The Who - Maximum Rock III. Christoph Geisselhart
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All dies funktionierte so reibungslos, dass die Fans glücklich und die Kritiker des Lobes voll waren: „Es war ein hervorragender, großartiger, wunderschöner Rock’n’Roll-Auftritt: nicht mehr und nicht weniger; eine erstklassige Show, wie nur The Who sie zustande bringen können“, schrieb der New Musical Express. „Auf rätselhafte und magische Weise belebten The Who ihre Geschichte nicht nur neu, sondern sie gestalteten sie um, als begännen sie wieder von vorn.“ Dieser letzte Satz gilt bis heute und ließe sich problemlos in eine Konzertkritik der jüngsten Who-Tournee einfügen.
Auch Pete und John waren sehr zufrieden. „Ich muss mich nicht mehr so viel um die Drums kümmern“, sagte ein sichtlich entspannter Who-Bassist nach der Show. „Keith war so unberechenbar; ich hatte ständig Sorgen, dass er aus dem Takt geriet. Kenney ist viel beständiger, und man kann mit ihm viel einfacher zusammenspielen. Es gibt wohl keinen Schlagzeuger auf der Welt, mit dem das Zusammenspiel schwieriger war als mit Keith.“ Schwieriger, aber eben auch ergiebiger, wie man bald merken sollte. Roger lag nicht falsch in seiner Analyse, dass Keith Moons „Funktion nicht bloß ‚bumm-tschick‘ war. Seine spezielle Spielweise hielt den ganzen Laden zusammen. Wenn man dagegen Kenney nimmt ... alles, was der machte, war ‚bumm-tschick-bumm-tschick‘, und das brachte mich fast zum Wahnsinn. Manchmal wäre ich auf der Bühne am liebsten gestorben.“
Roger war der einzige in der Band, der sich fortan uneingeschränkt zum Keith-Moon-Fan erklärte. Er hatte auch äußerlich den radikalsten Schnitt vollzogen. Seine blonden Engelslocken waren dem Fortschritt zum Opfer gefallen, Tommy gab es nicht mehr. Jetzt gab es Mods und New Wave und eine anstehende Filmrolle als McVicar, und deswegen trug Roger das Haar nun kurz und akkurat. „In seiner schwarzen Bomberlederjacke sah er kerniger aus und sang kraftvoller denn je und gab damit anderen Fünfunddreißigjährigen im Publikum neue Hoffnung, die sich gefragt haben mochten, ob sie es auf irgendeine Weise bis an die Vierzig schaffen konnten“, kommentierte Mark Williams im Melody Maker.
Solcherart gestützt, gestutzt und gestärkt setzten The Who in der Woche nach der Rainbow-Premiere nach Frankreich über, um die Erstaufführungen ihrer beiden Leinwandproduktionen The Kids Are Alright und Quadrophenia zu bewerben, die beide bei den Filmfestspielen von Cannes starteten. Zeitgleich dazu fanden am 12. und am 13. Mai zwei Who-Konzerte vor insgesamt fast achtzehntausend ekstatischen Fans im Amphitheater von Fréjus statt. Schon der erste Auftritt bestätigte den hervorragenden Eindruck, den die neuen Who bei ihrem Debüt in London hinterlassen hatten. Die vielen mitgereisten englischen Journalisten waren des Lobes voll. Nach der Show offenbarte sich freilich auch der Unterschied zu früher, wie der langjährige Wegbegleiter Chris Welch vermerkte:
„Auf der Filmleinwand nahm Keith Moon sein Schlagzeug auseinander und schleuderte die Reste inmitten von Rauchwolken und dem glorreichen Kreischen des Feedbacks übers Parkett. Auf der Bühne dagegen trieb Kenney Jones die Who zu einer neuen Reife voran. Die beiden verkörpern vielleicht den stärksten Kontrast zwischen damals und heute. Keith hätte jede Minute dieses Medienspektakels in vollen Zügen genossen. Oben-ohne-Nixen am Strand von St. Tropez, Filmpremieren in Cannes, Konzerte in einem römischen Amphitheater, Partys, Pressekonferenzen – er hätte alle seine Rollen mit manischer Inbrunst ausspielen können.“
Zweifellos wurde Keith trotz seiner schicksalsbedingten Abwesenheit zum heimlichen Star der Who-Filmfestspiele von Cannes. Jeff Steins Dokumentation The Kids Are Alright war beinahe so etwas wie ein Denkmal für den Medienclown Moon the Loon geworden – sehr zum Verdruss übrigens von John, der sich als musikalischer Leiter mit vollem Einsatz in das Projekt geworfen hatte und seine Rolle hinter den Kulissen unter Wert gewürdigt sah. Pete wurde sowieso ständig zitiert, obwohl er den Regisseur angewiesen hatte, jedem Bandmitglied die gleiche Präsenz zuzugestehen. Roger stand als Sänger bei allen Musikszenen im Fokus der Kameras, und Keith sorgte für die Unterhaltung und für die publikumswirksamsten Zitate – John hatte allmählich die Nase voll, immer nur den bescheidenen Schattenmann abzugeben. Sein Vorstoß kurz vor der Premiere, Keiths Dominanz durch einen Neuschnitt des Films zurückzudrängen, musste aus Zeitgründen jedoch vertagt werden.
