Mafiatochter - Aufgewachsen unter Gangstern. Karen Gravano

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Mafiatochter - Aufgewachsen unter Gangstern - Karen Gravano

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wenn er auf der Farm war. Dann saß er morgens auf der vorderen Veranda, schlürfte seinen Kaffe und sah den Trainern auf der Rennbahn zu. Er wirkte stets entspannt, als könnte ihn nichts auf der Welt aus der Ruhe bringen.

      Oft lud er Freunde und ihre Familien aus New York ein. Ich wusste es damals noch nicht, aber all diese Freunde waren Mitglieder der Mafia. Mein Vater hatte eine feste Regel: Auf der Farm wurde nicht übers Geschäft gesprochen. »Wenn ihr kommt, bringt eure Overalls mit, weil jeder mit anpacken muss«, pflegte er zu sagen. Wir hatten viel zu lachen. Es waren immer Leute zu Besuch, und ständig wurde irgendwo gebaut.

      Doch an jenem Tag, als uns Papa zur Farm vorausschickte, verlief nicht alles nach den Regeln. Es begann damit, dass er unerwartet eintraf. Kurz vor dem Abendessen hörte ich, wie der Kies in der Einfahrt knirschte. Ich rannte zum Fenster und sah, wie Papas brauner Lincoln vor dem Haus hielt, gefolgt von mehreren anderen Wagen. Mein Vater hatte uns gesagt, er würde erst in einigen Tagen nachkommen.

      Doch nun war er da. Und damit nicht genug: Er hatte »Stymie« bei sich im Auto. Stymie war Joe d’Angelo, der beste Freund meines Vaters. Papa sagte, er habe ihn »auf der Straße« getroffen. Die beiden Männer waren sich so sympathisch, dass sie sich mit ihrem braunen Haar und ihrer untersetzten Statur sogar ähnelten, wenngleich Stymie mit seinen über ein Meter siebzig gute sieben Zentimeter größer war als mein Vater. Sie kleideten sich auch gleich, trugen ähnliche Trainingsanzüge und Turnschuhe. Stymie besaß eine Bar in Brooklyn namens Docks. Papa hatte ihn einmal als seine rechte Hand bezeichnet.

      Als mein Vater aus dem Wagen stieg, trug er sein weißes T-Shirt und eine Sporthose. Stymie trug ein Sweatshirt über seinem Hemd. Seine Frau war nicht mitgekommen, was sehr ungewöhnlich war. Wenn Papas Freunde zu Besuch kamen, brachten sie immer ihre Familien mit. Onkel Eddie und einige andere von Papas Leuten stiegen aus den anderen Fahrzeugen. Keiner hatte Frau und Kinder dabei.

      Ich rannte hinüber in die Küche, um meinen Vater zu begrüßen. Er redete in gedämpftem Ton mit meiner Mutter. Ich sah, wie sie den Kopf schüttelte. »Okay«, flüsterte sie, bevor sie meinem Papa ins Freie folgte.

      An jenem Abend servierte Mama das Dinner draußen auf der hinteren Veranda, die komplett mit Mückengittern verkleidet war. Entlang des Fundaments verlief eine niedrige Mauer, auf der die Gitter und Rahmen ruhten. Wenn ich die Gespräche meiner Eltern belauschen wollte, konnte ich mich dahinter verstecken und war nicht zu sehen. Ich nutzte diese Möglichkeit recht häufig, um Diskussionen über meine Wünsche zu verfolgen, etwa, wenn ich meine Eltern gefragt hatte, ob wir den Great Adventure Amusement Park besuchten. Wenn ich sie gefragt hatte, verschwand ich aus dem Zimmer und schlich mich dann von der Rückseite des Hauses wieder an, um zuzuhören, wie sie ihre Entscheidung fällten.

      An jenem Abend aber hatte ich das Gefühl, dass Papa nicht er selbst war. Seine Stimmung ängstigte mich. Ich merkte immer sofort, wenn er etwas auf dem Herzen hatte. Dann wurde er still und starrte ins Leere. Ich war mir sicher, dass etwas passiert war, und überzeugt, dass es mit der Pistole und dem Mord vor seinem Nachtclub zu tun hatte. Ich wollte gar nicht daran denken, dass er darin verwickelt sein könnte.

      »Hilf deiner Mama beim Aufräumen«, sagte mein Vater zu mir nach dem Abendessen. Ich räumte den Tisch ab, dann fragte ich ihn, ob er mir zusehen wolle, wie ich auf Snowflake ritt.

