The Who - Maximum Rock III. Christoph Geisselhart

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу The Who - Maximum Rock III - Christoph Geisselhart страница 8

The Who - Maximum Rock III - Christoph Geisselhart The Who Triologie

Скачать книгу

Bühnenpräsenz und die freie, vielschichtige Musikalität, wurden von den beiden stärksten Persönlichkeiten der Stones, Mick ­Jagger­ und Keith Richards, auf fast unheimliche Weise absorbiert, so dass die für die Band wichtigen Elemente trotzdem irgendwie erhalten blieben. The Who hatten mit Keith Moon vor allem ihre irrwitzige, anarchistische Radika­lität verloren. Doch auch hier entstand eine seltsame Eigendynamik, aufgrund derer die verbliebenen – und in Maßen auch die neu hinzugewonnenen – Bandmitglieder anscheinend die Anteile neu belebten, die durch Keiths Tod abhanden gekommen waren.

      Beobachten ließ sich diese Entwicklung besonders an Pete, der sich unmittel­bar nach Keiths bedrückendem Abgang in Hyperaktivität stürzte, die er, seiner Gewohnheit folgend, mit erhöhtem Alkoholkonsum begleitete. Im schon erwähnten und von Dennis Wholey (sic!) geschriebenen Büchlein über Alkoholismus The Courage To Change (1984) erzählt er:

      „Ich hatte immer das Gefühl, dass Trinken und Arbeit in völlig angemessener und passender Weise zusammengehörten. Meine Frau erkannte darin ein potenzielles Problem, während ich der Auffassung war, dass es zu mir und zu meinem Lebensstil gehörte. Und das, obwohl ich in Roger Daltrey einen großartigen Partner hatte, der niemals exzessiv trank, nicht am Beginn unserer Karriere und bis heute nicht. Aber ich meinte, ich trüge mehr Verantwortung, weil ich die Songs schrieb und der Sprecher der Gruppe war.“

      Petes Erklärungen klingen heute ziemlich einsichtig, aber sie machen nicht plausibel, weswegen er in die gleichen Konflikte rutschte wie vor ihm Keith Moon. Seine Ehe und das ihm heilig gewordene Familienleben gerieten im Verlauf des Jahres 1979 plötzlich aus den Fugen, und erstmals seit seiner bislang ernsthaftesten Krise Anfang der siebziger Jahre, als mit dem Scheitern von Lifehouse auch seine künstlerische Existenz auf dem Spiel gestanden hatte, zeigte Pete 1979 auf der Bühne ein Ausmaß von Trunkenheit, das ihn erkennbar in seinen Fähigkeiten beeinträchtigte.

      Noch überdeckte er allerdings die drohende Gefahr mit der rastlosen Geschäftigkeit eines Keith Moon zu seinen besten Zeiten. Pete wirkte nicht nur am Quadrophenia-Film mit und an Paul McCartneys Rockestra, sondern auch am neuen Soloalbum des Ex-Beatle, Back To The Egg. Außerdem begann er eine Vielzahl eigener Projekte; er arbeitete mit seinem Schwiegervater Ted Astley und mit dem jungen Baba-Anhänger Raphael Rudd im Studio, er schrieb ein Fernsehspiel, engagierte sich gegen Rassismus und nahm noch einige­ Songs für ein Wohltätigkeitsalbum auf, dessen Erlöse Meg Pattersons neu eröffneter Suchtklinik in Sussex zuflossen. Die Produktion hieß The Free Charity Album und umfasste neben Who-Songs auch Beiträge anderer Musiker mit schmerzhafter Drogenvergangenheit wie Eric Clapton, George Harrison, Keith Richards und Jack Bruce.

      Mit Beginn des Jahres 1979 standen überdies auch die Proben für die geplante Who-Tournee auf dem Programm. Sie sollte nach dem Willen des Managements zeitgleich mit der Premiere von Jeff Steins Dokumentation The Kids Are Alright bei den Filmfestspielen von Cannes starten. Doch Roger bestand darauf, dass die englischen Fans ein Anrecht hatten, die neu formierte Band als erste zu sehen, und so wurde eilig ein Konzert im Rainbow Theatre arrangiert, wo die Gruppe bei Proben eigentlich nur den letzten Schliff an ihr Programm legen wollte. Die Show wurde gerade einmal achtundvierzig Stunden vorher angekündigt – und war in weniger als einer Stunde ausverkauft. Auch dies ist wohl ein weiterer und oft zitierter Beleg dafür, dass The Who mit dem wiedererwachten Modkult ganz oben schwammen. Im Melody Maker stand jedoch über das Konzert zu lesen:

      „Der Anteil der Modbelegschaft war bestürzend gering. Ein halbes ­Dutzend Parkaträger, eine Flaggenjacke und eine einsame Lambretta Li150, auf die nicht mal ein zusätzlicher Scheinwerfer montiert war. Falls die hastig auf die Beine gestellte Who-Feier eine Armee von alternden Mods aus ihren Höhlen gelockt hatte, dann waren die meisten von ihnen in Tarnung unterwegs.“