Auch Roger war mit dem wilden Leinwandmachwerk zunächst nicht zufrieden. Ihn störte wie John die fehlende Professionalität, und er sann recht laut darüber nach, ob es klug gewesen war, die Aufgabe einem jugendlichen Anfänger wie Stein zu überlassen. Pete hielt sich weitgehend bedeckt, aber ihm war ebenfalls anzumerken, dass er nicht allzu begeistert war: „Es ist ja keine richtige Dokumentation über The Who oder über ihre Geschichte, sondern bloß eine Sammlung von allem, was gerade verfügbar war“, erklärte er in der Zeitschrift Sounds.
Dagegen fand Steins Who-Hommage volle Zustimmung bei den Fans und weitestgehend auch bei der Kritik, die den Film tatsächlich als Nachruf auf Keith Moon verstand, obwohl der trommelnde Derwisch definitiv erst nach dessen Fertigstellung verstorben war. Die New York Times bezeichnete den Film überdies als „eigensinnig uninformativ“, was für den jungen Regisseur, der sich vom bandinternen Gerangel um sein Erzeugnis bemerkenswert unbeeindruckt zeigte, das größte Kompliment darstellte, das man ihm machen konnte: „Der Film ist schließlich nicht für Menschen gemacht worden, die die Times lesen“, meinte Stein, „sondern für die Leute aus Queens und aus Brighton. Ich wollte niemals eine gradlinige, chronologische Dokumentation schaffen. Ich wollte kein historisches Dokument. Ich wollte ein hysterisches Dokument.“
Das ist ihm zweifellos gelungen. The Kids Are Alright ist unter den Rockmusikfilmen bis heute einmalig und in gewisser Weise unerreicht. Roger, der das Werk bald mit den Augen der Fans zu sehen gelernt hatte, beschreibt das entscheidende Kriterium: „Die meisten Rockmusikfilme sind sehr prätentiös. Sie werden nur für den Zweck produziert, Robert Plants Schwanz groß aussehen zu lassen. The Kids Are Alright ist völlig anders. Innerhalb der ersten halben Stunde werden wir zu kompletten Idioten gemacht.“
Und genau deswegen liebten die Fans diesen Film, der die Höhepunkte der Band so unterhaltsam und so spektakulär festhielt. Jeff Stein hatte es auf den Punkt gebracht, ein Fan, der für seinesgleichen gesammelt hatte, was die Who vierzehn Jahre lang geboten hatten: großartige Musik, einzigartige Charaktere und Keith Moons unsterblichen Humor, der vor der eigenen Person nicht haltmachte, geschweige denn vor seinen Bandkollegen. Und der ganze anarchistische Witz wurde melancholisch umweht vom Trauerflor, den der zu früh verschiedene Hauptdarsteller – oder Selbstdarsteller – aus dem Jenseits herüberflattern ließ, eine süßlich schmerzhafte Gewissheit, dass die dargestellte Zeit unwiederbringlich vorüber war. Erst das machte den Film richtig groß – der Tod seines wichtigsten Akteurs.
Der Erfolg strahlte vor allem auf das von John mit viel Liebe und Mühe produzierte Soundtrackdoppelalbum ab. Es erreichte Platz acht in den US-Longplay-Charts, was den perfektionistischen Who-Bassisten schließlich doch einigermaßen versöhnlich stimmte. Insgesamt freilich genügte Steins Konzept nicht, um über die Kritiker und die zahlenmäßig begrenzte Who-Fangemeinde hinaus massenhaft Kinobesucher anzuziehen. The Kids Are Alright wurde kein Kassenschlager, was die Unzufriedenheit der Band vielleicht am besten erklärt. Entsprechend hoffnungsvoll sahen die Who ihre zweite Produktion in Cannes, die eher das Zeug zum Publikumsmagnet hatte. Quadrophenia war laut Pete ein sehr kraftvoller Film: „Wir treten darin nicht auf, und es gibt nicht gerade höllisch viel Musik zu hören, aber wir sind sehr stolz darauf. Das beste für mich ist, dass es nun nichts mehr zu erklären gibt an Quadrophenia. Die Story ist eindeutig und jeder kapiert sie.“
Pete schielte unverkennbar schon in Richtung USA, wohin die Who im Spätsommer für eine ausgedehnte Tournee reisen wollten und wo Quadrophenia fünf Jahre vorher im Dschungel des anglo-amerikanischen Kulturaustauschs stecken geblieben und grandios gescheitert war. Der Film erlitt jedoch dasselbe Schicksal wie das Album und blieb in Nordamerika nur ein Insidertipp: Die Modkultur war ein allzu britisches, bestenfalls europäisches Phänomen, und die vordergründige