      »Nein, ich komme später raus«, sagte er. »Ich rede gerade mit den Jungs.«

      Mama war noch in der Küche, als ich mich außen um die Veranda herum schlich und zu meinem Versteck kroch. Ich lehnte mit dem Rücken an der Wand, saß im Indianersitz und lauschte. Das hatte ich noch nie zuvor getan, ein Gespräch meines Vaters mit seinen Freunden belauscht. Aber ich wollte wissen, was vorgefallen war.

      »Paul ist außer sich deshalb«, hörte ich einen der Männer sagen. Ich wusste, dass sie wahrscheinlich Paul Castellano meinten. Ich dachte, er wäre Papas Chef im Baugewerbe oder so etwas.

      »Ich musste jedenfalls tun, was zu tun war«, hörte ich meinen Vater sagen. »Scheiß’ auf Paul. Wenn wir in den Krieg ziehen müssen, dann tun wir das eben.«

      Krieg? Wovon sprach mein Vater da?

      Ich hörte, wie Onkel Eddie ihn unterbrach: »Ich habe dir gesagt, wir hätten die Finger davon lassen sollen.«

      »Schon gut Eddie, hör auf zu jammern«, fauchte Papa.

      Ganz offensichtlich stimmte etwas nicht. Vielleicht steckte mein Vater in Schwierigkeiten. Ich war mir sicher, dass es mit den Geschehnissen jenes Abends zu tun hatte, als mein Vater mit dem Revolver das Haus verließ. Ich begann, die Puzzleteile zusammenzufügen. Erst hatte ich ihn mit der Waffe gesehen, dann hatte ich erfahren, dass der Typ, der seinen Nachtclub kaufen wollte, ermordet worden war. Und jetzt sagte mein Vater, er habe »getan, was zu tun gewesen sei«.

      Ich begann über all das nachzudenken, was ich in den vergangenen Jahren gesehen und nicht begriffen hatte; ich dachte daran, wie ich mit sechs die Pistole unter seiner Matratze entdeckt hatte, an die vielen Abende, an denen er sich mit Leuten getroffen hatte, die anders aussahen als die Väter meiner Freunde, und dass er erst spät nach Hause gekommen war.

      Ich wollte noch ein wenig bleiben und weiter zuhören, fürchtete jedoch, entdeckt zu werden. Außerdem hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich Dinge belauschte, die eindeutig nicht für meine Ohren bestimmt waren. ich krabbelte davon und ging durch die Vordertür zurück ins Haus.

      In diesem Augenblick kam mein Vater zurück in die Küche.

      »Ich dachte, du wärst reiten?«, sagte er.

      »Ich habe keine Lust.« Ich spürte, dass mich mein Vater ansah, als wüsste er, dass ich gelauscht hatte.

      »Alles klar mit dir?« Er sah mich seltsam an.

      »Ja, warum?«

      Er lächelte. »Komm, wir machen etwas Obst zurecht und bringen es den Jungs raus.«

      Ich sah zu, wie er an der Küchentheke stand und sorgfältig die Schale von einer Wassermelone entfernte. Als ich ihm auf die Veranda folgte, beobachtete ich genau, wie er sich den Jungs gegenüber verhielt. Mein Vater war gelöst, unterhielt sich und genoss seinen Nachtisch. Er schien wieder ganz er selbst zu sein. Ich war verwirrt. Vielleicht hatte ich alles nur missverstanden.

      Später an jenem Abend gingen Papa und ich zur Scheune, um das Licht auszuschalten. Snowflake scharrte in ihrer Box, glücklich, uns zu sehen. »Ihr geht für ein paar Tage zurück nach Staten Island«, sagte mein Vater.

      »Warum das denn? Ich dachte, wir würden hier den ganzen Sommer bleiben?«

      »So ist es auch«, lächelte er. »Trotzdem fahrt ihr für ein paar Tage zurück nach Staten Island.«

      Da dachte ich wieder, dass doch etwas nicht stimmte – was ich eben gehört hatte, die Pistole, der Mann, der vor Papas Nachtclub ermordet worden war. Ich bekam es langsam mit der Angst.

      »Papa, wenn du einmal sterben solltest, würden wir dann hier auf der Farm leben?«

      Mein Vater blieb stehen. Er wandte sich zu mir und fragte: »Warum fragst du mich so etwas?«

      »Ich weiß auch nicht. Ich möchte einfach wissen, ob wir auf Staten Island bleiben oder hierher auf die Farm ziehen würden.«

      »Nun, ich glaube, darum musst du dir keine Sorgen machen, weil ich dir noch eine ganze Weile erhalten bleiben werde.«

      Ich wusste nicht, dass

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