      Waren die in Zeitungen und Who-Chroniken besungenen Heerscharen eines neuen Modkults also nur ein Medienphantom? Der Ex-Mod Kenney Jones musste an diesem 2. Mai 1979 in jedem Fall aus der Deckung kommen, um seinen Einstand als Nachfolger Keith Moon zu geben, der allgemein als unersetzlich gegolten hatte. „Mir standen nur fünf Tage zur Verfügung, um zehn Jahre Material einzustudieren“, sagt Kenney. Die Osterferien hatten ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht, die Band konnte deswegen nicht die vereinbarten zwei Wochen lang proben. „Alle dachten natürlich, dass ich die Who-Songs bestens kannte, aber mein Gedächtnis war schon immer miserabel, und alles, woran ich mich erinnern konnte, waren alte Faces-Songs. Die Proben waren ein ziemlicher Alptraum.“

      Man darf aber annehmen, dass Kenney Profi genug war, um sich mit den relevanten Who-Songs auf anderem Weg vertraut zu machen, auch wenn er Roger, John und Pete sagte, dass er bei sich zu Hause nicht die ganze Zeit ihre Platten laufen lasse. Solche Äußerungen zielten vermutlich eher darauf ab, erstens den schier übermenschlichen Erwartungsdruck zu mildern, den ­Kenney­ fraglos verspürte, und zweitens deutlich zu machen, dass hier nicht irgendwer in die zu großen Fußstapfen eines Trommeltitans treten wollte, sondern­ dass es Kenney Jones war, ein Mann mit eigenständigem Profil und eigener ruhmreicher Vergangenheit.

      Zur Premiere der neuen Who im Rainbow Theatre war es dreitausendfünfhundert Fans gelungen, eine Eintrittskarte zu ergattern, und sie wurden Zeugen eines erstaunlichen Neubeginns, wie der Melody Maker berichtete:

      „Fünf Figuren betraten gegen halb neun im Laufschritt die Bühne und stürzten­ sich in eine eigenwillige, fast respektlose Darbietung von ‚Substitute‘, was das gesamte Publikum vom ersten Takt an auf die Beine riss. Für die nächsten beiden Stunden setzte sich niemand mehr hin. Dass die Band ein Killerset hinlegen würde, wurde schon nach der Hälfte der nächsten Nummer klar: ‚I Can’t Explain‘ hatte nichts gemeinsam mit den heimeligen Erwartungen, die sich die Fans offenkundig auf die Fahnen geschrieben hatten. Daltrey, Townshend und Entwistle spielten in Bestform; Bundrick­ und Jones bemühten sich, deren einschüchternde Präsenz durch eine Mischung aus Zuversicht und Entschlossenheit zu bekräftigen. Es soll festgehalten werden, dass Kenney Jonnes nicht Keith Moon ist und auch nicht versuchte, dessen einzigartigen Stil nachzuäffen. Er hielt sich klug an eine Spielweise, die sich irgendwo zwischen Carmen Appice und Prairie Prince bewegt, was heißt, dass er alle erforderlichen Ausschmückungen einflocht, ohne sich um die notwendige Aufgabe zu drücken, eine machtvolle Basis für Bass und Gitarre zu bilden. Er begann sichtlich bange, sogar nervös, bis Daltrey, wie um die Befürchtungen der Anhängerschaft zu ­zerstreuen, in gespieltem Ernst ‚zwei neue Mitglieder der Band‘ vorstellte: Entwistle und Townshend. Erst daraufhin verschwand einiges von der Anspannung in seinem Gesicht.“

      Aufmerksamen und kundigen Beobachtern entging freilich nicht, dass Jones, der früher auf einem eher elementaren Schlagzeug agiert hatte, plötzlich ­hinter einer ähnlichen Trommelburg saß wie sein legendärer Vorgänger. Er nutzte die ganze Bandbreite des fünfzehnteiligen Schlagzeugs aber kaum – ja, er gestand sogar unumwunden ein, dass zumindest die zweite Basstrommel für ihn ein bloßes Zierobjekt war. Ob Roger, Pete und John ihm das über­proportionale Drumkit verordnet hatten, um ihre musikalische Tradition dem Anschein nach fortzuführen, oder ob Kenney sich selbst hinter die monumentale Beschickung versetzt hatte, blieb ungeklärt und war letztlich auch unwichtig, solange er erfüllte, wofür ihn Pete und John engagiert hatten: eine eher solide als einfallsreiche Quintessenz des Schlagzeugfeuerwerks wiederzugeben, das Keith Moon als erratischer Pionier seiner Zunft in vierzehn Jahren in die Welt gesetzt hatte.

      Ganz neue Songs präsentierten The Who ohnehin nicht. Vom letzten Album gab es aber immerhin drei Kostproben: „Who Are You“, „Sister Disco“ und, als wichtigster Triumph der Erneuerung, „Music Must Change“, jenen musicalartigen Sechsachtelschunkler, an dem Keith Moon im Studio gescheitert war. Kenney bewältigte das für Rockmusiker eher untypische Metrum souverän. Damit wurde „Music Must Change“ natürlich kein besseres Stück, jedenfalls kein mitreißender Who-Song. Doch der Beweis war erbracht, dass die neue Besetzung mit Kenney und dem unauffällig das Soundspektrum erweiternden Rabbit, dessen Keyboards meist deutlich leiser abgemischt waren als Rogers Stimme, das zeitgemäße Medium darstellte, das Pete für seine neuen Kompositionen brauchte. Zwar gab es

Скачать книгу