagt. Hättest du gefragt, wie man Ricotta ausspricht, hätte ich Ri-koh-da gesagt.« Ich wusste vielleicht nicht, dass mein Vater in der Mafia war, aber ich wusste, dass ich ebenso italienisch war wie Christoph Kolumbus, auch wenn ich nicht vor fünfhundert Jahren mit der Santa Maria hierher gekommen war.

      Sonntags traf sich die gesamte Familie zum gemeinsamen Kirchgang und zum Essen im Haus meiner Großeltern mütterlicherseits an der Ecke 15th Avenue und 86. Straße. Papa ging nicht in die Kirche, doch wir anderen gingen zu Fuß zur St. Frances Cabrini an der 86. Straße. Nach dem Gottesdienst machten Großvater und ich einen Spaziergang zur italienischen Bäckerei und holten dort frisches Brot und frischen Mozzarella.

      Großmutter bereitete uns dann eine üppige italienische Mahlzeit zu, mit Pasta, Hühnchen und allem Drum und Dran. Während sie kochte, erledigten Papa und ich unser sonntägliches Ritual: Wir ließen das Auto waschen. Wenn die Jungs, die an der Waschstraße arbeiteten, den Wagen auf Hochglanz poliert hatten, gab Papa allen ein schönes Trinkgeld. Manchmal nahm er mich auch mit ins Baubüro, und ab und zu sogar in den Gesellschaftsverein. Wir waren ein Team, mit dem man rechnen musste, und ich mochte es, wenn ich ihn für mich allein hatte.

      Als wir nach Staten Island zogen, war mein Vater der einzige in Bulls Head, der in der Mafia war. Unsere Nachbarn am Leggett Place wussten alle, dass Papa ein Gangster war, aber es war ihnen egal. Er konnte gut mit Leuten und war so normal und ungekünstelt, dass ihn alle mochten. In seiner Gesellschaft fühlte sich jedermann wohl – obwohl man eigentlich das Gegenteil hätte erwarten können. Er hatte zwar einen Ruf als harter Typ, aber das änderte nichts daran, dass er ein guter Nachbar war, der jedem nach Kräften half. Abgesehen von Tischlerarbeiten war er freilich nicht unbedingt der Geschickteste, also fummelte er immer eine Weile herum, wenn ihn jemand um Hilfe mit seinem Wagen oder Rasenmäher bat. Dann rief er jemanden an, der es besser konnte. Meistens wusste er ganz genau, wen.

      Auf Staten Island wandte sich Papa auch wieder dem Baugeschäft zu. Als Eddie pleite ging, flehte er meinen Vater an, ihn in »das Leben« zurückzubringen. Mein Vater erkannte, dass im Baugeschäft großes Geld zu verdienen war und wusste, wie er seine Mafiaverbindungen

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